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PolitikChina

Trump oder Harris: Auf wen setzt China?

Yuchen Li aus Taipeh
26. Oktober 2024

Wer immer der nächste Präsident oder die nächste Präsidentin der USA wird, auf einen allzu freundlichen Ton aus Washington kann China nicht hoffen. Dennoch habe Peking Präferenzen, sagen Experten.

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Der chinesische Präsident Xi Jinping im Gespräch mit US-Präsident Jo Biden (Rückansicht), San Francisco, November 2023
Im Gespräch: Der chinesische Präsident Xi Jinping und US-Präsident Jo Biden (Rückansicht), San Francisco, November 2023Bild: Yomiuri Shimbun/AP/picture alliance

In den USA rückt der Tag der Entscheidung näher. In einem beispiellosen Wahlkampf, der die amerikanische Gesellschaft zutiefst spaltet, ringen die demokratische Kandidatin Kamala Harris und der republikanische Ex-Präsident Donald Trump um den Einzug ins Weiße Haus. So zerstritten beide Lager in den meisten politischen Fragen sind, in einem sind sie sich einig: Den wirtschaftlichen und strategischen Druck auf China wollen sie aufrechterhalten.
 
Während seiner Präsidentschaft hatte Trump einen Handelskrieg mit China angezettelt. Auch die Folgeregierung um Präsident Joe Biden, bei dem Harris die Vizepräsidentin ist, setzt auf einen harten Kurs gegenüber Peking. Biden griff zu Maßnahmen, die die Lieferung von Zukunftstechnologien an China durch die US-Firmen und deren Verbündeten praktisch unmöglich machten. 

Noch lässt Harris ihren Chinakurs nicht durchblicken. Bekannt ist nur, dass ihr Vize-Kandidat Tim Walz, derzeit Gouverneur vom US-Bundesstaat Minnesota, lange Jahre mit China geschäftlich zu tun hatte. Walz, Lehrer von Beruf, war in den 1980er-Jahren als Fremdsprachendozent in China tätig. Später organisierte er zivilgesellschaftlichen Austausch zwischen beiden Ländern. 

Welche Zölle wollen Trump und Harris?

Kein klarer Favorit in Pekings Augen

Angesichts parteiübergreifender Geschlossenheit der Chinapolitik favorisiere die Regierung in Peking keinen der beiden Präsidentschaftskandidaten, sagt Diao Daming, Vizedirektor des Zentrums für Amerikastudien an der Renmin University in Peking, im DW-Gespräch.
 
Der strategische Wettbewerb zwischen den USA und China auf der Weltbühne werde auch nach der Wahl fortgesetzt, so Diao. "Wenn es keine grundlegende Veränderung gibt, wird weder der Sieg der einen noch der der anderen Seite nennenswerten Vorteile für China bringen."

Im Wahlkampf haben sowohl Trump als auch Harris betont, Pekings Ambitionen in Asien eindämmen und auf die anhaltende Aggression gegenüber Taiwan reagieren zu wollen. Trump würde auf chinesische Waren Zölle von 200 Prozent erheben, sollte China in Taiwan einmarschieren, sagt er dem Wall Street Journal. Wenn er wieder zum US-Präsidenten gewählt würde, würde China zweimal über Militäraktionen gegen Taiwan nachdenken. "Denn China Präsident Xi Jinping respektiert mich und weiß, dass ich verrückt bin."

China I Peking - Donald Trump trifft Xi Jinping
(Archiv) US-Präsident Donald Trump und der chinesische Staatschef Xi Jinping 2019 in PekingBild: MAXPPP/Kyodo/picture alliance

Trump: "Xi weiß, dass ich verrückt bin"

Generell schlägt Trump einen pauschalen Zollsatz von 10 bis 20 Prozent auf nahezu alle Importe vor. Waren aus China aber sollen mit einem Zoll von 60 Prozent oder mehr belegt werden. Diese Maßnahmen würden die Produktionen im heimischen Markt schützen, so Trump. 

Diao Daming zeigt sich Trumps Ansinnen gegenüber unbeeindruckt: "Sollte er diese Zölle tatsächlich einführen, wird China mit Sicherheit entsprechend reagieren." Bereits während seiner Präsidentschaft 2017 bis 2021 hatte Trump immer wieder Zölle auf chinesische Waren eingeführt. China reagierte mit Gegenzöllen. Die betrafen vor allem landwirtschaftliche Güter wie Sojabohnen aus den USA.

