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Trauer überschattet Wahlkampf in Brasilien

Marina Estarque/ Astrid Prange14. August 2014

Der Tod des Präsidentschaftskandidaten Eduardo Campos verändert die bevorstehenden Wahlen. Staatschefin Rousseff muss sich nun vermutlich gegen ihre frühere Parteigenossin und heutige Rivalin Marina Silva behaupten.

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Eduardo Campos und Marina Silva (Foto: EPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Brasiliens Präsidentschaftskandidaten haben sich eine Wahlkampfpause verordnet. Nach dem tödlichen Flugzeugabsturz des Spitzenkandidaten Eduardo Campos (oben links im Bild) am Mittwoch (13.08.2014) hat Staatspräsidentin Dilma Rousseff drei Tage Staatstrauer verhängt und sämtliche Wahlkampftermine abgesagt.

Als Nachfolgerin des verstorbenen Eduardo Campos, der für die sozialistische Partei PSB (Partido Socialista Brasileiro) kandidierte, wird vermutlich seine Stellvertreterin Marina Silva benannt. Die ehemalige Umweltministerin Brasiliens und Wegbegleiterin des Regenwaldschützers Chico Mendes war von der PSB im Oktober 2013 als Vize nominiert worden.

"Es gibt außer Marina Silva zurzeit keine andere Person in der PSB, die Campos ersetzen kann", meint Renato Janine Ribeiro, Professor für politische Philosophie an der Universität von São Paulo. Es sei unmöglich, jetzt jemand Neues aus dem Hut zu zaubern.

Eduardo Campos stirbt bei Flugzeugabsturz 13.8.2014 (Foto: dpa)
Das Privatflugzeug von Campos stürzte über einem Wohngebiet in der Hafenstadt Santos abBild: picture-alliance/dpa

Zwei Frauen im zweiten Wahlgang?

Die mögliche Kandidatur von Marina Silva könnte den Verlauf des Wahlkampfes grundlegend verändern. Sowohl im Regierungspalast in Brasília als auch im Umfeld des sozialdemokratischen Herausforderers Aécio Neves, der in den Umfragen an zweiter Stelle liegt, stellt man sich auf die Kandidatur von Marina Silva ein.

Für die evangelikale Marina Silva mag dieses Szenario wie ein Wink des Schicksals erscheinen. Die international bekannte Umweltpolitikerin hatte den gemeinsamen Flug mit Campos in letzter Minute abgesagt - sie sollte in einem Fernsehstudio in São Paulo einen Werbespot für die PSB aufnehmen. Nach dem Flugzeugabsturz gab sie sich schockiert und bat um göttlichen Beistand für Campos Witwe und ihre fünf Kinder.

Politisch könnte der tragische Unfall eine Kehrtwende für Marina Silva einleiten. Denn die ehemalige Kautschuksammlerin, die im Amazonas aufwuchs, war im Jahr 2009 aus Protest gegen den wachstumsfreundlichen Kurs der damaligen Energieministerin und Kabinettschefin Dilma Rousseff aus der brasilianischen Arbeiterpartei PT ausgetreten. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern

Brasilien - Dilma Dilma Rousseff und Marina Silva (Foto: VANDERLEI ALMEIDA/AFP/Getty Images)
Genossinnen und Gegnerinnen: Marina Silva verließ aus Protest gegen Rousseffs Politik 2009 das KabinettBild: Getty Images

Auf der Suche nach der verlorenen politischen Heimat

Bei den Präsidentschaftswahlen 2010 kandidierte Marina Silva für die Grüne Partei PV (Partido Verde) und vereinigte 20 Millionen Wählerstimmen auf sich. 2013 gründete sie eine neue Partei, das sogenannte "Netz für Nachhaltigkeit". Da die Bewegung nicht fristgemäß von den brasilianischen Wahlbehörden anerkannt worden war, schloss sich Silva im Oktober 2013 der PSB von Eduardo Campos an.

Nach brasilianischem Wahlrecht hat die Partei PSB nun zehn Tage Zeit, um einen neuen Präsidentschaftskandidaten zu benennen. Bisher bildeten Marina Silva und Eduardo Campos ein funktionierendes Wahlkampfteam.

Während die Umweltpolitikerin mit ihrer nationalen Ausstrahlung um Stimmen von frustrierten Wählern der Arbeiterpartei PT warb, punktete der 49-jährige Campos im Nordosten des Landes. Als ehemaliger Gouverneur des Bundesstaates Pernambuco ist er in der Region stark verwurzelt.

Emotionaler Wahlkampf

Nach den jüngsten Umfragen des Meinungsforschungsinstitutes "Datafolha" vom 13. August führt Präsidentin Dilma Rousseff von der brasilianischen Arbeiterpartei PT die Statistik möglicher Wählerstimmen mit 36 Prozent an. An zweiter Stelle steht mit 20 Prozent der Kandidat der sozialdemokratischen Partei PSDB, Aécio Neves. Eduardo Campos von der PSB lag mit acht Prozent an dritter Stelle.

Brasilien Präsidentschaftskandidat Aecio Neves (Foto: dpa)
Sozialdemokrat Aecio Neves bei seiner Nominierung am 14. Juni 2014 in Sao PauloBild: picture-alliance/dpa

Ob Marina Silva für einen Anstieg der PSB in der Wählergunst sorgen kann, hängt entscheidend von ihrer Akzeptanz sowohl in der Wirtschaft als auch bei armen Bevölkerungsschichten ab. "Die Unternehmer mörgen Marina nicht", weiß Renato Janine Robeiro von der Universität São Paulo. Im Nordosten, der Herkunft von Campos, könnten sich nach seinem Tod viele Brasilianer auf ihre alte Vorliebe zur Partei von Dilma Rousseff besinnen und für sie stimmen. Das Gebiet war einst eine PT Hochburg.

Trotz aller Unwägbarkeiten gehen politische Beobachter davon aus, dass die Abstimmung am 5. Oktober auf ein Duell zwischen Amtsinhaberin Dilma Rousseff und Marina Silva hinauslaufen wird. Der Tod von Spitzenkandidat Eduardo Campos hat im ganzen Land Trauer und große Gefühle ausgelöst.

"Der Wahlkampf wird jetzt emotionaler geführt. Das ist zwar schlecht, aber unvermeidlich", prognostiziert Antonio Carlos Mazzeo, Politikwissenschaftler an der Universität von São Paulo. Davon könne Marina Silva profitieren.