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Politik

Trumps Iran-Rede: "Maximaler Druck"

14. Oktober 2017

Nach Trumps Rede zum Atomabkommen mit dem Iran werden die Hardliner in beiden Ländern an Aufwind gewinnen, erklärt Marco Overhaus von der Stiftung Wissenschaft und Politik im DW-Gespräch. Das Abkommen wackelt weiterhin.

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USA PK Präsident Trump über Atomabkommen mit Iran
Bild: Reuters/K. Lamarque

Deutsche Welle: US-Präsident Trump hat den Iran in seiner Rede zwar angegriffen, aber dennoch das Abkommen nicht aufgelöst. Wie erleichtert kann man nun sein?

Marco Overhaus: Das Problem ist aufgeschoben - aber nicht aufgehoben. Trump hat in seiner Rede behauptet, dass der Iran sowohl gegen den Buchstaben als auch gegen den Geist des Nuklearabkommens verstoßen hätte. Er will jetzt über den Weg des US-Kongresses, also über die Verschärfung eines nationalen Gesetzes, die aus seiner Sicht bestehenden Schwächen des Abkommens beheben. Das wäre der Versuch, einseitig ein multilaterales Abkommen zu verändern. Es könnte über kurz oder lang immer noch dazu führen, dass die USA sich einseitig aus diesem Abkommen zurückziehen. Man muss abwarten, wie der amerikanische Kongress jetzt handeln und reagieren wird.

Und das ist schwer absehbar: Die Republikaner werden vermutlich versuchen, das bestehende Gesetz - also den sogenannten Iran Nuclear Agreement Review Act - zu ergänzen und zu verschärfen. Bestimmte Forderungen an den Iran würden somit in einem amerikanischen Gesetz zusätzlich festgeschrieben. Wenn der Iran diese Forderung nicht erfüllt, dann würden die USA wieder einseitig Sanktionen einführen, die sie vorher ausgesetzt hatten. Das wäre ja faktisch der Rückzug der USA aus diesem Abkommen. Um das Gesetz zu ändern, brauchen die Republikaner jedoch eine 60-Stimmen-Mehrheit im Senat, die sie nicht haben. Sie benötigen also die Unterstützung der Demokraten - und ob sie die bekommen ist, ungewiss.

Trumps Strategie ist es nun, maximalen Druck auf den amerikanischen Kongress und auf die europäischen Verbündeten auszuüben - um das aus seiner Sicht "schlechte Abkommen" besser zu machen. Das hat er dadurch unterstrichen, dass er gedroht hat: Wenn der Kongress nicht handelt und wenn die europäischen Verbündeten nicht handeln - dann würde er seine präsidentielle Macht nutzen, um sich aus dem Abkommen zurück zu ziehen.

Welche Reaktion ist aus dem Iran zu erwarten?

Wie der Iran reagieren wird, lässt sich noch nicht völlig absehen. Trump hat angekündigt, die Iranischen Revolutionsgarden in ihrer Gänze zu sanktionieren - und nicht nur einzelne Vertreter. Das wäre ein neuer Eskalationsschritt im Verhältnis zum Iran. Die Iranischen Revolutionsgarden sind der Sicherheitsapparat, der dem Revolutionsführer unterstellt ist und über eine eigene Armee und Marine verfügt. Die Revolutionsgarden sind nicht nur ein sehr zentraler Bestandteil des politischen Systems, sondern auch des Wirtschaftssystems des Iran. Eine solche Eskalation wird Iran sicherlich nicht unbeantwortet lassen. Die Sorge, die auch jetzt in Washington geäußert wird, ist, dass der Iran die Situation eskalieren lässt und amerikanische Truppen, die im Mittleren Osten stationiert sind, über die Revolutionsgarde angreifen könnte.

Inwieweit wird sich das Verhältnis zwischen USA und Iran nun verändern?

