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Trotzige Kritik an US-Senatsbericht

10. Dezember 2014

Während UN und Menschenrechtler betroffen auf den Bericht zu den CIA-Folterverhören reagieren, kommt von früheren Mitarbeitern des US-Geheimdienstes heftiger Widerspruch.

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Ein Häftling in Guantanamo in Fußschellen (Foto: picture alliance/dpa/Michelle Shephard)
Bild: picture alliance/dpa/Michelle Shephard

Frühere Agenten der CIA haben den Senatsbericht über die Folterverhöre des US-Geheimdienstes scharf kritisiert und ihr Vorgehen gerechtfertigt. Der Report enthalte "Fehler" hinsichtlich Fakten und Interpretation der CIA-Arbeit und widerspreche der Realität, erklärte eine Gruppe früherer Agenten auf der Internetseite CIASavedLives.com ("Die CIA hat Leben gerettet").

Die umfangreiche Internetseite ging als Reaktion auf den Untersuchungsbericht des Senats online, der am Dienstag nach langem Ringen zwischen Parlament und Geheimdiensten veröffentlicht worden war. Die früheren Agenten holten nun zum Gegenschlag aus: Mit dem CIA-Programm hätten nicht nur ranghohe Anführer des Terrornetzwerks Al-Kaida gefangen genommen werden können, hieß es auf der Internetseite. Es habe auch dabei geholfen, Al-Kaida-Chef Osama bin Laden zu finden.

Tenet: Präsident und Kongress waren eingebunden

Die CIA-Vertreter hinter der Website betonten außerdem, dass das Weiße Haus und das US-Justizministerium von Beginn an eingebunden gewesen seien. So erklärte der frühere CIA-Chef George Tenet dort, dass der Präsident das Programm geleitet habe. Auch die Führung im Kongress sei "regelmäßig und genau" über das Vorgehen der CIA unterrichtet worden. In dem Bericht des Senats hieß es hingegen, Bush habe erst im April 2006 von den Verhörmethoden erfahren. Der Präsident habe sich damals unwohl gefühlt, als er das Bild eines "an die Decke geketteten Gefangenen in Windeln" zu sehen bekommen habe, hieß es.

Die 500-seitige Zusammenfassung des Senatsberichts gibt der Öffentlichkeit erstmals einen detaillierten Einblick, wie die CIA unter der Regierung von Präsident Bush nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein weltweites System von Geheimgefängnissen aufbaute. Dort wurden mutmaßliche Al-Kaida-Anhänger in einem praktisch rechtsfreien Raum festgehalten und brutal verhört.

Republikaner: Ein politischer Angriff auf die CIA

Die Republikaner kritisierten den Bericht als einen "politischen Angriff" auf die CIA und sprachen von einer einseitigen Sichtweise. Diese habe zu "falschen Analysen, ernsthaften Ungenauigkeiten und falschen Darstellungen der Fakten" geführt, hieß es in einer Erklärung des obersten Republikaners im Senat, Mitch McConnell, und des Senators Saxby Chambliss.

Der Mehrheitsführer im US-Senat, der Republikaner Mitch McConnell (Foto: Reuters/S. Stapleton)
Mehrheitsführer im Senat: Der Republikaner McConnellBild: Reuters/S. Stapleton

Lediglich der republikanische Senator John McCain, selbst ein früherer Kriegsgefangener, lobte die Veröffentlichung des Berichts. Er wisse aus eigener Erfahrung, dass der Missbrauch von Häftlingen bei der Geheimdienstarbeit nicht zum Erfolg, sondern eher zum Gegenteil führe, erklärte er.

Strafrechtliche Konsequenzen gefordert

US-Präsident Barack Obama, der das CIA-Programm bereits nach seinem Amtsantritt Anfang 2009 beendet hatte, sprach erneut von brutalen Praktiken. Viele Verantwortliche hätten nach den Anschlägen 2001 in einer unsicheren Zeit "sehr hart für unsere Sicherheit gearbeitet", sagte er dem Sender Telemundo. Jedoch seien dabei Schritte unternommen worden, die den Werten der USA widersprächen.

Die UN und Menschenrechtsorganisationen verlangten unterdessen strafrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen. Der Senatsbericht belege, dass damals "systematische Verbrechen und grobe Verletzungen der internationalen Menschenrechtsgesetze" begangen worden seien, erklärte der UN-Sonderberichterstatter für Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte, Ben Emmerson. Die US-Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) nannte den Bericht schockierend, auch Amnesty International und Human Rights Watch forderten eine Strafverfolgung.

Kritik kommt auch aus Deutschland. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, nannte die Folterpraxis der CIA grauenhaft und unentschuldbar. "Das gilt in besonderer Weise für ein Land, das den westlichen Werten und dem internationalen Völkerrecht verpflichtet ist." Der SPD-Politiker fügte hinzu: "Folter muss ohne Einschränkungen international geächtet werden. Die Beteiligten an diesen systematischen Verbrechen müssen vor Gericht. Ich erwarte, dass sich die Bundesregierung für eine Strafverfolgung der Verantwortlichen einsetzt."

Die polnische Staatsanwaltschaft hat unterdessen angekündigt, den gesamten, ungekürzten Bericht prüfen zu wollen. Ein entsprechender Antrag werde bei den US-Behörden gestellt, sagte ein Behördensprecher in Krakau. Die Ermittler hoffen auf neue Fakten und Beweise für die seit Jahren laufenden Untersuchungen über geheime CIA-Gefängnisse in Polen. Die Staatsanwaltschaft in Krakau ermittelt seit 2008 zu Vorwürfen, dass auch auf einer ehemaligen Militärbasis in Nordostpolen Terrorverdächtige gefangen gehalten und gefoltert wurden.

sti/cr (afp, dpa, rtr)