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Tour-Geschichten

Stefan Nestler6. Juli 2003

Vor 100 Jahren hatte der Sportjournalist Géo Lefèvre eine Idee. Um die Konkurrenz zu ärgern, organisierte er eine Tour de France für Radfahrer. Das Experiment glückte, eine Schnapsidee wurde zum Mythos.

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Die erste Tour-Etappe am SonntagBild: AP

Die Sportzeitung "L´Auto", die spätere "L´Equipe", eroberte den Markt und die Tour de France die Herzen der Radsportfans. Am 1. Juli 1903 starteten in Montgeron vor den Toren der Hauptstadt Paris 60 Fahrer zur ersten von insgesamt sechs Etappen. Das erste Teilstück war 467 Kilometer lang, in etwa die doppelte Distanz einer heutigen Etappe. Gefahren wurde auch in der Nacht. Der erste Tour-Sieger hieß Maurice Garin.

Lance Armstrong aus Texas, USA Tour de France
Schafft Lance Armstrong den fünften Tour-Sieg?Bild: AP

Die großen Helden der Frankreich-Rundfahrt aber wurden erst später umjubelt. Vier Fahrer schafften in ihrer Karriere fünf Toursiege: der Franzose Jacques Anquetil, der Belgier Eddy Merckx, der Franzose Bernhard Hinault und der Spanier Miguel Indurain. Bei der Jubiläumstour in diesem Jahr peilt auch der US-Amerikaner Lance Armstrong den fünften Gesamtsieg an.

Gelb und grün

Auch deutsche Fahrer schrieben Tour-Geschichte. 1932 wurde Kurt Stöpel Zweiter. 1977 fuhr der damals 22 Jahre alte Dietrich ("Didi") Thurau über zwei Wochen lang im Gelben Trikot. Zum ganz großen Coup reichte es nicht. Am Ende wurde Thurau Fünfter. Trotzdem löste er in Deutschland eine Riesen-Euphorie aus.

Was Thurau nicht gelang, schaffte Jan Ullrich 20 Jahre später. 1997 wurde er als erster deutscher Gesamtsieger auf den Champs Elysées in Paris gefeiert. Auch die deutschen Sprinter drückten der Tour den Stempel auf. Rudi Altig war 1962 der erste deutsche Gewinner des Grünen Trikots, 1990 folgte Olaf Ludwig. Rekordgewinner der Sprinter-Wertung ist Erik Zabel, der zwischen 1996 und 2001 sechs Mal in Serie in Paris das Grüne Trikot überziehen durfte.

Jan Ullrich fährt für Bianchi
Jan Ullrich im neuen (Bianchi-)KleidBild: AP

Doping, Razzia und Flucht

Die Tour schrieb in den vergangenen 100 Jahren nicht nur positive Schlagzeilen. Schon im zweiten Jahr, 1904, wurden die ersten vier Fahrer der Gesamtwertung nachträglich disqualifiziert, unter anderem weil einige von ihnen statt in die Pedale zu treten nachts einen Teil der Strecke mit der Eisenbahn oder im Auto gefahren waren.

Gedopt wurde auch schon in den frühen Jahren der Tour. Der erste Profi, der während der Rundfahrt an den Folgen starb, war 1967 der Brite Tom Simpson. Der frühere Weltmeister brach am legendären Anstieg zum Mont Ventoux zusammen, vollgepumpt mit Amphetaminen und Alkohol.

Virenque gewinnt Ventoux-Etappe
Richard VirenqueBild: AP

Negativer Höhepunkt in Sachen Doping war die Skandaltour 1998, die kurz vor dem Abbruch stand. Das Festina-Team um den Franzosen Richard Virenque wurde ausgeschlossen, nachdem die Grenzpolizei im Auto eines Betreuers Unmengen von Dopingsubstanzen gefunden hatte. Es folgten Polizei-Razzien während der Rundfahrt, die Flucht einiger Mannschaften über die Grenzen sowie Fahrerstreiks.

Im Rausch zurück zum Start

Neben einigen Skandalen produzierte die Tour de France aber auch zahllose Geschichten zum Schmunzeln. 1950 etwa fuhr der Algerier Abdelkader Zaaf auf einer Etappe dem Feld auf und davon. Um seinen Durst zu stillen, griff er sich vom Tisch eines Straßencafes zwei Flaschen Weißwein. Nachdem er sie geleert hatte, legte er sich unter einen Baum und schlief seinen Rausch aus. Als der Profi Stunden später aufwachte, setzte er sich wieder aufs Rad - und fuhr in die falsche Richtung, zurück zum Startort.

Der älteste noch lebende Tour-Sieger ist übrigens der Gewinner von 1950, der Schweizer Ferdi Kübler. Die "Tour der Leiden" - meint der heute 83-Jährige - habe auch nach 100 Jahren nichts von ihrer Faszination verloren: "Es ist anders geworden. Man hat mehr und besseres Material, man hat mehr Masseure, Mechaniker. Die Betreuung ist viel besser. Aber es ist doch noch immer der schwerste Sport auf der Welt."