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Kritik an Einigung zum Doppelpass

28. März 2014

Ungerecht und zu bürokratisch - das sind für den Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde, Kolat, die Hauptmängel der Koalitionseinigung zur doppelten Staatsbürgerschaft. Bauchschmerzen haben auch Sozialdemokraten.

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der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat (Foto: "picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Türkische Gemeinde in Deutschland ist enttäuscht von der schwarz-roten Einigung zur doppelten Staatsbürgerschaft. "Das ist ein Optionspflichtverlängerungsgesetz", sagte der Bundesvorsitzende Kenan Kolat der Nachrichtenagentur dpa. Der umstrittene Optionszwang falle nicht wirklich weg. Stattdessen entstehe neue Bürokratie. Außerdem sei unklar, was mit jenen passiere, die bereits einen ihrer Pässe hätten abgeben müssen.

Einigung nach langem Ringen

Bislang gesteht Deutschland nur EU-Bürgern und Schweizern zwei Pässe zu. Allerdings können auch Bürger vieler anderer Länder neben ihren ursprünglichen Papieren ohne größere Umstände einen deutschen Pass bekommen. Dagegen müssen sich in Deutschland geborene Kinder aus Zuwandererfamilien, die mit der Geburt zunächst den deutschen und einen anderen Pass bekommen, bis zum 23. Geburtstag für eine Staatsangehörigkeit entscheiden. Das betrifft vor allem Deutsch-Türken. CDU, CSU und SPD hatten sich nach langem Ringen darauf verständigt, die Regelung abzuschaffen - aber nur für jene, die in Deutschland geboren und auch aufgewachsen sind.

Streit um den Doppelpass

Am Donnerstag räumten Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) die letzten Streitfragen aus und verständigten sich auf einen Gesetzentwurf. Danach soll die Optionspflicht für jene Kinder ausländischer Eltern wegfallen, die bis zu ihrem 21. Geburtstag mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt haben oder sechs Jahre hier zur Schule gegangen sind. Sie sollen auf Dauer zwei Pässe behalten dürfen.

Aufenthalt, Schulbesuch, Berufsausbildung

Die jungen Leute können den Plänen zufolge schon vor dem 21. Geburtstag selbst aktiv werden und die dauerhafte doppelte Staatsbürgerschaft beantragen - wenn sie die entsprechenden Nachweise erbringen. In dem Fall müssen sie mindestens acht Jahre Aufenthalt in Deutschland oder sechs Jahre Schulbesuch nachweisen. Alternativ reicht auch ein Zeugnis zu einem Schulabschluss oder einer abgeschlossenen Berufsausbildung in Deutschland als Beleg. Ergreifen die jungen Leute nicht selbst die Initiative, prüfen die Behörden ihrerseits, ob die Voraussetzungen für den Doppelpass erfüllt sind, sobald jemand 21 geworden ist.

"Warum so ein kompliziertes Gesetz?"

Kolat kritisierte, das sei ein viel zu komplexes Verfahren. Nur eine kleine Zahl an Betroffenen wachse nicht in Deutschland auf. "Warum macht man für eine kleine Minderheit so ein kompliziertes Gesetz?", beklagte er. "Das schafft mehr Bürokratie als bislang." Die Türkische Gemeinde hatte eine bedingungslose Abschaffung der Optionspflicht gefordert und sich auch für eine generelle Zulassung doppelter Staatsbürgerschaften stark gemacht.

Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Torsten Albig (Foto: picture-alliance/dpa)
Torsten Albig, Regierungschef in Schleswig-HolsteinBild: picture-alliance/dpa

Auch die SPD war mit dieser Forderung in die Koalitionsverhandlungen mit der Union gegangen, hatte sich damit aber nicht durchsetzen können. Dennoch - oder gerade deswegen - regt sich auch unter den Sozialdemokraten Kritik an dem jetzt gefundenen Kompromiss. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig nannte das Ergebnis "sehr unbefriedigend". Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte er: "Es bleibt bei einem riesigen, integrationsfeindlichen Bürokratiemonster." Schleswig-Holstein sowie die beiden Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz setzen sich weiterhin für eine komplette Abschaffung der Optionspflicht beim Doppelpass ein.

sti/nis (afp,dpa)