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Tsipras glaubt an neue Verhandlungen

5. Juli 2015

Nach dem klaren Votum der Griechen gegen die internationalen Sparvorgaben will Regierungschef Tsipras nun eine Umstrukturierung der Schulden. Vor allem müssten die Banken wieder aufmachen, fordert er.

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Premier Tsipras bei einer TV-Ansprache nach dem Referendum am 7.7.15 (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/ERT/Pool

Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras will nach dem Nein seines Volkes zu den Sparvorgaben der internationalen Gläubiger neue Verhandlungen. Oberste Priorität habe nun die Wiederöffnung der Banken, erklärte er in einer Fernsehansprache. Athen sei zu Reformen bereit. Dringend notwendig seien Investitionen sowie die Umstrukturierung der Schulden. Tsipras will am Montag die Chefs aller Parteien seines Landes informieren. Er sagte, das Referendum habe keine Sieger und Verlierer. Das griechische Volk habe unter schwierigsten Bedingungen bewiesen, dass die Demokratie sich nicht erpressen lasse. "Die nationale Einheit muss bewahrt werden", mahnte der Premier.

Tsipras wies Ansichten zurück, dass es bei der Abstimmung um die Frage gegangen sei, ob Griechenland im Euro-Raum bleibe. Er sei sich dessen bewusst, dass das Ergebnis des Referendums kein "Mandat zum Bruch" mit den Gläubigern, sondern ein Mandat für eine Einigung mit sozialer Gerechtigkeit sei. Auf Twitter verwies Tsipras darauf, dass selbst der Internationale Währungsfonds (IWF) festgestellt habe, dass Griechenlands Schuldenlast nicht tragbar sei.

Varoufakis will "Wunden heilen"

Auch Finanzminister Gianis Varoufakis kündigte neue Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern an. "Ab morgen fangen wir an, unsere Wunden zu heilen", sagte Varoufakis im griechischen Fernsehen. Europa dürfe nicht mehr ein riesiger eiserner Käfig der Sparpolitik sein. Seine Regierung habe sich fünf Monate lang für gelockerte Sparvorgaben eingesetzt. Doch die Gläubiger hätten am 25. Juni ein Ultimatum gestellt, ihr Sparprogramm zu akzeptieren. "Sie haben unsere Banken geschlossen. Sie wollten uns erniedrigen", sagte Varoufakis. Nun habe das griechische Volk das Ultimatum zurückgewiesen.

Derweil ist Oppositionsführer Antonis Samaras, der sich für ein Ja bei der Abstimmung ausgesprochen hatte, als Parteichef der Konservativen zurückgetreten. Der frühere Regierungschef sagte, er verstehe, dass seine Partei Nea Dimokratia (ND) "einen Neuanfang braucht". Er gebe daher die Parteiführung ab. Vorläufiger neuer Parteichef werde der frühere Parlamentspräsident Evangelos Meimarakis, sagte Samaras. Er forderte die Partner in der EU auf, der Regierung unter dem linken Regierungschef Tsipras zu helfen, "eine tragfähige Lösung" für den griechischen Schuldenberg zu finden.

Samaras hatte Milliardenhilfen mit ausgehandelt

Samaras war zwischen 2012 und 2015 Ministerpräsident. Er war damit an den Verhandlungen über Milliardenhilfen für Griechenland beteiligt. Abgelöst wurde er als Regierungschef von der jetzigen Regierung unter Ministerpräsident Tsipras, die mit dem Versprechen angetreten war, die Sparpolitik zu beenden.

Viele Griechen verfolgten am Bildschirm gebannt die Bekanntgabe der Teilergebnisse (Foto: Reuters)
Viele Griechen verfolgten am Bildschirm gebannt die Bekanntgabe der TeilergebnisseBild: Reuters/J.-P. Pelissier

In Griechenland war die Freude über den Ausgang des Referendums bei vielen groß. Nach Angaben der Polizei versammelten sich rund 5000 Menschen auf dem Syntagma-Platz im Stadtzentrum. Sie schwenkten griechische Flaggen und hielten Schilder mit Sprüchen wie "Banken ins Gefängnis" in den Händen. Verteidigungsminister Panos Kammenos erklärte, die Griechen hätten "gezeigt, dass sie sich nicht Erpressung, Terror und Drohungen beugen". Die Demokratie habe gewonnen.

Bei dem Referendum haben sich 61,31 Prozent der Griechen für ein Nein ausgesprochen. Mit Ja stimmten 38,69 Prozent, hieß es nach Auszählung aller Wahlzettel auf der Internetseite des Innenministeriums in Athen. Die Wahlbeteiligung wurde amtlich mit 62,5 Prozent angegeben.

Ago/SC (afp, dpa, rtre)