Todesstrafe für Japans "Twitter-Killer"
15. Dezember 2020Am Morgen des Halloween-Tages 2017 hatte die japanische Polizei auf der Suche nach einer vermissten Frau in einer Wohnung nahe Tokio eine grausige Entdeckung gemacht: Die Beamten stießen auf Leichenteile und hunderte Knochenstücke, die in Gefriertruhen und Werkzeugkisten gelagert und teilweise mit Katzenstreu bedeckt waren, um den Gestank zu überdecken.
Die Wohnung gehörte Takahiro Shiraishi. Er gab vor Gericht zu, seine Opfer - acht Frauen und einen Mann im Alter zwischen 15 und 26 Jahren - ermordet zu haben. Die Frauen missbrauchte und erdrosselte er.
Opfer mit Suizid-Tendenzen
Alle Morde geschahen im Verlauf von zwei Monaten. Den Ermittlern zufolge hatte Shiraishi auf Twitter gezielt Nutzer mit Suizid-Tendenzen kontaktiert und ihnen versprochen, er könne ihnen bei der Umsetzung ihrer Selbstmordpläne helfen oder gar mit ihnen gemeinsam sterben. Seine Anwälte forderten, Shiraishi deshalb nur zu einer Gefängnisstrafe zu verurteilen. Alle seine Opfer hätten Suizid-Gedanken gehabt und seien daher mit ihrem Tod einverstanden gewesen, argumentierten sie.
Der Richter betonte hingegen bei der Urteilsverkündung, keiner der Ermordeten habe seinem Tod zugestimmt, auch nicht stillschweigend. "Es ist verheerend, dass neun jungen Menschen das Leben genommen wurde", so der Richter. "Die Würde der Opfer wurde mit Füßen getreten."
Shiraishi habe sich gezielt "psychisch verletzliche" Menschen für seine Morde ausgesucht. Der Fall habe in Japan zudem "große Angst ausgelöst", da so viele Menschen Online-Netzwerke nutzten. Der Vater eines 17-jährigen Opfers bezeichnete das Todesurteil als "angemessen". Er wünsche sich immer noch "Rache", sagte er dem Fernsehsender NHK. "Ich weiß nicht, wie ich mit meiner Wut fertig werden soll."
Viele Japaner befürworten Todesstrafe
Der Prozess gegen den "Twitter-Killer", der auch international Schlagzeilen machte, sorgte in Japan für riesiges Aufsehen: Vor dem Gerichtsgebäude in Tokio standen am Dienstag mehr als 400 Neugierige Schlange, um einen der nur 16 Zuschauerplätze im Saal zu ergattern.
Japan gehört zu den wenigen Industrienationen, die noch die Todesstrafe vollstrecken. Trotz internationaler Kritik ist die Zustimmung der japanischen Bevölkerung weiterhin hoch. Nach einem Todesurteil vergehen oft Jahre bis zur Vollstreckung. Zuletzt war im Dezember 2019 ein Chinese hingerichtet worden, der in Japan eine vierköpfige Familie ermordet hatte.
mir/wa (afp, dpa, ap)