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Razzien in Istanbul

16. August 2016

Der türkische Präsident Erdogan wird nicht müde, den Prediger Gülen für den Putsch im Juli verantwortlich zu machen. Jetzt wurden in Istanbul über 40 Firmen durchsucht, die angeblich die Gülen-Bewegung finanzieren.

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Türkei Razzia in Istanbul
Bild: Getty Images/AFP/O. Kose

In Istanbul hat die Polizei einem Medienbericht zufolge fast zeitgleich 44 Firmen durchsucht und 50 Menschen verhaftet. Die Razzia fand in den Stadtvierteln Üsküdar und Ümraniye im asiatischen Teil der Metropole statt, wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Insgesamt seien 120 Menschen zur Fahndung ausgeschrieben. Unter ihnen seien auch Firmenmanager.

Gesucht wurden offenbar Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen, die diesen mit ihren Firmen auch finanziell unterstützt haben sollen. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte bereits Anfang August angekündigt, türkischen Unternehmen alle Geschäftsbeziehungen zu Firmen zu untersagen, die mit Gülen verbunden seien, sowie deren Erlöse einzukassieren.

Die türkische Regierung macht den in den USA lebenden Gülen und seine Anhänger für den versuchten Militärputsch vom 15. Juli verantwortlich. Sie wirft der Gülen-Bewegung vor, in den vergangenen Jahrzehnten die Justiz, die Armee und den Bildungssektor "unterwandert" zu haben.

Neuer Haftbefehl gegen Journalisten

Gegen einen Journalisten der Tageszeitung "Hürriyet" wurde ebenfalls Haftbefehl erlassen. Ihrem Mitarbeiter Arda Akin werde vorgeworfen, eine nicht näher beschriebene "Organisation" unterstützt zu haben, berichtete die Zeitung. Akin sei schon Ende Juli festgenommen und ein Ausreiseverbot gegen ihn verhängt worden. Nach Angaben der von Journalisten gegründeten Nichtregierungsorganisation Plattform für unabhängigen Journalismus (P24) sind damit nunmehr 44 Journalisten in Untersuchungshaft. Der Europäische Journalistenverband (EJS) beziffert die Gesamtzahl der türkischen Journalisten in Haft auf 68.

Erdogan hatte die Untersuchungshaft nach dem Putschversuch per Dekret von vier auf 30 Tage verlängert. Per Dekret war auch verfügt worden, dass Reisepässe von Verdächtigen für ungültig erklärt werden. Davon sind mehrere Journalisten betroffen - unter anderem zwei Reporter der pro-kurdischen Zeitung "Özgür Gündem", wie der Anwalt der Zeitung, Özcan Kilic, der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.

Tausende Festnahmen

Seit dem Umsturzversuch wurden mehr als 35.000 Menschen festgenommen. Fast 11.600 von ihnen wurden wieder freigelassen, der Rest sitzt noch in Untersuchungshaft. Zehntausende weitere Menschen wurden aus dem Staatsdienst entlassen. Am Montag durchsuchte die türkische Polizei vier Gerichte in Istanbul und nahm insgesamt 136 Staatsanwälte und andere Justizbeamte fest.

Seit dem Putschversuch geht die Regierung in Ankara hart gegen mutmaßliche Anhänger Gülens in allen Bereichen der türkischen Gesellschaft vor. Das sind mutmaßliche Regierungsgegner in Militär und Politik, aber auch Juristen, Journalisten und Wissenschaftler. Erdogan hält dies für nötig, um die Türkei vom "Virus" der Gülen-Bewegung zu befreien. Der in den USA lebende Prediger weist eine Mitverantwortung für den Putschversuch hingegen zurück. International wird das harsche Vorgehen der türkischen Behörden kritisiert.

as/sti (afp, dpa, rtre, ape)