Transparency kritisiert Regierung
5. November 2013Die Bundesregierung soll dem ehemaligen Mitarbeiter des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA), Edward Snowden, Schutz in Deutschland gewähren. Das forderte die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International (TI) am Dienstag in Berlin. Die Vorsitzende der deutschen TI-Sektion, Edda Müller, hält Snowdens derzeitigen Aufenthaltsort Russland auf Dauer für unsicher. Wenn die Machthaber in Moskau ihr Interesse an dem Whistleblower über die weltweite NSA-Spionage verlören, werde Snowden wie eine "heiße Kartoffel" fallen gelassen, befürchtet Müller.
Transparency International sieht Deutschland in der "moralischen Verpflichtung", Snowden Schutz zu gewähren. Es sei sein Verdienst, "ganz konkrete Verstöße gegen deutsches Recht" durch die NSA aufgedeckt zu haben. Sollte Deutschland dem 30-Jährigen freies Geleit gewähren, hätte das aus Müllers Sicht keine negativen Auswirkungen auf das deutsch-amerikanische Verhältnis. "Ich halte es nicht für einen Vertrauensbruch", betonte die TI-Vorsitzende. Im Gegenteil: Sie sei immer davon ausgegangen, Deutschland und die USA bildeten bei Themen wie Bürgerrechten und individueller Freiheit eine Wertegemeinschaft.
Vorbilder: Großbritannien, Luxemburg, Rumänien, Slowenien
Von der künftigen Bundesregierung erwartet Transparency International konkrete gesetzliche Maßnahmen zum Wohle von Whistleblowern. Im europäischen Vergleich habe Deutschland Nachholbedarf. In einer von TI in Auftrag gegebenen Studie wird lediglich vier von 27 Ländern ein "guter Schutz" von Hinweisgebern über mutmaßlich illegale Machenschaften bescheinigt: Großbritannien, Luxemburg, Rumänien und Slowenien. Deutschland rangiert mit 15 anderen Ländern im breiten Mittelfeld. Sie alle würden nur einen "eingeschränkten Schutz" gewähren.
Gesetzentwürfe von Grünen und Sozialdemokraten für einen besseren Whistleblower-Schutz erhielten in der vergangenen Legislaturperiode keine parlamentarische Mehrheit. TI-Chefin Müller hofft nun auf die "Lernfähigkeit" der Politik. Der Gesetzgeber solle das Signal geben, "dass Hinweisgeber gewollt sind".