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Tsipras und die Abweichler

Jannis Papadimitriou14. August 2015

Nach der Abstimmung im Athener Parlament steuert Griechenland vermutlich auf Neuwahlen zu. Ministerpräsident Tsipras will für Klarheit sorgen - vor allem in der eigenen Partei. Aus Athen berichtet Jannis Papadimitriou.

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Griechische Fahnen vor dem Parlament in Athen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Robert Geiss

Auch bei dieser Abstimmung heute im Parlament über eine neue Kreditvereinbarung mit den Geldgebern hat der Linkspremier nur mit Hilfe der Oppositionsstimmen eine Mehrheit bekommen. . Insgesamt 44 Abgeordnete der Regierungspartei - mehr als jemals zuvor - stimmten gegen das Reformpaket und damit gegen Alexis Tsipras oder enthielten sich ihrer Stimme. Zu den Abweichlern gehören namhafte Politiker der Regierungspartei Syriza wie der Wortführer der radikalen Linken, Panagiotis Lafazanis, Ex-Finanzminister Yannis Varoufakis, der ebenfalls gefeuerte Sozialminister Dimitris Stratoulis sowie Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou. Auch einige seiner einst treuesten Weggefährten, wie der Vizepräsident des Parlaments Alexis Mitropoulos, verweigerten Tsipras diesmal die Gefolgschaft.

Nur wenige Minuten nach der kritischen Abstimmung erklärte Regierungssprecherin Olga Gerovassili, nun werde "alles getan, was in der Geschäftsordnung des Parlaments und in der griechischen Verfassung vorgesehen ist". Der Syriza-Abgeordnete Jorgos Balaouras wurde daraufhin konkreter: "Im September müssen Neuwahlen stattfinden, dazu gibt es keine Alternative mehr", mahnte der Linkspolitiker in einem Radiointerview. In den vergangenen Tagen hatten Regierungsquellen in Athen immer wieder verlauten lassen, Tsipras würde auf Neuwahlen zusteuern, sollten weniger als 120 Linksabgeordnete für sein Sparpaket stimmen. Genau das war bei dieser Abstimmung der Fall.

Griechenland Parlament Alexis Tsipras (Foto: REUTERS/Alkis Konstantinidis)
Schwierige Zeiten: Alexis Tsipras hat auch gegen Abweichler in seiner eigenen Partei zu kämpfen.Bild: Reuters/A. Konstantinidis

Vorher kommt eine Vertrauensabstimmung

Eine offizielle Bestätigung für die Pläne gibt es bislang nicht. Die Syriza-Führungsriege hält sich in der entscheidenden Frage noch bedeckt: Ob und unter welchen Voraussetzungen der Premier Neuwahlen ansetzt. Nur so viel wollte Kulturminister Nikos Xydakis im TV-Sender Skai verraten: "Wichtig ist, eine Regierung zu bilden, die Kohärenz aufweist, die Dinge anpackt und ihr Programm umsetzt. Angesichts der Machtverhältnisse im Parlament kann dieses Ziel nach meiner rein persönlichen Auffassung nur durch Neuwahlen erreicht werden".

Der konservative Politiker Kostis Hatzidakis würde es eher begrüßen, wenn Griechenland nicht schon wieder in Wahlkampfstimmung versetzt wird und stattdessen alle europafreundlichen Kräfte des Landes zu einer breiten Front zusammenschließen, um wichtige Reformen voranzubringen. "Eine Neuwahl würde die Erholung der Wirtschaft erheblich zurückwerfen" mahnt Hatzidakis im TV-Interview. Wer auch immer aus dieser Wahl als Sieger hervorgeht, hätte letzten Endes große Schwierigkeiten, die Probleme des Landes im Alleingang zu lösen.

Vieles deutet darauf hin, dass Ministerpräsident Tsipras nicht direkt zur Neuwahl ansetzt, sondern erst einmal die Vertrauensfrage im Parlament stellt. Dadurch wolle er Druck auf die Abweichler in den eigenen Reihen ausüben, berichtet der Athener TV-Sender Mega: Wer bei der Vertrauensabstimmung gegen die Regierung stimmt, mache sich in den Augen der Linkswähler auch mitverantwortlich für ihren Fall, so das Kalkül des Ministerpräsidenten. Laut übereinstimmenden Medienberichten will Tsipras zunächst abwarten, bis die neue Kreditvereinbarung mit den Geldgebern unter Dach und Fach ist und anschließend die erste Kredittranche am 20. August nach Athen überwiesen wird. Die Vertrauensabstimmung könnte dann Ende August stattfinden, oder auch im Oktober, wenn eine weitere kritische Abstimmung im griechischen Parlament ansteht.

Yanis Varoufakis tritt zurück (Foto: Michael Kappeler/dpa)
Ehemaliger Mitstreiter. Yannis Varoufakis verwehrt seinem ehemaligen Chef die Gefolgschaft.Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Spaltung der Linkspartei ist wahrscheinlich

Bis dahin wird sich der mächtige Syriza-Linksflügel möglicherweise von der Partei abspalten. Bereits am Donnerstag plädierten Ex-Minister Lafazanis und elf weitere Syriza-Politiker für eine "breite Front" und sogar für die Gründung von "Kampfkomitees" gegen die Austeritätspolitik. Rückenwind bekommen sie von der Syriza-Jugendorganisation: In einem öffentlichen Aufruf werfen die jungen Linken den internationalen Kreditgebern vor, einen "Putsch" gegen die Athener Regierung angezettelt zu haben und verlangen den Austritt Griechenlands aus dem Euro und der EU, die sie als "institutionalisierten Neoliberalismus" bezeichnen.

Während der jüngsten Parlamentsdebatte baute auch Parlamentspräsidentin Konstantopoulou ihr eigenes Führungsprofil auf und geriet dabei oft in Konflikt mit ihren eigenen Parteikollegen. Ihrem Fraktionssprecher Nikos Filis warf sie in aller Öffentlichkeit vor, sie persönlich anzugreifen und "erledigen" zu wollen, was Filis als "Lüge" und "ordinären Ausdruck" zurückwies.