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Tempelberg-Verbot für Minister

8. Oktober 2015

Mit der Anordnung an Israels Parlamentarier und Minister, sich vom heiligen Bezirk in Jerusalem fernzuhalten, will Premier Netanjahu die Wogen glätten. Protest kommt von Juden und Muslimen.

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Die Klagemauer am Rande des Tempelbergs
Die Klagemauer am Rande des TempelbergsBild: Picture-Alliance/Zuma Press/N. Alon

Angesichts der eskalierenden Gewalt in Jerusalem hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu allen Ministern und Parlamentsabgeordneten den Besuch des Tempelbergs untersagt. Die Anweisung gelte ausdrücklich auch für arabische Abgeordnete, erklärte das Büro des Ministerpräsidenten. Damit sollten neue Auseinandersetzungen um den Juden wie Muslimen gleichermaßen heiligen Tempelberg vermieden werden. In Jerusalem griff am Donnerstag erneut ein junger Palästinenser mit einem Messer einen jüdischen Israeli an und verletzte ihn schwer. Der Angreifer wurde festgenommen. Nur wenige Stunden später gab es auch in Tel Aviv einen Übergriff. Dort hat ein Palästinenser im Stadtzentrum eine israelische Soldatin mit einem Schraubenzieher angegriffen und sie leicht verletzt. Anschließend erschoss ihn ein anderer Soldat. Zudem wurde ein Vorfall aus der Nähe der jüdischen Siedlung Kirjat Arba im Westjordanland bekannt, bei dem ein Palästinenser einen israelischen Zivilisten verletzte. Es war die achte derartige Attacke auf Israelis in sechs Tagen.

Netanjahu wies die Sicherheitskräfte an, die Parlamentarier auf unbegrenzte Zeit am Betreten des Plateaus am Rande der Altstadt zu hindern. Landwirtschaftsminister Uri Ariel von der Siedlerpartei Jüdisches Heim kritisierte den Bann als unnormal und unverhältnismäßig. Zudem stellte der Politiker, der zu den regelmäßigen Besuchern des Tempelbergs gehört, die Rechtmäßigkeit der Anordnung infrage. Auch andere Führungspolitiker seiner Fraktion und der Likud-Partei Netanjahus widersetzen sich immer wieder dem Aufruf der jüdischen Großrabbiner, das umstrittene Plateau nicht zu betreten. Dort stand vor etwa 2000 Jahren der jüdische Tempel, von dem nur noch die heutige Klagemauer übrig ist. Auf dem Areal stehen heute der Felsendom und die Al-Aksa-Moschee als zentrale islamische Heiligtümer.

Widerstand arabischer Abgeordneter

Die arabischen Parlamentsmitglieder reagierten empört. Diese Entscheidung sei "unsinnig und unrechtmäßig", kritisierte Ahmad Tibi von der 13 Abgeordnete zählenden Vereinigten Liste arabischer Parteien. "Morgen werden wir alle in der Al-Aksa sein, denn das ist unsere Moschee", fügte er hinzu.

Der jüngste Messerangriff in Jerusalem ereignete sich an einer Straßenbahnhaltestelle vor der Landeszentrale der israelischen Polizei. Ein weiterer Israeli erlitt leichte Verletzungen, als er den Attentäter überwältigte. Bei Messerangriffen in Jerusalem, Kirjat Gat, Petah Tikwa und dem Westjordanland waren laut der Tageszeitung "Haaretz" am Mittwoch fünf jüdische Israelis verletzt worden. Im Westjordanland wurden bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften Dutzende Palästinenser verletzt.

Spurensicherung nach einer Messerattacke am Mittwoch in Petah Tikwa (Foto: Xinhua)
Spurensicherung nach einer Messerattacke am Mittwoch in Petah TikwaBild: picture alliance/Photoshot

Aufruf zum Waffentragen

Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat rief die jüdischen Bürger auf, ihre registrierten Schusswaffen zu tragen, um die eigene Sicherheit zu erhöhen. Angesichts der gegenwärtigen Gewalteskalation sei dies zwingend notwendig und sei mit der militärischen Reservepflicht vergleichbar. Barkat selbst wolle als Vorbild dienen und trage seine Pistole bei sich. Auch der Polizeikommandant von Aschdod, Noam Schekel, rief zum Waffentragen auf. Im Laufe der vergangenen Woche wurden vier Israelis bei Angriffen getötet. Auch drei palästinensische Messerangreifer wurden erschossen. Zudem starben zwei palästinensische Demonstranten bei Auseinandersetungen.

ago/se (dpa, afp, kna, rtr)