TripAdvisor startet als Soziales Netzwerk
13. November 2018So kannte man das Reisebewertungsportal seit Jahren: Wer einen Urlaub beispielsweise in Berlin plant, lässt sich bei TripAdvisor beliebte Sehenswürdigkeiten, Museen, Hotels oder Restaurants zeigen. Privatleute, die diese Orte schon besucht haben, empfehlen sie anderen Usern - oder warnen sie davor.
Nun der Neustart als Soziales Reise-Netzwerk. Die bisherigen eigenen Bewertungen sind automatisch in den neuen "Homefeed“ überführt worden, dem Herzstück, das stark an den Newsfeed von Facebook erinnert. Fotos, Videos oder Linkposts können nun mit anderen Usern in und außerhalb der Plattform – etwa mit Facebook-Freunden – geteilt werden. Außerdem kann man im Feld rechts interessante Personen anklicken, denen man folgen kann. Im "Homefeed“ laufen dann auch deren Empfehlungen und Vorschläge zu den eigenen favorisierten Reisezielen ein.Neues Geschäftsmodell setzt auf Reise-Profis
Ob Google, Yelp, Holiday-Check oder eben TripAdvisor - Bewertungsportale sind die neuen großen Player im Tourismusmarkt. TripAdisor will mit den neuen Features die Konkurrenz hinter sich lassen. Dazu gehören speicherbare Listen, in denen Reiseziele gesammelt und auf Landkarten markiert werden können. So kann sich jeder beispielsweise den eigenen Reiseführer oder eine Reiseroute erstellen, speichern und teilen - privat oder öffentlich. TripAdvisor will damit zur zentralen Anlaufstelle für die Reiseplanung werden, so das erklärte Unternehmensziel.
"Bislang gibt es kein Soziales Netzwerk, das sich ausschließlich dem Reisen widmet. Wir wollen inspirative Inhalte wie zum Beispiel Videos und kleine Reiseführer von Menschen, denen Reisende vertrauen wie ihre Freunde oder Influencer, hier bündeln und teilbar machen“, sagte TripAdvisor-Sprecherin Susanne Nguyen der DW. Dazu hat man das herkömmliche Geschäftsmodell, also Bewertungen von Privatleuten und Bestenlisten nach User-Votum, erweitert.Erstmals sind Blogger, aber auch Medienpartner vertreten wie die Verlage National Geographic und Condé Nast Traveler sowie die britische Internet-Zeitung "The Independent". Mit ihren Berichten und Videos sollen sie für mehr und hochwertige Inhalte sorgen. Auch auf Blogger und Influencer setzt man beim neuen TripAdvisor. Wie einflussreich sie wirklich sind, ist unklar. Eine neue Studie, die die Organisatoren der bedeutenden Reisemesse "World Travel Market“ Anfang November vorgelegt haben, besagt etwa für den britischen Markt, dass nur drei Prozent der befragten Reisenden sich bei der Buchung ihres Reiseziels auf einen Influencer stützten.
Die Geschichte von TripAdvisor
Was im Jahr 2000 als Vier-Personen-Startup über einer Pizzeria in Needham bei Boston begann, ist längst ein milliardenschweres Börsenunternehmen mit 450 Millionen Besuchern monatlich und Bewertungen in rund 30 Sprachen. Die zündende Geschäftsidee hatte Harvard-Absolvent Stephen Kaufer, Mitbegründer und heute CEO, als er ein Hotel in Mexiko buchen wollte. Er fand nach langer Suche im Internet das Feedback eines Reisenden in einem Chatroom. Der Haken: Das Hotel machte da einen ganz anderen Eindruck als die Beschreibungen im Reisekatalog. Damit war die Grundlage für TripAdvisor gelegt, echte Bewertungen von Privatpersonen statt PR von Reiseunternehmen.
Umsatz macht das Unternehmen mit Werbeanzeigen und Verlinkungen beispielsweise zu Buchungsplattformen wie Booking oder Expedia. Wer etwa nach Berlin reisen will, kann auf TripAdvisor deren Preise für Hotels vergleichen. Dafür sammelt TripAdvisor Werbegelder bei Booking und Expedia ein. Nachdem TripAdvisor 2017 deutliche Umsatz- und Gewinneinbußen hinnehmen musste, soll 2018 nun die Wende bringen: mit der Neuorganisation des Unternehmens, mit weniger Werbegeldern für Google-Anzeigen und mit dem Launch der Seite zum Sozialen Reise-Netzwerk.
Glaubwürdigkeitsproblem bleibt ungelöst
Doch auch wenn TripAdvisor jetzt Soziales Netzwerk wird, eines seiner Grundprobleme wird dadurch nicht gelöst. Erst im September schrieb die britische Zeitung "Times", dass bis zu einem Drittel der TripAdvisor-Beurteilungen gefälscht sein könnten. Auch die World Travel Market-Studie verdeutlicht, dass sich TripAdvisor als langjährige bekannte Inspirations- und Informationsquelle für Reisende weiterhin stark mit Vorbehalten wegen "fake reviews“ befassen muss. Noch immer würden positive oder negative Beurteilungen von dubiosen Firmen zum Kauf angeboten. Ein Problem, das TripAdvisor versucht in den Griff zu bekommen. Doch gerade das neue Modell mit Influencern auf TripAdvisor könnte das Problem mit der Glaubwürdigkeit noch verschärfen. Denn die Influencer können sich mit Fake-Followern umgeben, die den Influencer und seine Bewertung wichtiger erscheinen lassen als sie sind.
Jetzt ist das neue TripAdvisor erstmal in allen Sprachen an den Start gegangen. Wenn auch in einer vereinfachten Beta-Version. Diese werde in den kommenden Monaten weiter verbessert, versichert TripAdvisor-Sprecherin Nguyen. Mit seinen Millionen von Reisevideos und -fotos hat TripAdvisor tatsächlich das Potential, zum sozialen Reise-Netzwerk zu werden. Es wird sich allerdings erst zeigen müssen, ob die User dieses weitere soziale Netzwerk annehmen.