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Daimler & Tesla: Autoindustrie im Fokus

Klaus Ulrich
23. Juli 2020

Freud und Leid in der Autoindustrie: Während die Corona-Pandemie Daimler einen Milliardenverlust eingebrockt hat, erzielt Tesla den vierten Quartalsgewinn in Folge. Ein unumkehrbarer Trend?

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Tesla - Showroom in Berlin
Bild: picture-alliance/dpa/S. Stache

"Momentan geht es den klassischen Automobilherstellern, die am Verbrennungsmotor hängen, relativ schlecht", beschreibt Frank Schwope, Autoanalyst bei der NordLB die aktuelle Lage in der internationalen Automobilbranche. Jetzt müssten noch höhere Investitionen getätigt werden als ohnehin schon fällig waren zum Einstieg in die Elektromobilität und für das autonome Fahren, so der Experte im DW-Gespräch. 

Ganz anders stehe allerdings Tesla da, der Elektroauto-Hersteller, der sukzessive die Absatzzahlen steigern kann und im Rahmen der Corona-Pandemie auch nur leichte Verluste hinnehmen musste. "Das kam einfach daher", so Schwope, "dass das Tesla-Werk in Shanghai die Produktion hochfahren und damit das Unternehmen stützen konnte. Deshalb hat Tesla zum vierten Mal in Folge schwarze Quartalszahlen geschrieben."

Tesla könnte in den US-Leitindex S&P 500 aufsteigen

Die bislang längste Strecke der Profitabilität in ihrer 17-jährigen Unternehmensgeschichte könnte Musks Firma jetzt den Weg zum Aufstieg in den US-Leitindex S&P 500 ebnen. Eine entscheidende Voraussetzung, um in den Kreis der größten börsennotierten US-Konzerne aufgenommen zu werden, sind vier Quartale mit schwarzen Zahlen in Serie.

Momentan obenauf: Tesla-Boss Elon Musk
Momentan obenauf: Tesla-Boss Elon MuskBild: picture-alliance/dpa/J. Raoux

Unterm Strich stand in den drei Monaten bis Ende Juni ein Überschuss von 104 Millionen Dollar (90 Millionen Euro), wie der Konzern des Tech-Milliardärs Elon Musk am Mittwoch nach US-Börsenschluss in Palo Alto mitteilte. Im Vorjahr hatte es noch einen hohen Verlust gegeben.

Trotz der ungewissen Lage angesichts der erneuten Corona-Eskalation in den USA hält Tesla weiter an seinem ambitionierten Ziel fest, 2020 über 500.000 Autos auszuliefern. Die Kapazität sei vorhanden, es sei aber schwer absehbar, ob es zu weiteren Produktionsstörungen komme. Die Jahresprognose könne deshalb, wenn nötig, noch angepasst werden.

Zweite US-Fabrik geplant

In einer Videokonferenz nach der Bilanzvorlage bestätigte Musk zudem, dass Teslas zweite US-Autofabrik neben dem Stammwerk im kalifornischen Fremont in Texas nahe der Stadt Austin entstehen wird. "Wir werden eine atemberaubende Fabrik direkt am Colorado River Bauen", kündigte Musk an. Der Bau von Teslas erstem europäischen Werk in Grünheide bei Berlin komme derweil ebenfalls sehr gut voran. 

Übrigens war der erneute Quartalsgewinn auch in anderer Hinsicht ein Meilenstein: Erstmals seit Gründung im Jahr 2003 schrieb die Firma Tesla über zwölf Monate hinweg schwarze Zahlen. Angesichts von Produktionsausfällen und Absatzeinbußen in der Corona-Krise ist dies ein besonders großer Erfolg, auch wenn die Erlöse im Jahresvergleich insgesamt um rund fünf Prozent auf sechs Milliarden Dollar sanken. 