Das Verhältnis war immer - auch unter Obama - sehr angespannt und schwierig. Nach der Rede wird das Verhältnis noch weiter auf Talfahrt gehen. Die Falken, sowohl in Washington als auch in Teheran, haben jetzt durch diese Rede Aufwind bekommen. Die Falken im Iran, die immer gesagt haben, den USA könne man nicht trauen, fühlen sich durch die Rede von Trump und die Iran-Strategie, die er parallel veröffentlicht hat, bestätigt. Die Moderaten in Teheran werden vermutlich eher geschwächt werden. Und spiegelbildlich ergibt sich ein ähnliches Bild auch in Washington.

Das Risiko, dass das Nuklearabkommen mit dem Iran über mittlere Sicht scheitert, ist seit der Rede erstmal deutlich größer geworden. Denn selbst wenn die USA sich vorerst nicht einseitig aus den Nuklearvereinbarungen zurück ziehen, kann so eine Vereinbarung auf Dauer natürlich nicht funktionieren, wenn die eine Seite der anderen stetig vorwirft, gegen das Abkommen zu verstoßen. Die Aussichten, dass das Nuklearabkommen Bestand haben wird, haben sich deutlich verschlechtert.

Wie stark wird das Vertrauen in die USA mit einer solchen riskanten Strategie erschüttert - gerade auch in Bezug auf den Nordkorea-Konflikt?

Porträt Marco Overhaus
Marco Overhaus, Stiftung Wissenschaft und PolitikBild: Stiftung Wissenschaft und Politik

Ich bin der Auffassung, dass die Situation mit Blick auf Iran eine ganz andere ist als mit Blick auf Nordkorea. Nordkorea hat bereits Atomwaffen und ist in dieser Hinsicht sehr weit voran geschritten. Iran hat dagegen noch keine Atomwaffen. Aber natürlich spielt Vertrauen immer eine wichtige Rolle, auch das Vertrauen zwischen den USA und den europäischen Partnern. Und der Weg, der sich jetzt in Trumps Iranpolitik abzeichnet - nämlich einseitig ein multilaterales Abkommen zu verändern - ist nicht dazu geeignet, im transatlantischen Verhältnis besonders viel Vertrauen zu schaffen.

Welche Fragen kommen nun auf Europa zu?

Die Frage für die EU-Staaten - und das betrifft nicht zuletzt Frankreich, Großbritannien und Deutschland, also die europäischen Staaten, die das Nuklearabkommen unterzeichnet haben - ist, wie sie sich angesichts dieser neuen Iran-Strategie der Trump-Administration positionieren.

Wäre die EU bereit, Sanktionen, die außerhalb des Atomabkommens liegen, zu verschärfen? Europa verfolgt in Syrien und andernorts einen Ansatz, der offene Gesprächskanäle vorsieht – auch mit Iran. Eine amerikanische Politik, die jetzt einseitig auf die Isolation Teherans setzen würde, wäre nicht im Interesse der meisten EU-Staaten. Europa muss sich nach dieser Rede politisch und sicherheitspolitisch klar positionieren, wie es mit dem Iran umgehen will.

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel will nun auf den US-Kongress einwirken. Welchen Einfluss haben die Deutschen in diesem Punkt?

Der deutsche und europäische Einfluss auf den amerikanischen Kongress ist natürlich sehr begrenzt. Aber er ist auch nicht gleich null. Es gibt viele einflussreiche Senatoren und Mitglieder des Repräsentantenhauses, die verhindern wollen, dass sich die USA international isolieren. Insofern ist es schon ein gewichtiges Argument, wenn europäische Diplomaten den amerikanischen Freunden im US-Kongress deutlich machen, dass die USA mit ihrer Iran-Politik auch eine internationale Isolierung riskieren. Insofern ist es wichtig und richtig, Einfluss zu nehmen.

Der Politikwissenschaftler Dr. Marco Overhaus arbeitet bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf den USA und den transatlantischen Beziehungen.

 

Stephanie Höppner Autorin und Redakteurin für Politik und Gesellschaft