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Tausende Israelis protestieren gegen Hass

2. August 2015

Unter dem Motto "Stoppt den Hass" haben tausende Israelis in Tel Aviv und Jerusalem gegen Gewalt und religiös-nationalistische Hetze demonstriert. Derweil kam es im Westjordanland zu neuen Krawallen.

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Linksgerichtete Demonstranten protestieren in Tel Aviv gegen den Anschlag auf eine Palästinenserfamilie im Westjordanland (Foto: Reuters)
Linksgerichtete Demonstranten protestieren in Tel Aviv gegen den Anschlag auf eine Familie im WestjordanlandBild: Reuters/B. Ratner

Die Demonstranten in Tel Aviv und Jerusalem waren Aufrufen in sozialen Netzwerken gefolgt. "Die Aufrufe der extremen Rechten zum Hass töten", erklärten die Organisatoren nach Angriffen jüdischer Extremisten gegen Palästinenser und Homosexuelle. Der Leiter der Organisation Peace Now, Yariv Oppenheimer, rief die Regierung auf, harte Maßnahmen gegen die Gewalt der Siedler zu ergreifen und den Friedensprozess mit den Palästinensern wiederzubeleben. Der frühere Präsident Shimon Peres kritisierte in Tel Aviv, dass man zugelassen habe, dass ein Klima der Feindschaft gegen Minderheiten sich unter extremen Elementen der Gesellschaft ausbreite.

Am Donnerstag hatte ein ultra-orthodoxer Jude sechs Teilnehmer einer Schwulen- und Lesbenparade in Jerusalem niedergestochen. Ein minderjähriges Opfer befindet sich in einem kritischen Zustand. Eine Polizeisprecherin erklärte am Freitag, die Inhaftierung des Angreifers sei um zwölf Tage verlängert worden. Israel gilt gemeinhin als offen gegenüber Homosexuellen. Streng religiöse Israelis lehnen Homosexualität dagegen zum Teil ab.

Brandanschlag auf Familie

Nur Stunden nach der Attacke warfen offenbar radikale jüdische Siedler einen Brandsatz auf das Haus einer palästinensischen Familie bei Nablus im Westjordanland. In den Flammen verbrannte ein anderthalbjähriger Junge. Sein Bruder und die Eltern erlitten schwere Verbrennungen. Krankenhaussprecher bezeichneten den Zustand des Vaters am Samstag als "kritisch", die Mutter und der Bruder des getöteten Kindes schwebten demnach in Lebensgefahr.

Der Anschlag stieß international auf Entsetzen. In ungewöhnlich scharfen Worten verurteilte auch die israelische Regierung den Angriff, der von "jüdischen Terroristen" verübt worden sei. Radikale Siedler attackieren regelmäßig Palästinenser und deren Häuser, umgekehrt sind Siedler auch immer wieder Ziel von Angriffen radikaler Palästinenser. Nach palästinensischen Angaben verübten Siedler in den vergangenen zehn Jahren mehr als 11.000 Anschläge.

Netanjahu besucht Anschlagsopfer

Menschenrechtsaktivisten, Palästinenser und die internationale Gemeinschaft werfen Israel vor, dass die meisten Angriffe straffrei bleiben. In einem seltenen Schritt rief Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu allerdings nach dem Anschlag Palästinenserpräsident Mahmud Abbas an und versprach umfassende Ermittlungen. Gemeinsam mit dem israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin besuchte er zudem die Mutter und den Bruder des getöteten Kleinkinds im Krankenhaus.

Abbas äußerte jedoch Zweifel am Willen Israels, nach "wahrer Gerechtigkeit" zu streben. Er machte zudem Israel "direkt" verantwortlich für den Tod des Kleinkindes, da nicht gegen radikale jüdische Siedler vorgegangen werde. Er wies seinen Außenminister an, eine Beschwerde beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag einzureichen. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Anschlag scharf und forderte beide Seiten auf, zum "Pfad des Friedens" zurückzukehren.

Neue Proteste, weitere Tote

Nach dem Brandanschlag gab es gewaltsame Proteste von Palästinensern mit weiteren Todesopfern. Bei Zusammenstößen mit der israelischen Armee wurde am Freitagabend ein junger Palästinenser im Westjordanland angeschossen, er starb später im Krankenhaus. Eine Armeesprecherin sagte, dass ein "palästinensischer Verdächtiger" einen Brandsatz auf einen Armeeposten geworfen habe. Im von Israel besetzten Ost-Jerusalem wurden ein dutzend Palästinenser bei Zusammenstößen leicht verletzt.

Trauerfeier für das getötete Baby in Duma bei Nablus (Foto: Reuters)
Trauerfeier für das getötete Baby in Duma bei NablusBild: Reuters/A. O. Qusini

Im Norden des Gazastreifens erschossen israelische Soldaten einen Palästinenser und verletzten einen weiteren. Die Männer hätten sich einem Grenzzaun genähert und seien trotz Warnungen nicht stehen geblieben, teilte die Armee mit.

Weitere Zwischenfälle gab es am Samstag. Im Norden des Westjordanlands kam es zu Zusammenstößen zwischen jüdischen Siedlern und Palästinensern. Sie bewarfen sich mit Steinen, bis die israelische Armee das Gebiet zur militärischen Sperrzone erklärte. Ebenfalls am Samstag wurden nach israelischen Polizeiangaben zwei Beamte bei der Auflösung eines Protests verletzt.

kle/sti (afp, rtre, dpa, ape)