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Tsitsi Dangarembga weiter vor Gericht

4. August 2022

Der Prozess gegen Tsitsi Dangarembga geht weiter. Die simbabwische Autorin soll Landfriedensbruch begangen haben. Der deutsche PEN protestiert lautstark.

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Tsitsi Dangarembga
Tsitsi Dangarembga kam zum Prozess in Simbabwes Hauptstadt HarareBild: Privilege Musvanhiri/DW

Tsitsi Dangarembga, die 2021 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, wird in ihrer afrikanischen Heimat öffentlicher Aufruf zu Gewalt, Friedensbruch und Bigotterie vorgeworfen. Das Verfahren soll nun am 10. August mit der Anhörung von Zeugen der Verteidigung fortgeführt werden. "So lebt man in Simbabwe", sagte die 63-jährige Dangarembga - nicht überrascht, aber doch enttäuscht, wie Cornelia Zetzsche, die Writers-in-Prison-Beauftragten des Deutschen PEN-Zentrums berichtet. Zuvor hatte sich die Autorin im Interview mit der Deutschen Welle zuversichtlich gezeigt, dass das Gericht die Anschuldigungen fallenlassen würde.

Cornelia Zetzsche, Vizepräsidentin des PEN-Zentrums Deutschland
Beobachtete das Verfahren in Simbabwe: die Writers-in-Prison-Beauftragte und Vizepräsidentin des deutschen PEN, Cornelia ZetzscheBild: PEN-Zentrum Deutschland

Tsitsi Dangarembga hatte im Juli 2020 an regierungskritischen Protesten teilgenommen und war kurzzeitig verhaftet worden. Sie muss sich vor einem Antikorruptionsgerichtshof in der Hauptstadt Harare rechtfertigen, das direkt Präsident Emmerson Mnangagwa untersteht. Bis zuletzt war offen, ob die Autorin zu der Verhandlung erscheinen würde. Einen früheren Gerichtstermin hatte sie wegen Krankheit versäumt.

Deutsches PEN-Zentrum beobachtet vor Ort

Mit Cornelia Zetzsche hat das Deutsche PEN-Zentrum seine Vizepräsidentin zur Prozessbeobachtung in das südafrikanische Land entsandt. "Ein schwarzer Sonnentag in Harare. Wieder kein Freispruch", erklärte Zetzsche. "Das ist ein zermürbender Prozess mit gefälschten Beweisen und Falschaussagen."

Tsitsi Dangarembga mit einem Protestplakat
Ging für Reformen auf die Straße: die Autorin Tsitsi DangarembgaBild: Zinyange Auntony/AFP

Nach dem Sturz des langjährigen Präsidenten Mugabe und der Machtübernahme durch seinen ehemaligen Weggefährten und Stellvertreter Emmerson Mnangagwa im Jahr 2017 steckt das Land im südlichen Afrika weiter in einer tiefen Krise, unter der die Bevölkerung extrem leidet. 

Human Rights Watch und Amnesty International prangern Menschenrechtsverletzungen in Simbabwe an. In ihren Filmen und Büchern spricht Tsitsi Dangarembga gesellschaftliche Tabuthemen wie etwa Aids und Gewalt gegen Frauen an. Ihre drei Romane zeichnen den Weg der jungen Tambudzai nach, die sich mit einem System konfrontiert sieht, in dem Rassismus, Korruption, Frauenfeindlichkeit und Armut das alltägliche Leben der Menschen weiterhin beherrschen. 

Dorn im Auge der Regierenden

Schon damit ist sie der regierenden ZANU-PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front) ein Dorn im Auge. Vor den Wahlen 2023 spitzt sich die Lage für Oppositionelle und Aktivisten wie Dangarembga zu. "Rechtstaatlichkeit und Meinungsfreiheit haben kein Forum im Simbabwe", so Cornelia Zetzsche.

Tsitsi Dangarembga
Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels: Tsitsi DangarembgaBild: Jens Kalaene/picture alliance/dpa

Das Verfahren gegen Tsitsi Dangarembga erregte international große Aufmerksamkeit, da die Autorin kurz vor ihrer vorübergehenden Festnahme 2020 mit ihrem Roman "A mournable body" (dt.: "Überleben") auf der Shortlist des Booker Prize, des wichtigsten britischen Literaturpreises, landete. 2021 wurde sie mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.

In dem aktuellen Prozess geht es genau um die Themen, für die sich die mit einem Deutschen verheiratete Autorin seit Jahrzehnten in Büchern und Filmen einsetzt: Diskriminierung, Menschenrechte, Verfolgung und Korruption. Der Prozess zieht sich seit vielen Monaten hin; Dangarembga erschien bereits 28 Mal vor Gericht. Im Fall einer Verurteilung drohen der Autorin mehrere Jahre Haft.