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Neues Album von Till Brönner

Heike Mund2. September 2016

Er ist einer der bekanntesten deutschen Jazztrompeter. Zum Welttag des Jazz lud ihn US-Präsident Obama neben Größen wie Aretha Franklin und Chick Corea ins Weiße Haus ein. Jetzt veröffentlicht Brönner ein neues Album.

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Deutschland Musik Echo Jazz 2014 Verleihung in Hamburg Till Brönner
Bild: picture-alliance/dpa

Der 45-jährige Till Brönner ist einer der erfolgreichsten deutschen Jazztrompeter. Auch in den USA gehört er zu den ganz Großen im Jazz. Er lebt inzwischen abwechselnd in Los Angeles und in Berlin. Als einziger Deutscher war er am "Internationalen Jazztag 2016" bei US-Präsident Obama im Weißen Haus eingeladen. Auf seinem aktuellen Album "The Good Life" sind neben bekannten Jazzstücken auch Eigenkompositionen von Brönner zu hören.

Deutsche Welle: Herr Brönner, ihr neues Jazz-Album "The Good Life" ist am 2. September erschienen. Ihr wievieltes Album ist das eigentlich?

Till Brönner: Genau habe ich nicht durchgezählt. Ich vermute, dass es das 17. oder 18. Album ist.

Wenn ein neues Album rauskommt, gibt es da auch den Erwartungsdruck, dass etwas ganz anderes, etwas Neues erscheinen soll? Oder gibt es bei Ihnen gar nicht das Bedürfnis, immer alles neu zu erfinden?

Mir ist aufgefallen, dass diese Frage vor allem Jazzmusikern sehr oft gestellt wird. Der Druck kommt aber eher von außen, denke ich. Jazzer gelten ein wenig als das wandelnde Laboratorium der Musik, ständig wird geforscht und angeeckt. Diese Erwartungshaltung scheint mir nicht mehr sehr zeitgemäß. Bei Herbert Grönemeyer verkneift man sich die Frage, denn man darf davon ausgehen, dass es so oder so ein sehr persönliches Album werden wird. Und nur darum geht es doch.

Till Brönner (Foto: Sony Masterworks)
Till Brönners neues Album "The Good Life"Bild: Sony Masterworks

Aber offenbar scheint dem Jazz anzuhaften, dass man sich musikalisch in ständiger Veränderung befindet.

Ja. Wenn ich zurückblicke, ist es wirklich so, dass ich mich über die Jahre hinweg ganz schön ausprobiert habe. Ich glaube, dass ich inzwischen herausgefunden habe, was ich nicht mehr machen möchte.

Trotzdem hat man das Gefühl, dass Sie doch immer ein Wagnis eingehen, obwohl Sie nicht gerade als Rebell bekannt sind. Aber jetzt haben Sie - neben den Jazzklassikern - eigene Kompositionen auf dem neuen Album. Wie wichtig ist das, um als Musiker auch weiterzukommen?

Ich bin mir nicht sicher, ob das alles so neu ist, was auf dem neuen Album zu hören ist. Im Gegenteil. Ich komme ein bisschen auf meine Wurzeln zurück. 1994 habe ich mein allererstes Album rausgebracht. Das hieß "Generations of Jazz". Und dieses Album klang damals sehr ähnlich wie das, was ich jetzt gemacht habe - mit dem Unterschied, dass der Gesang dazu gekommen ist. Als wir das aktuelle, "The Good Life", aufgenommen haben, war mir das gar nicht so richtig klar. Manchmal ist es so, dass die Wurzeln viele Jahre später erst so richtig durchstechen. Da ist man Zaungast seiner eigenen Entwicklung.

Die Sache mit dem Rebell ist ganz lustig. Ich glaube, ich war jemand, der schon sehr frühzeitig von Kritikern und der Presse als jemand gesehen wurde, dem das Rebellische sogar fehlt. Da war sie wieder, die Erwartungshaltung. Doch gegen genau diese habe ich rebelliert. Ich provozierte, weil ich nicht provozierte. Nur war das in der etablierten Jazzszene nicht so gern gesehen.

Ist das denn für Jazzpuristen ein Bruch, wenn man Jazz mit Pop-Elementen mischt? Das machen Sie ja gern. Oder ist das inzwischen in der internationalen Musikszene schon ganz normal?

Das ist keine Neuigkeit und auch kein Bruch mehr. Kombiniert wurde das schon in den 70er-Jahren. Damals nannte man das "Fusion". Meines Erachtens geht es heute um die Wiedererkennbarkeit. Wenn man in kürzester Zeit erkennen kann, wer da spielt oder singt, ist das das größte Kompliment, was man einem Musiker machen kann, der sich ja eigentlich auf der Suche nach sich selbst befindet. Der Künstler muss das machen, was aus ihm herauskommt. Es wird ohnehin nie wirklich wie bei jemand anderem klingen.

Wer Ihre Alben kennt, der wird vielleicht bei "The Good Life" trotzdem überrascht sein, weil Sie bei vielen Titeln auch singen - mehr als auf Ihren anderen CDs. Ist Ihnen wichtig gewesen, damit eine andere Duftmarke zu setzen?

Ich hatte einen Produzenten, der schon viele sehr unterschiedliche Alben gemacht hat. Und der wollte die Platte mit mir nur dann machen, wenn ich singe. Im Vorfeld hatte ich ihm nicht zugesagt, dass ich wirklich so viel singe, wie es dann am Ende der Fall war. Ich wollte, dass wir es erst einmal ausprobieren und dass wir mindestens genau so viele Instrumentalstücke wie Vokalstücke aufnehmen. Und erst dann die Entscheidung treffen, wie die Gewichtung sein wird. Aber er hat mich mit seinem Konzept überzeugt.

Setzen Sie die Stimme eigentlich ein wie ein Instrument, oder ist das etwas ganz anderes als die Trompete?

Singen ist für mich etwas völlig anderes als Trompete spielen. Schon deshalb, weil man merkt, dass ich das Singen nicht hauptberuflich mache. Ich singe eher als Kontrast zu meinem Trompetenspiel und das funktioniert ganz gut. Auch habe ich festgestellt, dass die Menschen der Trompete viel deutlicher zuhören, wenn man mal eine Nummer gesungen hat. Offenbar ist am Ende des Tages die menschliche Stimme das perfekteste Instrument - auch wenn es nur die meine ist (lacht).

Till Brönner (Foto: picture-alliance/dpa/A. Dedert)
Erfolgreicher Jazzer: Till BrönnerBild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Wie wichtig ist das Klima bei der Aufnahme im Studio? Sie haben die Studioaufnahmen für die CD "The Good Life" in Los Angeles eingespielt. Warum dort? Weil die Studiocrew so professionell ist, dass man da vertrauensvoll alles ausprobieren kann?

Wenn man nur im richtigen Studio aufnimmt, ist die Crew in der Regel weltweit gut und hoch motiviert. Das war nicht der Grund. Das musikalische Gefühl der Kollegen in Los Angeles ist dort einfach näher an den Stücken dran, die wir aufgenommen haben. Wir sind nach L.A., weil die Musiker dort leben und die Musik in Teilen dort ihre großen Sternstunden erlebt hat.

Der Titel der CD "The Good Life" und die Stücke haben einen leichten, unbeschwerten Groove, was vielleicht ganz typisch ist für das kalifornische "Easy Going". Ist da im Studio in L.A. auch eine lockerere Atmosphäre als im preußischen Berlin?

Das Lebensgefühl in den Studios dort ist in der Tat eines, was "The Good Life" sehr nahe kommt. Wir sprechen eben von Kalifornien. Da kommt es auch mal vor, dass zwischendurch eine Zigarre geraucht wird. Der Studiotag ist nicht so stressig, alle lieben die Sonne. Das sagt aber nichts über die Produktivität und die Qualität aus. Entscheidend ist die Authentizität. Wenn wir das Album in Stockholm mit schwedischen Musikern gemachten hätten, wäre es ein völlig anderes geworden.

Maad Moiselle (Foto: obs/Leica Camera AG)
Till Brönner ist auch ein ausgezeichneter FotografBild: obs/Leica Camera AG

Haben Sie in Kalifornien an sich bemerkt, dass Sie die deutschen Sekundärtugenden doch immer in sich haben?

Man merkt es insofern immer, wenn einem Vorurteile entgegen wehen. Wenn man beispielsweise sehr genau ist und noch einmal nachfragt, oder dass man gesagt bekommt: "Hey Junge, wir sind in L.A. Entspann' dich mal." Oder: "Now that's very German!"

Wir Deutschen sind eben manchmal Bedenkenträger. Wir wissen immer sehr schnell, was nicht klappen wird. Das hemmt uns manchmal. Wenn Fragen und Ideen in L.A. auftauchen, gibt es erst einmal ein freudiges "Ja". Und dann kann man immer noch feststellen, wo die Grenzen sind. Das kommt dem Endergebnis spürbar zugute.

Das Interview führte Heike Mund.