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Politik

Taliban-Attacke auf Kundus

3. Oktober 2016

Die radikalislamischen Rebellen haben einen neuen Versuch gestartet, die strategisch wichtige Stadt Kundus im Norden des Landes zu erobern. Der Angriff erfolgte an einem historisch bedeutsamen Datum.

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Afghanistan Angriff der Taliban in Kundus
Bild: Getty Images/AFP/B.-K. Safi

Die Attacke der Taliban-Kämpfer startete kurz nach Mitternacht (Ortszeit). Die Islamisten hätten die Stadt von vier Seiten aus angegriffen, sagte ein Polizeisprecher. Seinen Angaben zufolge hielten Polizei und Militär mit allen verfügbaren Kräften dagegen.

Der gut vernetzte Journalist Bilal Sarwary berichtet auf dem Kurznachrichtendienst Twitter von Armeehubschraubern über der Stadt und von Schusswechseln. Am Boden gebe es schwere Kämpfe, zum Beispiel nahe der Universität. 

Ein Sprecher der Taliban, Sabihullah Mudschahid, bestätigte die Offensive der Kämpfer auf seinem offiziellen Twitter-Account und schrieb, es seien zahlreiche Soldaten getötet worden. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge ließen sich die Angaben jedoch noch nicht verifizieren.

Taliban-Angriffe auch im Süden

Auch in der wichtigen Südprovinz Helmand sind die Taliban auf dem Vormarsch: Am Montag fiel der Bezirk Nawa an die Islamisten, wie ein Bezirksbeamter, der jedoch ungenannt bleiben wollte, sowie ein Senator der Provinz Helmand, Mohammad Haschem Alokosai, bestätigten. Die Aufständischen hätten das gleichnamige Bezirkszentrum von Nawa in der Nacht attackiert. Am Morgen seien das Gebäude der örtlichen Regierung, die Polizeiwache und der Markt in ihre Hände gefallen. Die Gefechte dauerten an. Der Polizeichef des Bezirks, Ahmad Schah Salem, sei getötet worden.

Nawa liegt nahe der Provinzhauptstadt von Helmand, Laschkargar. Die Taliban kämpfen seit Monaten um mehr Territorium in der strategisch wichtigen Provinz Helmand. Sie kontrollieren mindestens fünf der 14 Bezirke vollständig und weitere sechs teilweise. Helmand ist das Herz der milliardenschweren illegalen Opiumindustrie des Landes und eine Talibanhochburg

Zeitpunkt bewusst ausgewählt

Vor einem Jahr hatten die Taliban Kundus schon einmal gestürmt, die Kontrolle über die Provinzhauptstadt nach knapp zwei Wochen jedoch wieder verloren. Am 3. Oktober 2015 bombardierten US-Kampfflugzeuge im Rahmen der Kämpfe um Kundus versehentlich ein Krankenhaus der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Bei dem Luftangriff wurden 42 Menschen getötet, darunter Patienten und medizinisches Personal. Nach UN-Angaben wurden bei den Gefechten in der nordafghanischen Stadt damals insgesamt 289 Menschen getötet und Hunderte verletzt.

Hinzu kommt, dass die afghanische Regierung vor wenigen Tagen mit der nach den Taliban stärksten Rebellengruppe Hisb-e-Islami einen Friedensvertrag unterzeichnethat - und für die Befriedung des Landes bei internationalen Geldgebern um finanzielle Unterstützung wirbt. Zu diesem Zweck wird Präsident Aschraf Ghani am Dienstag und Mittwoch in Brüssel mit Vertretern der EU sowie US-Außenminister John Kerry und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auf einer Geberkonferenz zusammenkommen.

Finanzielle Unterstützung sei "entscheidend", um einen "strategischen Wechsel" zu "mehr Stabilität und möglicherweise sogar Frieden" zu erreichen, verlautete aus Kreisen der afghanischen Delegation vor dem Treffen in Brüssel.

mak/se (afp, dpa, rtr, ap)