"Trump hatte den strategischen Wettlauf mit China gestartet. Biden setzt ihn in den letzten vier Jahren in die Praxis um", sagt Diao. Wenn Trump ins Amt zurückkehren, würde er Bidens Agenda gegenüber China fortsetzen. "Das wäre dann eine sehr komplizierte Situation."

US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris bei einer Rede in Aston, Pennsylvania, 23.10. 2024
In ihrer außenpolitischen Ausreichung weitgehend unbekannt: Kamala Harris Bild: Matt Rourke/AP Photo/picture alliance

Harris lässt sich nicht durchblicken

Seit Kamala Harris im Juli ihren Wahlkampf startete, hat sie sich zu China sehr zurückhaltend geäußert. Sie versprach, dafür zu sorgen, dass "Amerika und nicht China den Wettbewerb des 21. Jahrhunderts gewinnt". Es sei schwierig, Harris' Verhalten gegenüber China vorherzusagen, sollte sie zur Präsidentin gewählt werden, sagt Diao. "Ihre außenpolitische Richtung ist weithin unklar." Traditionell ist die Außenpolitik nicht wirklich relevant für den Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA. 

Allgemein angenommen wird aber, dass Harris die unter der Biden-Regierung eingeführte Politik beibehält, einschließlich der Zölle auf chinesische Importe und der Blockade von Chinas Zugang zu wichtiger Halbleitertechnologie. So beschloss US-Präsident Biden noch im September die Anhebung der Zölle auf bestimmte in China hergestellte Produkte. Die E-Autos "Made in China" werden mit Einfuhrzöllen von 100 Prozent belegt. Auch Kanada und die EU-Kommission führten ähnliche Strafzölle ein. 

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Peking wolle die USA schwächen

Aus ideologischen Gründen sei China für den "verrückten" Donald, sagt Politikwissenschaftler Wu Qiang, der an der Pekinger Tsinghua Universität unterrichtet hatte. China wolle die Demokratie in den USA schwächen. "Die Rückkehr von Trump wäre ein großer Vorteil für China, da dies eine tiefere Spaltung der amerikanischen Demokratie bedeuten würde." 

Dann würden die USA Schritt für Schritt von ihren internationalen Verbündeten, auch von Europa, isoliert. Schon in seiner ersten Amtszeit von Trump zogen sich die USA aus mehreren internationalen Abkommen zurück. Die NATO-Verbündeten in Asien und Europa forderte er zu mehr Zahlungen auf und drohte mit dem Entzug der Sicherheitsgarantie. 

Seit Trumps erster Präsidentschaft habe sich die internationale geopolitische Landschaft erheblich destabilisiert, sagt Elizabeth Liz Larus vom Global China Hub des Atlantic Council. Darum dürften Trumps außenpolitische Berater ihn dazu drängen, Rücksicht auf die Verbündeten zu nehmen. "Ich glaube nicht, dass Trump die Uhr zurückdreht und nicht mehr mit den US-Verbündeten arbeiten wird", so Larus zur DW.

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Pragmatismus hoch im Kurs

Die pragmatische Ausrichtung der Außen- und Verteidigungspolitik von Harris dagegen finde in Peking mehr Zuspruch, sagt Larus. "Denn sie wird eher mit China zusammenarbeiten, so wie es - mit Ausnahme von Donald Trump - auch alle anderen US-Präsidenten getan haben".
 
"Als Biden von der Demokratischen Partei als Kandidat aufgestellt wurde, gab er sich China gegenüber hart. Es schien fast so, als wollten Trump und Biden beweisen, wer der Entschiedenere ist", sagt Larus. "Dieses Gefühl hat man bei Harris nicht. Ihre politische Agenda ist viel stärker auf das Inland ausgerichtet."
 
Auch in der Taiwan-Frage gilt die amtierende Vizepräsidentin mit Blick auf die militärische Unterstützung für die Insel als zurückhaltender als Biden. Dieser hatte wiederholt angedeutet, die US-Streitkräfte würden Taiwan im Falle eines Angriffs durch China verteidigen. 
 
Harris wolle dagegen die Beziehungen zwischen den USA und China neu ordnen, so Larus. "Wäre ich die Kommunistische Partei Chinas, würde ich denjenigen bevorzugen, der sich engagiert. Ich würde zu ihm gehen und sagen: 'Wir reformieren unsere Märkte und suchen eine friedliche Lösung für die Taiwan-Frage. Lasst uns ein paar Cocktails trinken", sagt Larus.

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Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp