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Theaterinseln an der Ruhr

Stefan Keim1. Mai 2014

Die Stadt Recklinghausen verwandelt sich am 1. Mai in eine Kulturmetropole. Die Ruhrfestspiele sind eines der größten Theaterfestivals Europas. Stücke von Shakespeare, aber auch "Mutti" Merkel sind zu sehen.

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Ein Schauspieler hängt in Fesseln in der Luft. Eine Szene des Theaterstücks "Beyond Sin" bei den Ruhrfestspielen 2014 (c) Michael Khoury
Bild: Souheil Michael Khoury

Großes Theater und Unterhaltung bringen die Ruhrfestspiele in Recklinghausen vom 1. Mai bis 15. Juni 2014 zusammen. Seitdem im Nachkriegswinter 1946/47 Bergleute Kohle an den Besatzungsmächten vorbei schleusten und damit Theaterleuten in Hamburg halfen, gibt es in jedem Frühjahr das große Festival im nördlichen Ruhrgebiet. Das Angebot ist riesig. Neben Bühnenklassikern gibt es viele Uraufführungen, Kabarett und poetische Zirkusshows, Konzerte und ein 'Fringe Festival' für Entdeckungen, nach dem Vorbild aus dem schottischen Edinburgh.

Shakespeare im Folterkeller

In diesem Jahr hat Intendant Frank Hoffmann als roten Faden "Land in Sicht" ausgerufen. Es geht um Theaterstücke, die mit Inseln zu tun haben. Shakespeares abgründige Komödie "Der Sturm" fällt einem gleich ein. Der alte Zauberer Prospero herrscht über eine Insel. Durch ein Schiffsunglück werden die Leute angespült, die ihn vor vielen Jahren verbannt haben. Die Inszenierung des Isländers Gisli Örn Gardarsson spielt allerdings in einem Folterknast. Es ist ein umstrittenes Stück Regietheater und hat schon bei der Premiere am Residenztheater München für Diskussionen gesorgt.

Szene des Theaterstücks "Der Sturm" im Rahmen der Ruhrfestspiele 2014 (c) Andreas Pohlmann
"Der Sturm", Regie: Gísli Örn GarðarssonBild: Andreas Pohlmann

Die Kanzlerin geht in Klausur

Sehr viele Stücke haben ihre Premiere bei den Ruhrfestspielen. Das Festival arbeitet mit vielen Theatern eng zusammen, die dann die Aufführungen weiterhin zeigen. Zum Beispiel bringt das Staatstheater Stuttgart in Recklinghausen die Komödie "Purpurstaub" des Iren Sean O'Casey heraus. Und das Deutsche Nationaltheater Weimar zeigt an der Ruhr die Uraufführung der Satire "Mutti" von Juli Zeh und Charlotte Roos. "Mutti" ist der Spitzname der deutschen Kanzlerin, die sich mit ihrem Kabinett in eine Klausur zurückzieht, während um sie herum das Land zusammenbricht. Das Stück spielt im Sommer 2014, also in allernächster Zukunft.

Szene aus "Mutti". Regie: Hasko Weber. Eine Koproduktion der Ruhrfestspiele Recklinghausen mit dem Deutschen Nationaltheater Weimar (Foto: ©Thomas Müller)
"Mutti", Regie: Hasko WeberBild: Thomas Müller

Ein Hauch Hollywood

Vom Iren Samuel Beckett gibt es fast eine Werkschau bei den Ruhrfestspielen. Die absurden Verlorenheitsvisionen, die auf seltsame Weise Wärme vermitteln, sind längst zu Klassikern geworden. Neben "Warten auf Godot" und "Endspiel" – den wohl bekanntesten Werken- gibt es auch einen Abend mit kurzen Solostücken. Das GateTheatre aus Dublin, eins der bedeutendsten irischen Theater, zeigt "Eh Joe" und "I'll go on" an einem Abend. Der berühmte Filmregisseur Atom Egoyan hat eins der Stücke mit Michael Gambon inszeniert, der als Professor Dumbledore in den "Harry Potter"-Filmen international bekannt wurde.

Szene des Theaterstücks "Eh Joe" im Rahmen der Ruhrfestspiele 2014 (c) Anthony Woods
"Eh Joe", Regie: Atom Egoyan, Colm Ó BriainBild: Anthony Woods

Deutsche Kinostars sind mit dabei

Prominente sind ohnehin keine Mangelware bei den Ruhrfestspielen. Einige der bekanntesten Gesichter des deutschen Kinos sind in Recklinghausen dabei. Joachim Król spielt in "Szenen einer Ehe" von Ingmar Bergman, Juliane Köhler in der Uraufführung "Phosphoros" des gerade sehr angesagten Jungdramatikers Nis-Momme Stockmann. Hannelore Elsner, Katja Riemann und Ulrich Matthes geben Lesungen. Die Literaturreihe am Sonntag Vormittag läuft unglaublich erfolgreich und füllt inzwischen das große Festspielhaus. Die letzte Veranstaltung dieser Reihe ist eine Erinnerung an den kürzlich verstorbenen Maximilian Schell, der oft bei den Ruhrfestspielen zu sehen war.

Szene des Theaterstücks "Szenen einer Ehe" im Rahmen der Ruhrfestspiele 2014 (c) Bettina Stöß
"Szenen einer Ehe", Regie: Jan BosseBild: Bettina Stöß

Island kommt aus Gütersloh

Besonders interessant sind die vielen kleinen Aufführungen, unter denen sich einige Perlen verbergen. Zum Beispiel "Island One Way", eine Komödie, die am Theater Gütersloh entstand. Das ist eigentlich ein Bespieltheater ohne eigenes Ensemble. Doch der neue Leiter Christian Schäfer will auch selbst Aufführungen produzieren. Er kennt den isländischen Liedermacher Svavar Knútur und hat ihn nach Westfalen geholt. Im Stück geht es um ein junges deutsches Paar das auf der Insel der Geysire und Grotten die kaputte Beziehung wieder aufpäppeln will. Doch die beiden geraten von einer absurden Situation in die nächste. Und Svavar Knútur spielt mit riesiger komödiantischer Lust alle Isländer, denen die Deutschen begegnen.

Szene des Theaterstücks "Island on the Way" im Rahmen der Ruhrfestspiele 2014 (c) Volker Zimmermann
"Island One Way", Regie: Christian SchäferBild: Volker Zimmermann

Besucherrekorde

Die Ruhrfestspiele haben inzwischen eine Vielzahl von Aufführungsorten. Längst bespielen sie nicht mehr nur ihr schickes Festspielhaus. Es gibt mehrere Theaterzelte auf der grünen Wiese rund herum, eine Industriehalle wird ebenso zum Theater wie das Schloss Herten. Auch im Theater Marl nebenan wird gespielt. Unter dem Intendanten Dr. Frank Hoffmann erzielen die Ruhrfestspiele fast jedes Jahr einen neuen Besucherrekord. Weil die Mischung stimmt aus großen Spektakeln, vielen Uraufführungen und Experimenten sowie Kabarett, Shows und Entertainment. Die Ruhrfestspiele sind keine Veranstaltung für die Kulturschickeria sondern ein bodenständiges Festival für jeden.

Theaterzelt der Ruhrfestspiele 2014 (c) Ruhrfestspiele Recklinghausen
Eines der Theaterzelte der RuhrfestspieleBild: Ruhrfestspiele Recklinghausen