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Konflikte

"Belarussen wollen nicht in Ukraine kämpfen"

26. Februar 2022

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hat im DW-TV ihre Solidarität mit der Ukraine bekundet. Für die Hilfe des Westen dankte sie, äußerte aber auch Kritik: zu wenig, zu spät - wie 2020 in Belarus.

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Belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja während einer Pressekonferenz 2021
Belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja: Alexander Lukaschenko begleicht seine Schulden beim KremlBild: Petras Malukas/AFP/Getty Images

Die Opposition gegen Moskaus Entscheidung, in die Ukraine einzumarschieren, wächst. Auch die belarussische Menschenrechtsaktivistin und Oppositionsführerin  Swetlana Tichanowskaja hat sich zu Wort gemeldet.

Seit 2020 lebt die Politikerin in Litauen im Exil. Dorthin war sie geflohen, nachdem Machthaber Alexander Lukaschenko in umstrittenen Wahlen als Präsident im Amt bestätigt wurde. Tichanowskaja hatte sich nach der Verhaftung ihres Ehemannes, dem Bürgerrechtler Sergej Tichanowski, als unabhängige Kandidatin für die Präsidentschaftswahl aufstellen lassen und offiziell die zweitmeisten Stimmen erhalten.

Lukaschenko "bezahlt" für Unterstützung durch den Kreml

In einem Interview mit Phil Gayle im DW-TV erklärte Tichanowskaja, dass die Menschen in Belarus diesen Kampf nicht wollten. Belarus beteilige sich an dem Angriff, weil Lukaschenko in der Schuld Russlands stünde: "Wir haben nicht erwartet, dass es zu diesem Krieg kommt. Wir haben es nicht geglaubt. Putin hat sich mit Alexander Lukaschenko verbündet und die Ukraine angegriffen. Das ist der Preis, den Lukaschenko für die Unterstützung im Jahr 2020 zahlen muss, als der Kreml im half, an der Macht zu bleiben."

Belarusian opposition leader Tsikhanouskaya on war in Ukraine

Tichanowskaja betonte, dass sie an der Seite der Menschen in der Ukraine stünde und dass die Belarussen nicht gegen ihre Nachbarn kämpfen wollten: "Ich möchte unbedingt meine Solidarität mit allen Ukrainern zum Ausdruck bringen, weil manche Menschen nicht kämpfen wollen. Sie wollen insbesondere nicht gegen die Ukraine kämpfen, unsere Nachbarn, Menschen, die wir lieben. Wir möchten selbstverständlich ihre Freunde sein."

Angebliche "Entnazifizierung" der Ukraine ist Kreml-Propaganda

Zur Begründung des Kremls, der Angriff auf die Ukraine diene auch dazu, die Ukraine zu "entnazifizieren", antwortete Tichanowskaja, die Menschen sollten sich nicht von Propaganda beeinflussen lassen. Die Behauptung, die Menschen in der Ukraine würden von ihrer Regierung missbraucht, sei falsch.

Militärübungen in Belarus Alexander Lukaschenko mit ranghohen Offizieren vor einer Reihe Panzern
Vor dem Überfall auf die Ukraine übten russische und belarussische Einheiten gemeinsam in BelarusBild: Maxim Guchek/dpa/AP/Pool BelTA/picture alliance

"Unser Volk muss im 21. Jahrhundert die Lage selbst einschätzen und nicht Propagandameldungen folgen. Ich stehe in Kontakt mit Ukrainern: Niemand beklagt sich darüber, dass ihn die Regierung missbrauchen würde oder was auch immer. Natürlich enthält diese Erzählung, diese Botschaft, die Russland sendet, nichts Wahres."

Menschen in Belarus "unterstützen das Vorgehen Russlands nicht"

Obwohl die belarussischen Streitkräfte im Vorfeld der Invasion an großangelegten militärischen Übungen teilgenommen haben: ist Tichanowskaja davon überzeugt, dass dies keine repräsentative Haltung der Menschen in Belarus widerspiegle: "Ich weiß, dass die Mehrheit der Menschen diesen Krieg nicht unterstützt, die Teilnahme der belarussischen Armee an diesem Krieg nicht unterstützt. Nur 12 Prozent sind der Meinung, dass Belarus seine Soldaten entsenden muss und nur 13 Prozent unterstützen den Feldzug Russlands", versicherte die Oppositionsführerin.

Westliche Unterstützung zu spät und zu halbherzig 

Im Hinblick auf die Rolle der westlichen Welt verband Tichanowskaja Dankbarkeit mit Kritik: "Ich bin der Europäischen Union für ihre gemeinsame Haltung gegenüber Belarus dankbar. Und ich habe viel Sympathie und Solidarität mit dem belarussischen Volk erfahren. Aber das erste Paket mit scharfen Sanktionen wurde 10 Monate nach der Niederschlagung des belarussischen Aufstands verhängt. Das ist natürlich zu spät."

Ukraine Krise: ein Schützenpanzer mehrere LKW in Tarnfarbe, mehrere PKW an einer T-Kreuzung
Russische Militärfahrzeuge an der Grenze zwischen Belarus und UkraineBild: Privat

Halbherzige Maßnahmen in solchen Situationen könnten mehr Schaden anrichten, als Hilfe leisten. Dies gilt laut Tichanowskaja auch für die jetzige Situation im Nachbarland: "Es hätte viel mehr getan werden können, um die belarussische Opposition zu unterstützen, und es könnte jetzt viele mehr getan werden, um die Ukraine zu unterstützen."

Aus dem Englischen adaptiert von Phoenix Hanzo.