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Tusk nennt Grexit "idiotisches Szenario"

16. März 2015

Angesichts der Spannungen zwischen Berlin und Athen rüstet Griechenlands Finanzminister Varoufakis verbal ab. EU-Ratspräsident Tusk warnt derweil: Ein "Grexit" hätte dramatische Folgen.

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EU-Ratsvorsitzender Donald Tusk (Foto: EPA)
Bild: picture-alliance/dpa/Valda Kalnina

EU-Ratspräsident Donald Tusk warnt die EU-Staaten davor, das überschuldete Griechenland versehentlich aus der Eurozone ausscheiden zu lassen. "Wir haben ein solches idiotisches Szenario zu verhindern", sagte Tusk der "Süddeutschen Zeitung" und fünf anderen europäischen Blättern. In der Geschichte Europas habe es bereits zu viele Dinge gegeben, die versehentlich passiert seien, sagte der frühere polnische Ministerpräsident. Auch der Erste Weltkrieg sei "das Resultat von Missverständnissen, Unfällen und dummen Telefonaten" gewesen.

Nicht nur eine Frage des Geldes

Der Verbleib Griechenlands in der Eurozone sei nicht nur eine Frage des Geldes, sondern in geopolitischen Zusammenhängen zu sehen, sagte Tusk. Angesichts der Krise in Libyen, der fragilen Lage auf dem Balkan, in Moldawien, Transnistrien und auf Zypern wäre ein Ausscheiden Griechenlands eine Katastrophe. "Ein Ausscheiden Griechenlands wäre das dramatischste Kapitel in der gesamten Geschichte der Europäischen Union. Wir müssen Griechenland helfen, das ist unstrittig." Er forderte alle Akteure auf, einander in Würde und Achtung zu begegnen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zuletzt nicht ausgeschlossen, dass Athen ungewollt, wie bei einem Unfall, aus dem Euro herausfliegen könnte. Athen muss bis Ende April eine Reform- und Sparliste vorlegen, um grünes Licht für ausstehende Kredithilfen zu bekommen. Nächste Woche erwartet auch der Internationale Währungsfonds (IWF) fast eine Milliarde Euro zurück.

"Unbedeutende Liquiditätsprobleme"

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis rief am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Günther Jauch" dazu auf, "Stereotype abzubauen". Varoufakis warb dafür, "Schritte zurück von der Konfrontation" zu gehen. Er zeigte sich versöhnlich und hob die Bedeutung der europäischen Idee hervor, vermied aber konkrete Festlegungen. "Europa ist unser Haus", betonte er mehrfach und warnte vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone durch einen Austritt oder Ausschluss Griechenlands.

Zu Spekulationen über eine Milliardenlücke im Haushalt bis Ende März sagte Varoufakis, es gebe aktuell nur "unbedeutende, kleine Liquiditätsprobleme". Auch die deutschen Steuerzahler würden am Ende jeden Euro zurückbekommen. Zuvor hatte auch Ministerpräsident Alexis Tsipras betont, Zahlungen an griechische Rentner und öffentliche Angestellte seien sicher.

Falscher echter Stinkefinger

Aufreger in der Jauch-Sendung war die Einspielung eines älteren Videos von Varoufakis, in dem der Grieche vermeintlich den Deutschen den Stinkefinger zeigt. Varoufakis, live aus Athen zugeschaltet, reagierte empört und sprach von einer Fälschung: "Das ist ein unechtes Video. Der Finger ist reinmontiert worden."

Jauch erwiderte, seinen Informationen zufolge stamme das Bild von einer Konferenz in Zagreb im Jahr 2013. Die ARD werde nun prüfen, ob das Material gefälscht sei. Varoufakis meinte: "Ich schäme mich dafür, dass man mir das zutraut." Alessandro del Prete, der Kameramann, der Varoufakis' Auftritt in Zagreb aufgenommen hatte, widersprach auf Twitter vehement, dass das Video gefälscht sei.

cr/qu (dpa, afp, rtr)