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Taten und nicht Worte zählen

Daniel Scheschkewitz, Washington6. Mai 2004

Die US-Regierung muss die richtigen Konsequenzen aus dem Folterskandal ziehen, schreibt Daniel Scheschkewitz in seinem Kommentar. Zwei TV-Interviews des Präsidenten, noch dazu ohne eine Entschuldigung, reichen nicht.

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Eine Entschuldigung ist Präsident George W. Bush nicht über die Lippen gekommen, auch wenn sie Amerika gut zu Gesicht gestanden hätte. Die brutalen Ausschweifungen einiger US-Soldaten im Irak haben nämlich weltweit die hässliche Fratze der Militärmacht Amerika gezeigt. Die Fotos wird man in der arabischen Welt so schnell nicht vergessen. Sie werden sich ins Gedächtnis einer ganzen Generation einbrennen - so wie die Bilder mit Napalmbomben verbrannter Kinder damals in Vietnam.

Und doch hat Präsident Bush Recht. Anders als in Diktaturen wie der Saddam Husseins im Irak sind die USA ein demokratischer Rechtsstaat mit einer freien Presse, in dem Verbrechen gegen die Menschrechte aufgedeckt und durch die Justiz bestraft werden.

Was Bush jedoch verschwiegen hat: Erst seine Anti-Terror-Politik, die aus Kriegsgefangenen Terroristen und damit Menschen zweiter Klasse gemacht hat, schuf das Klima, in dem Folter und Totschlag auch in einer demokratisch kontrollierten Armee gedeihen können. Wie anders ist zu erklären, dass sich Soldaten scheinbar schamlos bei Misshandlungen von Gefangenen ablichten ließen, die jedem anständigen Amerikaner die Schamesröte ins Gesicht treiben.

Bush verschwieg auch, dass sein oberster General es noch nicht einmal für nötig befunden hatte, den einschlägigen Untersuchungsbericht seiner eigenen Leute zu lesen, bevor er sich am vergangenen Sonntag (2.5.) im US-Fernsehen zu den Vorwürfen äußerte. Der gleiche General Richard Myers, der drei Wochen vorher die Unverschämtheit besessen hatte, den Fernsehsender CBS, der bereits im Besitz der einschlägigen Fotos war, aufzufordern, die Ausstrahlung aus Gründen der nationalen Sicherheit zu verschieben. Dies ist nicht die transparente Gesellschaft, von der Bush in seinen Interviews mit arabischen Fernsehsendern sprach. Genauso wenig, wie man von einer harten und konsequenten Strafverfolgung - um Bushs Worte zu gebrauchen - sprechen kann, wenn die Armee mehrere Monate nach den Schandtaten den sechs beschuldigten Soldaten bislang nur einen Verweis erteilt hat.

Diese Leute haben gegen die Genfer Kriegsrechtskonvention verstoßen. Sie gehören vor ein Kriegsgericht. Ihre militärischen Vorgesetzten, die solche Praktiken stillschweigend toleriert haben, gehören aus der Armee entlassen und der politisch verantwortliche Minister, Donald Rumsfeld, müsste eigentlich seinen Hut nehmen. Nur wenn der Augiasstall tatsächlich ausgemistet wird, können die USA im Ansehen der arabischen Welt wieder steigen. Doch das wäre ein Schuldgeständnis, mit dem sechs Monate vor der Präsidentschaftswahl wohl nicht zu rechnen ist.