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PolitikAfrika

Todesgefahr auf den Migrationsrouten im südlichen Afrika

Isaac Kaledzi | Antonio Cascais | Hirut Melesse
16. Dezember 2022

Nicht nur die Flucht übers Mittelmeer Richtung Europa, sondern auch die Migrationsrouten Richtung Südafrika werden immer öfter zu Todesfallen für Migranten. Experten und Menschenrechtsorganisationen schlagen Alarm.

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Äthiopien Addis Abeba | Rückkehr von Migranten aus Kenia
Äthiopische Migranten, die in Kenia inhaftiert waren, kehren in ihr Heimatland zurückBild: Shewangizaw Wegayehu/DW

"Es sind meist junge Männer, die sich mit Hilfe von Schleppern auf den Weg Richtung Südafrika machen. Und es werden immer mehr", erklärt Girmachew Adugna vom Kompetenzzentrum Flucht und Migration der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Addis Abeba, Äthiopien, im DW-Gespräch.

"Was diese zumeist unerfahrenen Jungen auf ihren Reisen durchmachen, ist unbeschreiblich, ja unmenschlich", so Adugna weiter. "Die irreguläre Migration entlang der Südroute wird von einem Netzwerk skrupelloser Menschenhändler organisiert, die nicht selten das Leben von Migranten in Gefahr bringen."

Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) werden Migranten auf dieser Route häufig Opfer von Gewalt, ihnen drohen Verhaftung und sogar Tod. 

Viele Todesfälle von Migranten bleiben unerkannt

Ein Fall wurde vergangen Sonntag (11.12.) in Sambia bekannt: Die Polizei meldete den Fund von 27 toten Männern, bei denen es sich mutmaßlich um Migranten aus Äthiopien handelt. Sie wurden in einem Gebiet nördlich der Hauptstadt Lusaka gefunden. 

Die Internationale Organisation für Migration teilte mit, sie sei "zutiefst schockiert und alarmiert über die Entdeckung". Mehr als 900 Äthiopier sind nach IOM-Angaben seit 2014 auf Migrationsrouten gestorben.

Im Oktober dieses Jahres entdeckten die Behörden im Nachbarland Malawi 30 Leichen in einem Wald. Nach Angaben der Polizei deutet alles darauf hin, dass es sich um Migranten aus Äthiopien handelt, die auf dem Weg nach Südafrika waren und während der Fahrt in einem Lieferwagen erstickt sind.

2017 schätzte die Nichtregierungsorganisation Dänischer Flüchtlingsrat, dass sich pro Jahr zwischen 14.750 und 16.850 Migranten vom Horn von Afrika auf den Weg nach Südafrika machen. 

Elend in überfüllten Gefängnissen Afrikas

Einige Migranten werden auf dem Weg nach Südafrika mit dem Verweis auf fehlende Papiere festgenommen. Beobachter beschreiben die Verhältnisse in Gefängnissen und Haftanstalten in Malawi und Mosambik als schrecklich. 

Ein Forscher hat mehrere Monate die Verhältnisse in Haftanstalten für Migranten in Malawi untersucht. Im DW-Interview möchte er Ahmed Yasif genannt werden. Die meisten Insassen seien Migranten aus Äthiopien, die auf dem Weg nach Südafrika waren, berichtet er. 

"Sie schlafen auf dem Boden. Sie bekommen Brei, ein Essen, das sie nicht kennen. Es gibt Krätze und andere Krankheiten. Sie bekommen keine medizinische Hilfe", sagt Yusif. 

Menschen in Südafrika bei einem Straßenprotest gegen Ausländer halten ein Banner mit der Aufschrift "Put South Afrikans first" hoch
Proteste gegen Ausländer in Südafrika: Die Zahl der Migranten wächst und viele Südafrikaner fürchten die Konkurrenz auf dem ArbeitsmarktBild: Milton Maluleque/DW

Nach offiziellen Angaben wurden zwischen Januar und September dieses Jahres mindestens 221 Migranten abgefangen, von denen 186 Äthiopier waren. In Malawi steige die Zahl der inhaftierten Migranten, vor allem aus Äthiopien, Somalia und der Region der Großen Seen, weiter an, betont Yusif.

"Vor einem Monat gab es etwa 500 äthiopische Gefangene in diesem Land [Malawi], jetzt haben einige von ihnen von der äthiopischen Regierung in Zusammenarbeit mit der IOM Reisedokumente erhalten und einige wurden in ihr Land zurückgeführt."

Menschenrechtsverletzungen in afrikanischen Korridorländern

Neben Malawi gibt es andere Länder, die als Korridore für Migranten auf dem Weg nach Südafrika fungieren: Kenia, Uganda, Tansania, Sambia oder Mosambik, wo es ähnliche Berichte über Migranten gibt, die unter unmenschlichen Bedingungen in Haftanstalten festgehalten werden.

"Die Situation [der Migranten in mosambikanischen Gefängniszellen] ist dramatisch", sagt Adriano Nuvunga von der mosambikanischen Nichtregierungsorganisation Zentrum für Demokratie und Entwicklung zur DW.

Portraitbild Adriano Nuvunga, Direktor des CDD
Menschenrechtsaktivist Adriano Nuvunga: "Die Lage von Migranten aus Äthiopien in mosambikanischen Gefängnissen ist katastrophal"Bild: Romeu da Silva/DW

"Uns wurden Bilder von jungen Männern in winzigen Zellen zugespielt, die Migranten in Gefängniszellen in Maputo zeigen, die so überfüllt sind, dass sie kaum atmen können. Es sind winzige Zellen, in denen sie sogar ihre Notdurft verrichten müssen."

Südafrika als Ziel der Migration

Das Phänomen der illegalen Migration durch Mosambik Richtung Südafrika sei nicht neu, so Adriano Nuvunga weiter. Aber es habe sich in den letzten Monaten verstärkt. "Die mosambikanischen Behörden wissen um die Situation, aber sie tun nichts, um die Situation der Migranten zu verbessern, und die Täter bleiben meist straffrei", erklärt der Menschenrechtsaktivist.

Südafrika ist in den letzten Jahren zum Hauptziel für viele Migranten geworden. Laut Recherchen des äthiopischen Peace and Development Center in Zusammenarbeit mit der Universität Kapstadt reisen immer mehr Äthiopier auf irregulären Wegen nach Südafrika. Demnach gehören Äthiopier zu den bedeutendsten Migrantengruppen in Südafrika. Genaue Zahlen seien nicht bekannt. 

Lösungen für Afrikas Migrationskrise finden

"Die Hauptziele äthiopischer Migranten sind Nordamerika, Europa und die Golfstaaten. Die Süd-Süd-Migration wurde in früheren Jahren hauptsächlich nach Kenia gelenkt, aber in letzter Zeit hat Südafrika die Rolle des Hauptziels für äthiopische Migranten im 'Süden' übernommen", heißt es in einem aktuellen Bericht des Zentrums.

Die IOM hat die Regierungen entlang der Südroute aufgefordert, "die regionale Zusammenarbeit zu verbessern, um die Sicherheit und den Schutz von Migranten zu gewährleisten, unabhängig von ihrem Status und über alle Phasen ihrer Reise hinweg".