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Twitter sperrt Konten der "Identitären"

11. Juli 2020

Erst am Donnerstag hat der Verfassungsschutz in Deutschland vor den Aktivitäten der rechtsextremen "Identitären Bewegung" gewarnt. Nun sperrt der Kurznachrichtendienst Twitter viele Accounts der Bewegung.

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Deutschland Demo der Identitären Bewegung in Halle an der Saale
Bild: picture-alliance/ZUMAPRESS.com/S. Babbar

Der Kurznachrichtendienst Twitter hat mehrere Konten der rechtsextremen "Identitären Bewegung" lahmgelegt. Gegenüber dem ARD-Studio Los Angeles bestätigte ein Twitter-Sprecher die Sperrung. Das Unternehmen begründet den Schritt damit, dass die betreffenden Accounts Terrorismus und Gewalt verherrlichten. "Twitter sperrt Accounts, die gegen die Twitter Regeln verstoßen", prangt seither auf den Profilen. Gegenüber der Nachrichtenagentur afp erklärte das Unternehmen in San Francisco, es habe mehr als 50 Konten weißer Nationalisten blockiert, weil diese gegen die hauseigenen Richtlinien in Bezug auf gewalttätigen Extremismus verstoßen hätten.

Betroffen sind nach Angaben der ARD nicht nur Twitter-Konten in Deutschland, sondern auch in Österreich, Dänemark, Italien und Frankreich. Die Gruppe selbst berichtet zudem von gesperrten Accounts in Großbritannien, wie die Nachrichtenagentur dpa meldet. 

Blockiert ist demnach auch der Account von Martin Sellner. Der Österreicher gilt als prominentester Kopf der Bewegung und wird als Sprachrohr der Rechtsextremisten angesehen. Er kam bei Twitter zuletzt auf 40.000 Follower. Sellner gilt auch als Verbindungsmann zwischen der Szene der "Neuen Rechten" in den USA und Europa. Erst am Donnerstag hatte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, auch mit Blick auf die "Identitären" bei der Vorstellung des Jahresberichtes des Amtes vor rechtsextremistischen Stichwortgebern gewarnt und diese als "Superspreader von Hass, Radikalisierung und Gewalt" bezeichnet.

Österreich Wien Martin Sellner bei abgesagter Demonstration gegen Covid-Massnahmengesetz
Wortführer der "Identitären": der Österreicher Martin Sellner, hier bei einem Auftritt in Wien im April 2020Bild: Imago Images/Eibner Europa

Verfechter des Ethnopluralismus

Die "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) nutzt intensiv Twitter und Instagram, um ihre Ideologie zu verbreiten. Ihr werden deutschlandweit rund 600 Personen zugerechnet. Der Gruppierung waren zuletzt rund 30.000 Twitter-Nutzer gefolgt. Sie propagiert vor allem das Konzept des "Ethnopluralismus". Dieses entwirft das Leitbild eines ethnisch und kulturell homogenen Staates. Das größte Hindernis dabei ist aus Sicht der Identitären die Einwanderung. Sie verbreiten unter anderem auch die Verschwörungserzählung, dass die Bevölkerung Europas durch Einwanderer aus muslimischen Staaten "ausgetauscht" werden solle. Außerdem machen sie immer wieder Stimmung gegen Politiker der Linkspartei. In Deutschland wird die IBD vom Verfassungsschutz beobachtet.

Der Schritt von Twitter erfolgte nur weniger Tage nachdem die gemeinnützige Organisation "Global Project Against Hate and Extremism" (GPAHE) einen Bericht über die "Identitäre Bewegung" veröffentlicht hatte. Demnach steigen die Propaganda-Aktivitäten des von weißen Suprematisten geknüpften Netzwerks auf Twitter und YouTube steil an. Die GPAHE-Analysten entdeckten nach eigenen Angaben 67 Twitter-Konten von Ablegern der "Identitären Bewegung" in 14 Ländern, die fast 140.000 Follower verzeichnen. Zudem fanden sie in mindestens zwölf Ländern 31 Ableger mit etwa 86.000 Abonnenten.

Inspiration für Terroranschläge?

GPAHE legt in dem Bericht dar, dass die Propaganda der "Identitären Bewegung" seit Ende 2018 ein halbes Dutzend Großangriffe "inspiriert" habe, darunter den Anschlag auf eine Moschee in Christchurch in Neuseeland. In diesem Zusammenhang beklagte die Organisation eine Doppelmoral, wenn es darum geht, wie Online-Plattformen mit Inhalten von weißen Suprematisten umgehen und wie sie Inhalten von Extremistengruppen wie "Islamischer Staat" oder Al-Kaida behandeln.

Twitter ist mit der Sperrung der Accounts vergleichsweise spät dran. Bei Facebook und Instagram waren die Accounts der "Identitäten" bereits vor zwei Jahren abgeschaltet worden. Auf Youtube sind Profile der Identitären allerdings weiterhin erreichbar.

kle/AR (ARD, dpa, epd, afpe)