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Tsipras: Wollen Einigung, aber…

Jannis Papadimitriou, Athen16. Mai 2015

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras plädiert für einen Kompromiss mit den internationalen Kreditgebern - und definiert erneut seine "roten Linien". Aus Athen berichtet Jannis Papadimitriou.

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Alexis Tsipras spricht auf der Economist-Wirtschaftskonferenz in Athen
Bild: picture-alliance/epa/A. Beltes

"Es scheint, dass wir gemeinsamen Boden in einer Reihe von Fragen gefunden haben" sagte Tsipras am Freitagabend auf einer Wirtschaftstagung in Athen. Das mache ihn "optimistisch, dass wir einer Einigung sehr nahe sind".

Dem Ministerpräsidenten zufolge haben sich seine neue griechische Regierung und die Geldgeber bereits auf Haushaltsziele, Mehrwertsteuersätze und eine Stärkung der Steuerverwaltung verständigt. Dennoch gebe es weiterhin Differenzen. Insbesondere in Pensions- und Arbeitsmarktfragen würde er von seinen Positionen nicht abrücken, erklärte Tsipras.

Zudem nannte er vier Voraussetzungen für eine baldige Einigung mit den Kreditgebern: Niedrigere Überschüsse im Haushalt als ursprünglich vorgesehen, keine Kürzungen von Renten und Gehältern, Umstrukturierung der Staatsschulden sowie ein öffentliches Förderprogramm für Investitionen, vornehmlich in Infrastruktur und neue Technologien.

Tsipras lobt seine "Entscheidung vom 20. Februar"

Seit September 2014 bemüht sich die aus Vertretern der EU, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) bestehende Troika um die sogenannte fünfte Evaluierung des Athener Anpassungsprogramms. Sie hätte zu weiteren Sparmaßnahmen, aber womöglich auch zum erfolgreichen Abschluss des Programms geführt. Nach seinem Wahlsieg am 25.Januar kündigte Tsipras die Zusammenarbeit mit der Troika, doch am 20.Februar einigte er sich mit den Geldgebern auf eine "Verlängerung des Hilfsprogramms" um vier Monate.

Syriza-Unterstützer feiern am 25.01.2015 den Wahlsieg ihrer Partei in Athen
Wahlsieg mit Folgen: Ende Januar gewann die Syriza-Partei die griechischen ParlamentswahlenBild: picture alliance/ZUMAPRESS.com

Aus Sicht der EU-Partner bedeutet dies ein Bekenntnis zu den von der Vorgängerregierung zugesagten Sparauflagen. Doch diese Zwischenvereinbarung wird in Athen anscheinend anders gelesen: Zu den Erfolgen seiner ersten 100 Tage im Amt zählte Tsipras auf der Konferenz auch "die Entscheidung vom 20. Februar", die den Schwerpunkt der Verhandlungen von der fünften Evaluierung auf die Suche nach gemeinsamen Boden verlege - und zwar "auf der Grundlage unserer Vorschläge", so Tsipras. Da sei es nicht hilfreich, wenn man ständig auf Zusagen der Vorgängerregierung hinweise, mahnte der Linkspremier.

Der Energieminister macht nebenbei ein wenig Außenpolitik

Noch viel drastischer formulierte es Energieminister Panagiotis Lafazanis, der als Anführer des mächtigen Linksflügels in der Regierungspartei Syriza gilt: Gewisse "Kreise" in der EU wollten eine "Vormundschaft" Griechenlands - und versuchten wohl "das linke Experiment im Land zu strangulieren", klagte der Minister auf der Konferenz. Zudem setzte der Linkspolitiker eigene außenpolitische Akzente: Dem Nachbarland Türkei warf er Missachtung des Völkerrechts auf Zypern und in der Ägäis "seit Jahrzehnten" vor. Und auch Israel habe Rechtsverstöße im Gazastreifen und in den palästinensischen Gebieten zu verantworten, monierte Lafazanis.

Griechenlands Ministerpräsident Tsipras zu Besuch bei Wladimir Putin
Was wird aus der griechisch-russischen Partnerschaft? Vielleicht nicht viel, sagt Stefan HedlundBild: picture-alliance/dpa/Zemlianichenko

Mit Aussagen zum eigenen Ressort blieb der Energieminister allerdings zurückhaltend. Kaum neue Erkenntnisse lieferte er zur vielbeschworenen Partnerschaft mit Russland und der angekündigten Beteiligung Griechenlands an einer Pipeline, die russisches Gas unter Umgehung der Ukraine über die Türkei nach Westeuropa liefern soll. "Soweit ersichtlich" gäbe es ausreichend Kundschaft für das Projekt, versicherte er immerhin. Skeptisch gegenüber der griechisch-russischen Partnerschaft zeigt sich dagegen Stefan Hedlund, Leiter des Zentrums für russische Studien an der Universität Uppsala.

"Ich bin nicht davon überzeugt, dass diese Kooperationspläne auch realisierbar sind", sagt der schwedische Forscher. Für Griechenland lohne es sich zwar, alle Optionen auf ihren Erfolg hin zu überprüfen. Nur: "Der Vorstoß Moskaus ist auf Widerstand in der EU gestoßen - und der Kreml wäre schlecht beraten, einen Konflikt mit der Brüsseler Regulierungsbehörde auf sich zu nehmen."

Griechenland sucht nach dem richtigen Energiemix

Unterdessen sorgen sich die neu auf den Markt drängenden Anbieter für erneuerbare Energien und Photovoltaik um ihre Zukunftschancen in Griechenland, zumal Lafazanis die führende Rolle des staatlichen Energieanbieters DEH im Energiewettbewerb erhalten und sogar stärken will. Zwar erklärte sich der Minister auf der vom Wirtschaftsmagazin Economist organisierten Konferenz bereit, die Liberalisierung des griechischen Energiemarktes voranzutreiben. Eine Privatisierung des staatlichen Stromanbieters schloss er jedoch ausdrücklich aus. "Privilegien" zugunsten von Privatanbietern kämen auch nicht mehr in Frage, mahnte er. Anwesende Firmenvertreter protestierten lautstark: Immerhin beherrsche der staatliche Anbieter etwa 97 Prozent des griechischen Energiemarktes, da könne man wohl nicht von "Privilegien zugunsten Privater" ausgehen, klagte einer von ihnen.

Panagiotis Lafazanis, Griechenlands Energieminister
Traf auf der Konferenz auch den venezolanischen Botschafter: Panagiotis Lafazanis, Energieminister und Wortführer des linken Syriza-FlügelsBild: picture-alliance/dpa

Rainer Hinrichs-Rahlwes ist Vizepräsident des Europäischen Rates für erneuerbare Energien (EREC). Er plädiert für den Ausbau von Solar- und Windenergie in Griechenland - und warnt vor einem Rückfall auf fossile Brennstoffe. "Das könnte ein oligopol- und braunkohlegetriebener Fehler sein, den Griechenland relativ bald mit teuren Kosten für Braunkohle, Klima- und Gesundheitsschäden bezahlt" sagte der Energieexperte der DW. Griechenland täte gut daran, seine energiepolitischen Ziele aus den EU-Rahmenbedingungen für 2020 zu erfüllen.