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Was das Warten für die Athleten bedeutet

Matt Pearson
3. August 2020

Die Olympischen Spiele sollten in vollem Gange sein, demnächst die Paralympics anstehen. Wegen des Coronavirus wurde alles auf 2021 verschoben. Weltweit mussten sich die Athleten an die neuen Begebenheiten anpassen.

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Brasilien Sao Paulo | Paralympischer Athlet Tyrone Pillay
Der südafrikanische Para-Kugelstoßer Tyrone Pillay träumt von Gold in TokioBild: Getty Images/J. Roriz

Jahrelang hatte sich Tyrone Pillay noch einmal gequält, dem letzten Höhepunkt entgegen gefiebert: Zum Abschluss seiner Karriere wollte sich der südafrikanische Kugelstoßer bei den Paralympischen Spielen in Tokio seinen Goldtraum erfüllen. Doch dann zerschlug die Corona-Pandemie die Pläne des 40-Jährigen. 2019 in Rio de Janeiro hatte er in der Kategorie F42 Bronze gewonnen. Pillay kam mit einem deformierten linken Bein zur Welt. Es wurde ihm oberhalb des Knies amputiert, schon mit zehn Monaten erhielt er eine Prothese.

Da sich das Coronavirus in Südafrika rasch ausbreitet und die Sportplätze für Behindertensportler gesperrt sind, kann Pillay aktuell nicht mit der Kugel trainieren. So bleibt Pillay nur das Krafttraining im heimischen Fitnessstudio. Kondition holt er sich auf dem Heimtrainer, dazu macht er Pilates-Übungen. Mehr als Behelfslösungen sind das nicht.

"Ich hatte vor, mich nach Tokio zur Ruhe zu setzen, und ich habe mich wirklich gut vorbereitet", sagt Pillay der DW. "Meine Leistungen in diesem Jahr waren die besten meiner Karriere. Ich war in großartiger Form, habe gute Weiten erzielt, auch mental hat alles gepasst. Doch als COVID-19 auftauchte, änderte sich alles."

Wettbewerbsnachteil

Pillay fürchtet, dass Konkurrenten aus anderen Teilen der Welt, in denen die Pandemie nicht mehr so heftig wütet, an ihm vorbeiziehen. So können viele europäische Para-Sportler inzwischen wieder ganz normal ihr Training durchziehen. 

Training statt Tokio

"Die Vorbereitung wird ganz anders verlaufen. Ich denke, genau darin liegt die Herausforderung", sagt Pillay. "Auch, dass ich bis zum nächsten Jahr nicht an Wettbewerben teilnehmen kann, wirft mich zurück. Um in die richtige mentale Verfassung zu kommen, muss man regelmäßig Wettkämpfe bestreiten." 

Im Gegensatz zu Südafrika konnten Athleten in Deutschland ihr Training wieder relativ zügig aufnehmen. "Die Trainingsgruppen mussten in der Anzahl der Personen reduziert werden", sagt Annett Stein, Cheftrainerin des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV). "Das Hauptziel verschob sich um zwölf Monate. Flexibilität und Kreativität war in hohem Maße gefragt." So seien Trainingslager abgebrochen oder verlegt worden seien. Auch sei Physiotherapie anfangs nicht möglich gewesen. 

Planänderung

"Was wir eventuell etwas ändern müssen, sind die Orte der geplanten Trainingslager. Unsere Läufer planen Höhentrainingslager, andere Disziplingruppen trainieren teilweise in Klima-Trainingslagern und absolvieren dort erste Wettkämpfe", sagt Stein der DW. "Die geplanten Reiseziele sind derzeit nicht umsetzbar. Auch mit dem Start der neuen Saison könnten sich die Trainingslager schwierig gestalten, wenn bis dahin kein Impfstoff gegen COVID-19 verfügbar ist."

Deutschland Leichtathletik Cheftrainerin Annett Stein
DLV-Cheftrainerin Annett SteinBild: picture-alliance/dpa/J. Büttner

Stein fügt hinzu, dass es einige ältere Athleten gebe, die die Verschiebung der Spiele auf 2021 "derzeit als einen Pluspunkt für sich verbuchen", obwohl sie sich diese nie gewünscht hätten. "Die Rückkehr in das normale Training und die Formausprägung dauern teilweise nach schwierigen Verletzungen etwas länger, als sie erwartet haben. Ansonsten sind Leistungssportler in aller Regel sehr gut strukturiert." An Motivation mangele es jedenfalls nicht.

Ähnlich sieht das der australische Kajakfahrer Tom Green. Der 21-Jährige glänzte Anfang des Jahres bei den Qualifikations-Sprintrennen im Kajak-Einer und -Zweier. Die Verschiebung der Spiele in Tokio habe auch positive Aspekte: "Wir sind im Zweier erst seit ein paar Monaten ein Team", sagt Green der DW. "Nun habe ich ein zusätzliches Jahr Training. Ich glaube, dass ich in einer viel besseren Form sein werde als in diesem Jahr."

Gelockertes Tempo

Green musste eine Zeit lang alleine trainieren, oft auf dem Meer und nicht, wie sonst, in ruhigeren Gewässern, auf denen sonst auch die Wettkämpfe stattfinden. "Ich wollte nicht, dass die gute Form den Bach herunter ging", sagt Green. "Ich begann also, auf dem Ozean zu paddeln, um fit und in Bewegung zu bleiben." 

Ungarn Szeged | Tom Green
Will in einem Jahr noch besser sein als in diesem: der australische Kanute Tom GreenBild: Paddle Australia/Steve McArthur

Er werde jetzt eine längere Zeit lang nicht das volle Tempo im Training vorlegen, sondern einfach so trainieren wie in einer normalen Saison ohne Olympia, so Green. "Es wäre keine gute Idee, 13 bis 14 zusätzliche Monate lang mit 110 Prozent zu arbeiten."

Wie der südafrikanische Para-Kugelstoßer Pillay bleibt auch der australische Kanute Green voll auf Tokio und den Traum von einer Medaille fokussiert. "Unsere Topathleten träumen von Olympia", sagt auch DLV-Cheftrainerin Annett Stein. "Alle Menschen wollten doch zurück zur Normalität - besonders zu den Dingen, die man liebt."

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