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Therapieplätze für Flüchtlinge gefordert

Mathias Bölinger16. September 2015

Etwa die Hälfte der Flüchtlinge in Deutschland gilt als schwer traumatisiert, wie eine Studie belegt. Doch Therapieplätze sind rar und das System kompliziert.

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Ein Arzt untersucht ein Flüchtlingskind in Passau (Foto: DPA)
Am Anfang erhalten die Flüchtlinge nur eine medizinische NotversorgungBild: picture-alliance/dpa/A. Weigel

Eine Studie der Interessensvertretung der Psychotherapeuten, der Bundespsychotherapeutenkammer, stellt fest, dass 40 bis 50 Prozent der Flüchtlinge in Deutschland an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und an Depressionen erkrankt sind. Beide Erkrankungen treten häufig gemeinsam auf.

Demnach wurden 70 Prozent all derer, die als Flüchtlinge in Deutschland ankommen, Zeugen von Gewalt. Mehr als die Hälfte haben Gewalt am eigenen Körper erlebt. Und 43 Prozent wurden gefoltert. "Die Flüchtlinge leiden an nächtlichen Albträumen oder auch tagsüber an überfallartigen Erinnerungsfetzen. Wir sprechen von Flashbacks", erläuterte der Kammervorsitzende Dietrich Munz am Mittwoch (16.09.2015) in Berlin. Schon Geräusche könnten bei den Geflüchteten innerlich Alarm auslösen. "Dann ist der Tag kaputt. Das ist auch für die Integration nicht förderlich."

Fehlende Therapieplätze

Die Chancen auf einen Therapieplatz für die Flüchtlinge sind allerdings gering. Zum einen haben die Asylsuchenden in Deutschland in den ersten Monaten nur einen eingeschränkten Anspruch auf ärztliche Behandlung. Ob ein Patient eine Therapie brauche, entschieden während dieser Zeit die Sachbearbeiter in den Sozialämtern.

Zum anderen fehlen in Deutschland generell Therapieplätze. Die Zulassung von Therapeuten bei den Krankenkassen ist begrenzt. Dolmetscherkosten, die bei den meisten Flüchtlingen anfallen würden, werden von den Krankenkassen grundsätzlich nicht übernommen. Zwar gibt es in Deutschland 23 Zentren für Folteropfer. Sie können aber Flüchtlinge nur eingeschränkt behandeln, weil sie Therapien nicht mit den Krankenkassen abrechnen können.

Die Psychotherapeuten-Kammer fordert deshalb mehr Therapieplätze für Flüchtlinge. Therapeuten - und die Zentren für Folteropfer - müssten Sonderzulassungen für die Behandlung von Flüchtlingen erhalten. Außerdem müssten die Kassen Dolmetscherkosten übernehmen. In den Aufnahmelagern seien mehr Ärzte nötig, die geschult sind, um psychische Erkrankungen zu erkennen.