Verluste bei Daimler

Dagegen fuhr der deutsche Vorzeige-Autokonzern Daimler im vergangenen Quartal tief in die roten Zahlen. Unter dem Strich belief sich das Minus auf 1,9 Milliarden Euro, wie der Autobauer aus Stuttgart am Donnerstag mitteilte. Der Umsatz brach von April bis Juni gegenüber dem Vorjahresquartal um 29 Prozent auf 30,2 Milliarden Euro ein. "Aufgrund der beispiellosen COVID-19-Pandemie mussten wir ein herausforderndes Quartal durchstehen", erklärte Daimler-Chef Ola Källenius. Doch es gebe jetzt erste Anzeichen einer Absatzerholung, vor allem bei Mercedes-Benz Pkw. Unter der Voraussetzung, dass es nicht zu einer zweiten, die wirtschaftliche Erholung stoppenden Infektionswelle kommt, rechnet der Dax-Konzern mit einem positiven Betriebsergebnis im Gesamtjahr.

Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender von Daimler, legt ein Sparprogramm nach dem anderen auf
Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender von Daimler, legt ein Sparprogramm nach dem anderen aufBild: picture-alliance/dpa/L. Stock

Die Pandemie zwang die Autobauer zu wochenlangen Produktionsunterbrechungen. Die Autohäuser blieben vorübergehend zu. Die Nachfrage der Verbraucher klappte angesichts der finanziellen Unsicherheit und Beschränkungen des öffentlichen Lebens zusammen.

Probleme klassischer Autobauer

Die Verluste von Daimler  spiegeln die Probleme fast aller klassischen Autohersteller wider. Um die Schwierigkeiten zu meistern, müssten die Konzerne stärker kooperieren, vielleicht sogar Allianzen oder Fusionen eingehen, meint der Autoexperte Frank Schwope, "ganz einfach, um die Kosten zu senken". Das geplante Zusammengehen von PSA und bei Fiat/Chrysler wahrscheinlich spätestens Anfang nächsten Jahres sei ein gutes Beispiel.

Für Daimler gebe es sogar drei mögliche Partner, glaubt Schwope. Da sei zunächst einmal BMW mit ähnlich vornehmem Premium-Image. Denkbar wäre aber auch, dass Daimler mit Renault und Nissan enger zusammenrücke. Mit beiden Konzernen gäbe es bereits wechselseitige Aktien-Beteiligungen. Ähnlich verhalte es sich bei Volvo/Geely, dem dritten möglichen Partner. Geely, der chinesische Eigentümer von Volvo halte knapp zehn Prozent der Daimler-Anteile. Solche Überlegungen nannte Källenius allerdings "völlig verfehlt". 

Gemeinsam stark

Gemeinsam stark - dieses Leitmotiv könnte auch für Branchenriesen wie Toyota und VW gelten. Zu Volkswagen gehören unterschiedliche Marken wie Audi, Seat, Skoda und noch einige andere. Der Konzern sei also bereits ein Gemeinschaftsunternehmen.

Toyota habe in den letzten Jahren Mazda, Suzuki und Subaru enger an sich gebunden und mit diesen Partnern mehr als 16 Millionen Fahrzeuge im vergangenen Jahr verkauft.

Chassis eines Elektroautos ID 3 von Volkswagen
Chassis eines Elektroautos ID 3 von VolkswagenBild: Volkswagen

VW und Ford

Bei VW waren es rund elf Millionen Fahrzeuge. Bei VW sei eine noch engere Kooperation mit Ford denkbar. Es gebe bereits gemeinsame Entwicklungstätigkeiten. Der neue Pick-up von Volkswagen werde von Ford entwickelt und produziert. Die Elektro-Plattformen von Volkswagen würden auch von Ford genutzt.

Konkurrenzdruck für Tesla wird wachsen

Also zukünftig nur noch Partnerschaften in der Automobilbranche - nur an der Spitze marschiert einsam und alleine Tesla?

Im Moment sehe es danach aus, meint Schwope. Aber irgendwann werde vielleicht auch bei Tesla mal ein bisschen Sand ins Getriebe kommen. Der Markt für deren Fahrzeuge sei wohl auch nicht unendlich groß. "Der Konzern muss sich irgendwann auch in die Niederungen kleinerer Fahrzeuge begeben, wo weniger Geld zu verdienen ist", sagt Schwope.

Zudem seien die Amerikaner momentan ja noch relativ konkurrenzfrei im Bereich Elektromobilität. Die etablierten Hersteller hätten da noch nicht wirklich viel zu bieten. "Aber das kann in den nächsten zwei, drei Jahren auch drehen. Und dann kann Tesla auch deutlich stärker unter Druck geraten."