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Trashy Bags – vom Abfall zur Handtasche

Vanessa Hermann, Hervé Gogua30. April 2012

Trinkwasser in Plastikbeuteln ist in Afrika beliebt, weil es billig und sauber ist. Aber die Umwelt leidet. Ein Unternehmer in Ghana hat einen Weg gefunden, wie man das Plastik recyceln kann.

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Bild: Tomasso Galli

In Ghanas Hauptstadt Accra gibt es sie überall: Trinkwasserbeutel, dort "Pure Water Sachets" genannt. Die kleinen, weichen Plastikbeutel sind milchig bis durchsichtig, mit einer blauen Schrift versehen und enthalten einen halben Liter Wasser. Sie lassen sich an einer Ecke aufreißen und trinken. Für nur 2 Eurocent pro Stück bieten die Trinkbeutel einer breiten Bevölkerung den Zugang zu sauberem Trinkwasser. Deshalb wurden die Beutel vor gut zehn Jahren in Westafrika eingeführt.

Doch einmal ausgetrunken, werden die leeren Tüten oft einfach weggeworfen. In Accra liegen sie überall in den Straßen und verstopfen zusammen mit anderem Plastikmüll die Abwasserkanäle. Dies führt bei jedem Regen zu Überschwemmungen. Ein Müllproblem, für das es in Accra bislang kaum Recyclingsysteme gibt. Der britische Architekt Stuart Gold wollte das nicht akzeptieren: "Als ich vor sechs Jahren nach Accra kam, war klar, dass sie dort ein riesiges Plastikmüllproblem hatten. Also entwickelten wir die Idee, das Plastik weiterzuverarbeiten, damit es noch einen zweiten Nutzen haben kann." Gold fing an, Taschen aus den Beuteln zu machen. 2006 gründete er die Organisation "Trashy Bags."

Trinkwasserbeutel verschmutzen die Umwelt (Bild: Tomasso Galli)
Trinkwasserbeutel verschmutzen die UmweltBild: Tomasso Galli

"Upcycling" zu modischen Taschen                            

In seiner Fabrik mitten in Accra kommen jeden Tag viele Säcke mit weggeworfenen Trinkbeuteln an. Die 60 Mitarbeiter von "Trashy Bags" nehmen sie entgegen. In der Fabrik werden die Trinkbeutel drei Mal gewaschen, desinfiziert und zum Trocknen in die Sonne gelegt. Anschließend werden sie nach Farben sortiert. Die Angestellten nähen die Beutel dann aneinander und die fertigen Bahnen werden wie Stoff zu Laptoptaschen, Sporttaschen, Mäppchen und Geldbeuteln weiter verarbeitet. Dieser Prozess nennt sich "Upcycling". Denn das fertige Produkt hat einen höheren Wert als das Ausgangsprodukt, die liegengebliebenen Plastikbeutel.

Trinkwassertüten trocknen in der Sonne (Bild: Bernhard Erkelenz)
Trocknen in der Sonne - danach werden die Wassertüten weiterverarbeitetBild: Bernard Erkelenz

Doch obwohl vielen Menschen in Ghana die Taschen gefallen, sind sie eher zurückhaltende Käufer. Daher konzentriert sich Trashy Bags auf den Export: "Hier in Accra sind es hauptsächlich Einwanderer oder Touristen, die hierher kommen, um Taschen zu kaufen," sagt Stuart Gold. "Wir exportieren auch in andere Länder, wie zum Beispiel die Niederlande, Großbritannien, die USA oder Japan und wir haben auch einen Vertrieb in Deutschland."

So finden sich einige Taschen in einem Lagerraum im Kölner Stadtteil Sülz wieder. Bernhard Erkelenz, Betreiber des deutschen Onlinevertriebs "Afrika Recycled", verkauft neben den Taschen auch anderes Recyclingkunsthandwerk aus Ghana. In seinem Lagerraum stehen Regale mit bunten Perlen, Schalen aus kleinen Mosaiksteinchen und Patchworkdecken. Hier finden sich in einer Ecke auch die blau-weißen Trashy Bags, die mittlerweile nur noch einen kleinen Prozentsatz seiner Produktpalette ausmachen.

Erkelenz sieht die Zukunft der Trashy Bags nicht im Export, sondern eher im Verkauf vor Ort: "Die Trashy Bags sind ein Designprodukt mit einer ganz speziellen Aufschrift, einer ganz speziellen Farbe und einem ganz speziellen Geräusch. Das mag nicht jeder", sagt Erkelenz und nimmt einen raschelnden Rucksack aus blau-weißen Wassertüten in die Hand. "Und vor allem muss man beim Verkauf außerhalb Ghanas bedenken, dass man den Leuten sehr viel erklären muss. Denn in Deutschland kennt man die Trinkwassertüten nicht. Daher glaube ich, dass man die Trashy Bags am besten in Ghana selbst verkaufen kann."

Bewusstsein in der Bevölkerung stärken           

Dennoch ist Erkelenz überzeugt von den Trashy Bags. Sie seien überraschend robust und könnten mit handelsüblichen Taschen mithalten. Das hat er auf seinen Afrikareisen schon getestet. Dass die Taschen so stabil sind, liegt an dem Polyäthylen, aus dem die Trinkwasserbeutel hergestellt werden. Polyäthylen wird, wie die meisten Kunststoffe, aus Erdöl gewonnen. Es ist beständig gegen Säuren, Laugen und Chemikalien und nicht natürlich abbaubar. Es dauert also tatsächlich Jahrhunderte, bis sich so ein Wasserbeutel zersetzt. Um der Bevölkerung das Problem bewusst zu machen, plant Trashy Bags zusammen mit anderen Organisationen verschiedene Projekte: "Aktuell arbeiten wir an einem Projekt, das aus Trinkwassertüten gefertigte Einkaufstaschen subventioniert", erklärt Stuart Gold. "So können Ghanaer sehr günstig wieder verwendbare Einkaufstaschen kaufen, der Plastikabfall in der Umwelt wird verringert und gleichzeitig schafft man Arbeitsplätze."

Trashy Bags aus Trinkwassertüten (Bild: Vanessa Herrmann)
Schickes Design: Bernhard Erkelenz mit einer "Trashy Bag"Bild: DW

Seit der Gründung von Trashy Bags im Jahr 2007 hat die Firma ungefähr 20 Millionen Getränkebeutel recycelt und wiederverarbeitet. Mit ersten sichtbaren Ergebnissen. Bernhard Erkelenz reist einmal pro Jahr nach Ghana. Ihm sind die Veränderungen besonders stark aufgefallen: "Wenn man den jetzigen Zustand von Ghanas Straßen mit dem Zustand vor fünf Jahren vergleicht, dann sieht man einen riesigen Unterschied. Es gibt selbst in Nebenstraßen kaum noch Plastiktüten."

Verzehr trotz Gesundheitsrisiken

Auch wenn die Straßen Accras jetzt sauberer sind, sind längst noch nicht alle Probleme gelöst. Denn neben der Umweltbelastung durch die Verpackung, ist auch die Qualität des Wassers umstritten. Bereits im Frühjahr 2005 haben Wissenschaftler der Universität Ghana herausgefunden, dass 77 Prozent der untersuchten Trinkwasserbeutel Krankheitserreger enthielten. Im Herbst letzten Jahres hat die Lebensmittelbehörde deshalb schon 28 Produzenten von Wasser und Fruchtgetränken in den Trinkbeuteln auf eine schwarze Liste gesetzt.