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Politik

Trump besucht ein Land im Stillstand

Samira Shackle pgr
3. Juni 2019

In London wird der US-Präsident wieder von Protesten empfangen werden. Was der Staatsbesuch bringen wird, ist unklar. Premierministerin May hatte Trump eingeladen, bevor das Land im Brexit-Chaos versank.

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Donald Trump zu Besuch in Großbritannien
Donald und Melania Trump bei ihrer Ankunft am Stansted Airport in LondonBild: Reuters/H. McKay

Als US-Präsident Donald Trump im Juli 2018 das Vereinigte Königreich zuletzt besuchte, erwarteten ihn große Proteste: Zehntausende versammelten sich in den Straßen von London, um gegen ihn zu demonstrieren. Ein sechs Meter großer "Baby-Trump"-Ballon, der den Präsidenten in Windeln darstellte, wurde vor dem Parlamentsgebäude aufgepumpt. Als Trump in seinem eigenen Hotel in Schottland Golf spielte, flog ein Demonstrant mit einem Gleitschirm über das Gelände.

Unbeirrt von diesem kreativen Protest ist Trump nun wieder nach Großbritannien gekommen - diesmal begleitet von seiner Frau Melania. Der Staatsbesuch dauert drei Tage. Zu solchen formalen Besuchen kann nur die Königin höchstpersönlich einladen, auf Vorschlag der Regierung. Staatsbesuche sind geprägt von Zeremonien, wie einer Kutschfahrt durch London oder einem Bankett im Buckingham Palace. Aber die Regierung nutzt sie auch, um nationale Interessen zu verfolgen.

Der Präsident und die First Lady wurden zunächst feierlich im Buckingham-Palast empfangen. Anschließend ist dort unter anderem mit der Queen ein Mittagessen angesetzt. Geplant sind auch ein Besuch der Westminster Abbey in London und ein Treffen mit Prinz Charles. Für den Abend ist ein Staatsbankett im Buckingham-Palast angesetzt.

Mays letzter Staatsgast

Als Premierministerin Theresa May den Besuch des US-Präsidenten im April ankündigte, sagte sie, es sei eine "Möglichkeit, die bereits enge Bindung zu den USA in den Bereichen Handel, Investitionen, Sicherheit und Verteidigung weiter zu stärken". Aber seitdem hat sich die politische Situation im Königreich verändert. In der Zwischenzeit hat May einen Termin für ihren Rücktritt festgelegt. Am 7. Juni wird sie die Downing Street 10 verlassen, nur zwei Tage nach Trumps Besuch.

Großbritannien London Trump Baby Ballon
"Baby Trump" mit Windeln: Das Bild des Protest-Ballons geht um Juli 2018 um die WeltBild: picture-alliance/ZUMA/London NEws Pictures/J. Goodman

"Die Bedeutung des Besuchs hat sich geändert seit zum ersten Mal darüber gesprochen und ein Datum festgelegt wurde", sagt Matthew Cole, Geschichtsdozent an der Universität von Birmingham. "Der ursprüngliche Plan war wohl, nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU Unterstützung von der größten Wirtschaftsmacht der Welt zu erhalten." Davon ist bisher nichts eingetreten. "In diesem Bedeutungsvakuum wird Trumps unvorhersehbares Verhalten sehr wichtig werden", erklärt Cole. "Wen wird er zum Beispiel privat treffen? Nigel Farage oder sogar Boris Johnson?"

Protest - der neue Normalzustand

Demonstranten haben angekündigt, wieder eine große Zahl an Menschen zu mobilisieren. Das Team hinter dem "Baby Trump"-Ballon sammelt Geld, um den windeltragenden Präsidenten aus Plastik erneut in die Luft zu lassen. Die Organisatoren wollen den Trafalgar Square besetzen und versprechen dabei eine "Atmosphäre wie im Karneval".

"Bei unserem Protest geht es nicht nur um Trump - unsere Bewegung hat sich nie nur gegen einen Mann gerichtet", sagt Shaista Aziz, Mitglied der sogenannten "Stop Trump Koalition". "Wir demonstrieren gegen Trumps Staatsbesuch, aber auch gegen eine Politik des Hasses und der Spaltung." Dazu zähle die Gier von Unternehmen, das Leugnen des Klimawandels, feindselige Stimmungen gegen Flüchtlinge, offener Rassismus, Attacken auf Frauenrechte und gegen Trans- und Homosexuelle. "Das alles sehen wir hier in Großbritannien, in den USA, überall in Europa, in Brasilien, in Indien und anderen Ländern", erklärt Aziz.

Bildergalerie Großbritannien Anti-Trump Proteste in London
Breite Ablehnung in London: Proteste im Juli 2018 gegen US-Präsident TrumpBild: Reuters/S. Dawson

Der Staatsbesuch hat lange auf sich warten lassen. Theresa May lud Trump bereits im Januar 2017 ein. Damals besuchte sie als erste ausländische Regierungschefin den Präsidenten in Washington. Trump ist erst der dritte US-Präsident, dem ein Staatsbesuch zuteil wird, nach George W. Bush im Jahr 2003 und Barack Obama 2011.

Ungewöhnlicher Besuch

Kurz vor dem Rücktritt der Premierministerin, während alle Lager ihr politisches Erbe in Frage stellen, passe der Besuch eines unbeliebten US-Präsidenten nur zu gut zum aktuellen Stillstand des Landes. "Eine gescheiterte Premierministerin empfängt einen gescheiterten Präsidenten in der Downing Street", sagt Aziz. May habe nichts getan, um die Wunden des stark gespaltenen und krisengebeutelten Landes zu heilen. Die Regierung habe Trumps Staatsbesuch zunächst als Druckmittel eingesetzt, um einen Handelsvertrag nach dem Brexit auszuhandeln und die Freundschaft zwischen den beiden Ländern zu vertiefen, meint Aziz. "Nun löst sich der Brexit in seiner ursprünglichen Form auf, auch die Regierung löst sich auf."

Treffen mit dem US-Präsidenten - May bei Trump
Theresa May im Weißen Haus: 2017 war sie Trumps erster ausländischer StaatsgastBild: Reuters/K. Lamarque

Obwohl Trump viele der Ehren eines offiziellen Staatsbesuchs gewährt werden, ist manches doch ungewöhnlich. John Bercow, der Sprecher des Unterhauses, sagte, er würde es "stark ablehnen", dass Trump, wie üblich für einen Staatsgast, vor dem Parlament spreche. Der Präsident sei zu rassistisch und sexistisch, sagte Bercow. Eine endgültige Entscheidung in der Frage steht noch aus.

"Menschlicher Spielball Trump"

"An Trump, seiner Präsidentschaft und diesem Staatsbesuch ist nichts normal", sagt Aziz. "Trump wird von den Demonstranten ferngehalten und wird auch das Parlament nicht besuchen. Das zeigt, wie sehr Großbritannien Trump und seine Politik ablehnt."

Während seines letzten Arbeitsbesuchs sorgten Fotos für Aufruhr, auf denen Trump und May Hand in Hand zu sehen waren. Es zeigt, wie eine vermeintlich bedeutungslose Geste die Nachrichten dominieren kann. "Jede Geste und jedes Wort eines US-Präsidenten kann eine starke Reaktion zur Folge haben", sagt Cole. "Jetzt steckt Großbritannien in einer chaotischeren, weniger vorhersehbaren Situation des Umbruchs. Dort hinein wird nun der menschliche Spielball Donald Trump geworfen."