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Türkei erlebt Welle der "Säuberung"

16. Juli 2016

Nach dem gescheiterten Putsch geht die türkische Führung mit aller Härte gegen Militärs und Richter vor. Präsident Erdogan bringt sogar die Wiedereinführung der Todesstrafe ins Gespräch.

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Türkische Soldaten werden von Bürger geschlagen (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Nach offiziellen Angaben wurden in der Türkei bisher mehr als 2800 Putschisten aus den Reihen der Armee festgenommen. Auch fünf Generäle und 29 Oberste seien ihrer Posten enthoben worden, hieß es aus Regierungskreisen. Staatschef Recep Tayyip Erdogan hatte eine "vollständige Säuberung" des Militärs angekündigt - der Freitagnacht gestartete Putschversuch sei dafür ein "Segen Gottes".

Acht Soldaten, die sich per Hubschrauber nach Griechenland abgesetzt und dort politisches Asyl beantragt haben, sollen nach türkischer Darstellung bald wieder zurückgeschickt werden. Sein griechischer Kollege Nikos Kotzias habe ihm am Telefon die Auslieferung "der acht Verräter" in kürzester Zeit zugesagt, teilte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu via Twitter mit. Die Regierung in Athen bestätigte das Telefonat, äußerte sich aber zurückhaltender.

Todesstrafe gegen "Verrücktheiten"?

Nach Auffassung Erdogans könnte das türkische Parlament schon bald über die Wiedereinführung der Todesstrafe beraten. Bei einer Rede in Istanbul sagte er als Reaktion auf entsprechende Forderungen seiner Anhänger: "Dass jede Forderung bewertet, besprochen und diskutiert wird, ist in einem demokratischen Land ein Recht". Es sei "auch nicht nötig, sich dafür von irgendwoher eine Erlaubnis einzuholen." Regierungschef Binali Yildirim betonte mit Blick auf den Putschversuch, die Todesstrafe sei aus dem türkischen Gesetz gestrichen worden. Es werde jedoch über "zusätzliche Maßnahmen" diskutiert, die solche "Verrücktheiten" verhindern sollen.

Laut Medienberichten setzte die Führung in Ankara zudem rund 2700 Richter ab - fast ein Fünftel der schätzungsweise etwa 15.000 Richter in der Türkei. Gegen 140 Richter und Staatsanwälte sei ein Festnahmebefehl ergangen. Der Chef der Richtergewerkschaft Yargiclar, Mustafa Karadag, berichtete, nicht nur mutmaßliche Unterstützer des Putsches, sondern auch völlig unbeteiligte Kritiker von Erdogan würden festgenommen. Justizminister Bekir Bozdag sprach laut der Nachrichtenagentur Anadolu inzwischen von insgesamt 6000 Festnahmen.

Türkei: Der Tag nach dem Putschversuch

Putsch vom Erzfeind gesteuert?

Von den USA forderte Erdogan derweil die Festnahme des Predigers Fethullah Gülen, den er nach eigenen Worten für den Drahtzieher der Militäraktion hält. Erdogan wandte sich am Samstag mit seiner Forderung direkt an US-Präsident Barack Obama. Wenn die USA und die Türkei tatsächlich strategische Partner seien, müsse Obama handeln, sagte der türkische Präsident. US-Außenminister John Kerry erklärte, Washington werde ein etwaiges Auslieferungsersuchen prüfen und "angemessen" darüber entscheiden.

Gülen ist seit einem schweren Zerwürfnis 2013 einer der Erzfeinde Erdogans. Der islamische Prediger wies Erdogans Vorwürfe energisch zurück. Zugleich äußerte er die Vermutung, der Putschversuch könnte von der türkischen Führung selbst inszeniert worden sein.

Starker Rückhalt für Erdogan

In Istanbul versammelten sich am Samstagabend tausende Anhänger Erdogans zu einer Solidaritätsdemonstration. In der Hauptstadt Ankara kamen Erdogan-Unterstützer vor dem Parlament zusammen. Sie folgten damit einem Aufruf Erdogans.

Erdogan-Anhänger demonstrieren in Istanbul (Foto: Reuters)
Erdogan-Anhänger auf dem Istanbuler Taksim-PlatzBild: Reuters/A. Konstantinidis

Schon zu Beginn des Putschversuchs am Freitagabend hatte er sich via Smartphone live in eine TV-Nachrichtensendung eingeschaltet und die Bevölkerung aufgerufen, sich den Putschisten auf den Straßen entgegenzustellen - was Zehntausende dann auch taten. Am Samstagmittag verkündete die türkische Regierung schließlich, sie habe die Lage wieder "vollständig unter Kontrolle".

Bei dem Putschversuch kamen nach offizieller Darstellung 265 Menschen ums Leben - 161 Zivilisten und Sicherheitskräfte sowie 104 Aufständische.

wa/SC (dpa, afp, rtr)