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Coronakrise: Fängt sich der Arbeitsmarkt?

1. September 2020

Die Zahl der Arbeitslosen ist erneut gestiegen - allerdings nicht wegen Corona. Trotzdem hinterlässt die Pandemie weiterhin deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt.

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Gerüstbauer errichten auf einer Brückenbaustelle in der Hafencity ein Gerüst.
Bild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im August erneut gestiegen - allerdings wie im Vormonat in saisonüblicher Höhe.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren 2,955 Millionen Menschen ohne Job - 45.000 mehr als im Juli und 636.000 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote stieg binnen Monatsfrist um 0,1 Prozentpunkte auf 6,4 Prozent.

Saisonale Schwankungen

Im August erhöht sich die Arbeitslosigkeit üblicherweise, weil Beschäftigungs- und Ausbildungsverhältnisse vor den Sommerferien enden. Zum Vergleich: Im August 2019 hatte sich die Zahl der Menschen ohne Job im Vergleich zum Vormonat um 44.000 erhöht.

Wie schon im Juli habe es keinen zusätzlichen coronabedingten Anstieg der Arbeitslosigkeit gegeben, so der Vorstandschef der Bundesagentur, Detlef Scheele. "Dennoch sind die Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt weiterhin sehr deutlich sichtbar."

"Die Kurzarbeit wirkt"

"Die Pandemie hat zur tiefsten Wirtschaftskrise in unserer Generation geführt", sagt Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, "gemessen allerdings an dieser tiefen Krise und im Vergleich zu anderen vergleichbaren Nationen - und vor allem Industrienationen - schlägt sich Deutschland sehr robust und wacker."

Dies sei vor allem auf die Regelung zur Kurzarbeit zurückzuführen. "Mit der Kurzarbeit haben wir am Arbeitsmarkt Brücken gebaut. Die Kurzarbeit wirkt. Sie hilft rasch, umfassend und unbürokratisch, um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren, um Unternehmen und Beschäftigten in der Krise zu helfen", so Heil auf der Pressekonferenz des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Die Kurzarbeit soll nach einem Beschluss der Koalitionsspitzen bis Ende 2021 verlängert werden. Heil will einen entsprechenden Gesetzentwurf voraussichtlich am 16. September ins Kabinett bringen.

Im Juni waren nach vorläufigen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit 5,36 Millionen Menschen in Deutschland in Kurzarbeit. Im Mai hatte die Zahl noch bei 5,82 Millionen gelegen. Im April war diese auf 5,98 Millionen hochgeschnellt. Nach Angaben der Arbeitsmarktexperten sind die Zahlen hochgerechnet und werden monatlich angepasst, sodass sich diese rückwirkend verändern können.

Inzwischen geht nach dem massiven Anstieg im März und April die Zahl der Beschäftigten weiter zurück, für die Unternehmen Kurzarbeit anmelden. Vom 1. bis 26. August verzeichnete die Bundesagentur Anzeigen für konjunkturelle Kurzarbeit für 170.000 Menschen. Die Zahl der tatsächlichen Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeiter liegt erfahrungsgemäß niedriger, weil Unternehmen Kurzarbeit zum Teil vorsorglich anzeigen.

Infografik: Kurzarbeit in Deutschland

Hat sich der Arbeitsmarkt gefangen?

Auch nach einer Umfrage des Ifo-Instituts geht die Kurzarbeit in Deutschland zurück. Danach gab es im August in 37 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen Kurzarbeit, im Juli waren es noch 42 Prozent.

Verschiedene Experten sehen zurzeit Anzeichen, dass sich der Arbeitsmarkt wieder gefangen hat - auch dank der Kurzarbeit, die das Ausmaß der Entlassung begrenzt hat.

Die steigenden Infektionszahlen und die Angst vor neuen Einschränkungen bereiten ihnen jedoch Sorge. Die Kauflaune der Verbraucher hat das nach Angaben des Nürnberger Konsumforschungsunternehmens GfK bereits gedämpft.

"Die Krise ist noch nicht vorbei", warnt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. "Wir rechnen im Verlauf des nächsten Jahres mit einer wirtschaftlichen Erholung, allerdings von Branche zu Branche sehr unterschiedlich."

Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziale
Hubertus Heil: "Wir sind vorsichtig zuversichtlich."Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Es gebe keine absoluten Gewissheiten, was die wirtschaftliche Entwicklung betrifft. "Wir sind vorsichtig zuversichtlich."

Nichtsdestotrotz hänge dies auch an ein paar plausiblen Annahmen, die sich auch erfüllen müssen: "Dazu gehört, dass wir die Pandemie im Griff behalten."

Darüber hinaus geht Heil davon aus, dass die Coronapandemie nach wie vor die Exportnachfrage bremsen wird und "wir müssen damit rechnen, dass es erst in der zweiten Jahreshälfte des nächsten Jahres einen Impfstoff gibt."

All diese Ungewissheiten verunsichern auch Unternehmen. "Dazu kommt, dass es neben der Pandemie Unsicherheiten gibt, die nicht in unserer Hand liegen, zum Beispiel wie die Präsidentschaftswahl in Amerika ausgeht oder wie der Brexit gestaltet wird."

Arbeitslosenquote in der Eurozone steigt

Indes ist die Arbeitslosenquote in der Eurozone im Juli den vierten Monat in Folge gestiegen und hat den höchsten Stand seit November 2018 erreicht.

Die Quote habe um 0,2 Prozentpunkte auf 7,9 Prozent zugelegt, teilte das Statistikamt Eurostat mit. Analysten hatten wegen der Folgen der Coronakrise mit einem noch stärkeren Zuwachs der Arbeitslosigkeit gerechnet und eine Quote von 8,0 Prozent erwartet. Allerdings wurde die Quote für Juni etwas nach unten revidiert, von zuvor 7,8 Prozent auf nur noch 7,7 Prozent.

In den Monaten Februar und März hatte die Quote bei jeweils 7,2 Prozent einen Tiefstand erreicht und ist dann in der Coronakrise gestiegen. Zuvor hatte es einen kontinuierlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit in der Eurozone gegeben. Seit dem Rekordhoch von mehr als zwölf Prozent im Jahr 2013 hatte sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt bis zur Coronakrise stetig verbessert.

Infografik: Entwiclung der Arbeitslosenquote seit 2005

Im Euroraum waren laut Eurostat im Juli 12.793 Millionen Menschen arbeitslos. Im Vergleich zum Vormonat stieg die Zahl der Arbeitslosen um 344.000. Nach wie vor bleibt die Jugendarbeitslosigkeit auf einem hohen Niveau. Im Euroraum stieg die Arbeitslosenquote von Personen im Alter von unter 25 Jahren im Juli auf 17,3 Prozent, nach 17,2 Prozent
im Juni.

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben zu einem starken Anstieg der Zahl der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung geführt. Gleichzeitig suchte ein erheblicher Teil derjenigen, die sich bei Arbeitsämtern angemeldet hatten, nicht mehr aktiv nach einem Arbeitsplatz oder war nicht mehr verfügbar, weil sie beispielsweise ihre Kinder betreuen mussten. Dies führt zu Abweichungen bei der Zahl der registrierten Arbeitslosen und derjenigen, die gemäß der Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) als arbeitslos eingestuft werden.

Die Arbeitsmarktdaten von Eurostat basieren auf Erhebungsmethoden der Internationalen Arbeitsorganisation und können nicht mit nationalen Daten der deutschen Bundesagentur für Arbeit verglichen werden.

hf/ul (dpa, afpd, rtrd)