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Produktionsstopp bei VW und Škoda

Aureliusz M. Pędziwol
19. März 2020

Der Coronavirus macht auch vor den Autoherstellern in Osteuropa nicht halt. Slowakische und tschechische Werke schließen. Als erstes hat Volkswagen Slovakia seine Mitarbeiter nach Hause geschickt.

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Bildergalerie Volkswagen Slovakei
Bild: picture-alliance/dpa

Volkswagen hat alle drei seiner slowakischen Werke - Bratislava, Stupava und Martin - bereits am Dienstag (17.03.20) zugemacht, noch bevor die Zentrale in Wolfsburg informierte, dass alle europäischen Betriebe bis zum Freitag stillgelegt werden.

Die tschechische VW-Tochter Škoda Auto folgte am Mittwoch. Dass das wichtigste Unternehmen Tschechiens in den Zwangsurlaub geht, informierte der Chef seiner Betriebsgewerkschaft, Jaroslav Povšík, schon am Vortag. Der Firmenvorstand bestätigte es erst später.

Etwa zeitgleich kam die Nachricht von Audi Hungaria, dass das Werk in Győr am Montag, den 23. März, ebenfalls schließen werde. Damit würde sich Audi Hungaria den Betrieben in Ingolstadt, Neckarsulm, Brüssel und Mexiko anschließen.

Slowakei: Zwei Großbetriebe stehen schon

Die anderen Autohersteller zögerten zunächst. Noch am Montag plante die französische PSA bis zum 27. März in Trnava (Slowakei) zu arbeiten. Aber am Dienstag kam die Entscheidung, bereits an diesem Donnerstag zu schließen.

Für Jaguar Land Rover (JLR) in Neutra (Nitra) sowie KIA Motors in Sillein (Žilina), beide ebenfalls in der Slowakei, kam eine vorübergehende Werkschließung zunächst nicht in Betracht. Aber schon am Mittwochabend informierte Peter Mrázik aus der Gewerkschaftszentrale AIOS über die Entscheidung des Vorstands, die Produktion bei JLR am 20. März zu unterbrechen. Hersteller KIA schliesst am 23. März.

Auf der Liste der slowakischen Großunternehmen, die nicht schließen, bleiben eigentlich nur noch zwei Namen: U.S. Steel, das amerikanische Stahlwerk in Kaschau (Košice), sowie Slovnaft, eine Raffinerie in Bratislava, die dem ungarischen Erdölkonzern MOL gehört. Im Stahlwerk darf man keine Unterbrechung der Technologiezyklen zulassen, weil dies zu irreparablen Schäden führen würde, erklärte der Vorstand. Auch Slovnaft plant zurzeit keinen Urlaub.

Abhängigkeit von einer Branche

Die Slowakei ist Weltspitze bei der Autoproduktion pro Kopf: Auf tausend Einwohner kommen dort 202 hergestellte Autos pro Jahr. Insgesamt haben VW, KIA, PSA und Jaguar 2019 mehr als 1,1 Millionen PKW hergestellt. Produziert werden nicht nur Kleinwagen.

Volkswagen Slovakia hat in seiner Produktpalette Stadtautos wie VW up!, Škoda Citigo und Seat Mii, aber auch hochpreisige Pkws wie Porsche Cayenne, Volkswagen Touareg sowie Audi Q7 und Q8. Darüber hinaus gibt es im Lande 343 Zulieferer, die fast zu 60 Prozent des Branchenumsatzes bringen. Die Autoindustrie machte im Vorjahr 49,5 Prozent des Umsatzes der gesamten slowakischen Industrie aus. Ihr Anteil am slowakischen Export betrug 46,6 Prozent.

Die slowakische Wirtschaft ist also von einer einzigen Industriesparte abhängig, die noch dazu sehr verletzbar ist, wie die Weltfinanzkrise 2008 gezeigt hat. Sollte der Zwangsurlaub nicht bis zu Ostern enden, könnte dies für das ganze Land schwere Folgen haben.

Škoda Auto - ein Zehntel Tschechiens

Aber nicht nur die Slowakei ist in der Gefahr. Im Nachbarland Tschechien ist die Lage noch gravierender, denn die Abhängigkeit beschränkt sich nicht auf eine einzelne Branche, sondern sogar nur auf eine einzelne Firma. Die in Jungbunzlau (Mladá Boleslav) ansässige Tochter Volkswagens ist nicht von ungefähr der Stolz der tschechischen Wirtschaft.

Škoda ist wahrscheinlich die einzige große Globalmarke Mitteleuropas. Citigos, Fabias, Octavias, Karoqs oder Kodiaks werden nicht nur in Tschechien produziert, sondern auch in China und Indien, in Russland und in der Ukraine, in Algerien, in der Slowakei, sowie - last not least - in Deutschland (im VW-Werk in Osnabrück wird der SUV Karoq endmontiert). 2018 verkaufte Škoda Auto weltweit 1,25 Millionen Autos in rund 100 Ländern der Welt.

Ohne Škoda Auto wäre die Wirtschaft Tschechiens um ein Zehntel kleiner und der tschechische Export um ein Elftel. Es ist das größte Unternehmen und zumindest schon seit einem Vierteljahrhundert auch der größte Exporteur Tschechiens. Škoda wird wahrscheinlich die Führung in beiden Rankings noch lange behalten.

Und vielleicht auch bald zum größten Arbeitgeber des Landes werden. Laut Czech Top 100 vom Juni 2019 beschäftigte der vom jetzigen Ministerpräsidenten Andrej Babiš geschaffene Agrarkonzern Agrofert 32.770 Mitarbeiter und Škoda Auto 32.599.

Außer Škoda gibt es in Tschechien noch eine TPCA-Fabrik in Kolin, ein Joint Venture von PSA und Toyota, das 210.000 Stadtautos Toyota Aygo, Peugeot 108 und Citroën C1 herstellt, sowie Hyundai in Noschovitz (Nošovice), das im Vorjahr 309 000 PKWs produzierte.

Corona-Wirtschaftsschock

"Die Coronavirus-Pandemie ist ein schwerer Schock für die Weltwirtschaft und damit für die Volkswirtschaften Zentraleuropas", warnt das Zentraleuropainstitut IEŚ aus Lublin in Ostpolen in einer Analyse. Alle Länder der Region sind sehr stark vom Export abhängig.

"Große Bedeutung der Auslandsnachfrage für das Wachstum dieser Wirtschaften bedeutet heute ein großes Risiko, das mit eventuellen Kosten seiner Störung und Unterbrechungen der Lieferketten verbunden sind. Das trifft unter anderen auf die Staaten der Visegrád-Gruppe (Slowakei, Tschechien, Polen, Ungarn) zu, für welche die Staaten der Eurozone Schlüsselpartner sind, darunter vor allem Deutschland", meint die Expertin des Instituts, Marlena Gołębiowska.