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UEFA ermittelt wegen Rassismus-Eklat in Montenegro

26. März 2019

Die Disziplinarkommission der Europäischen Fußball-Union untersucht die Vorfälle während des EM-Qualifikationsspiel in Podgorica: Dunkelhäutige englische Spieler mussten sich Schmährufe der Zuschauer anhören.

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EM Quali Montenegro - England
Bild: picture-alliance/SOLO Syndication/A. Hooper

Affenlaute waren zu hören, als Englands schwarzer Nationalspieler Danny Rose kurz vor dem Ende des EM-Qualifikationsspiels gegen Montenegro die Gelbe Karte sah - ebenso als Callum Hudson-Odoi nach dem Abpfiff ein Interview gab. Der 18 Jahre alte ebenfalls dunkelhäutige Stürmer hatte in Podgorica sein erstes Länderspiel bestritten. "Dieser Abend sollte eigentlich im Zeichen der Freude über sein Debüt stehen", sagte Nationaltrainer Gareth Southgate, als er über die rassistischen Schmähungen gegen Hudson-Odoi und andere Spieler berichtete. "Das ist nicht akzeptabel."

UEFA-Chef Ceferin: "Ein Desaster"

Das sieht auch die UEFA so. Der europäische Fußballverband leitete gegen Montenegro ein Ermittlungsverfahren ein. Einer der Vorwürfe: "Rassistisches Verhalten". Die UEFA-Disziplinarkommission wird sich am 16. Mai mit dem Fall beschäftigen. Als mögliche Strafe kommt laut UEFA-Disziplinar-Code "mindestens ein Zuschauer-Teilausschluss" in Frage, im Wiederholungsfall wären auch Spiele in leeren Stadien möglich, Punktabzüge oder sogar eine Disqualifikation von der EM-Qualifikation.

"Die UEFA verurteilt ein solches bedauerliches Verhalten und hat immer null Toleranz gegenüber jeglicher Form von Rassismus und Diskriminierung gezeigt", teilte die UEFA auf Anfrage der DW mit. "Ich kann nicht glauben, dass es solche Dinge immer noch gibt", sagte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin am Rande der Vollversammlung der European Club Association (ECA) in Amsterdam. "So ein Fall ist ein Desaster. Wir müssen Rassismus ernst nehmen und bekämpfen."

Lesen Sie auch hier: Kommentar: Aufstehen gegen Rassismus im Stadion

Fragen nach Vorfall abgebügelt

England hatte das Spiel in Podgorica mit 5:1 (2:1) gewonnen. Laut UEFA-Reglement hätte der Schiedsrichter die Partie wegen der rassistischen Ausfälle auch abbrechen können. Beschämend war die Reaktion der Montenegriner in der Pressekonferenz. Bei der ersten Frage an Trainer Ljubisa Tumbakovic unterband ein Offizieller die Diskussion und verkündete unter dem Protest der englischen Journalisten: "Niemand hat rassistische Äußerungen gehört. Niemand! Es gab keine." Tumbakovic erklärte ausweichend, er sei auf das Spiel konzentriert gewesen.

Englische Fußball-Spieler werden von montenegrinischen Zuschauern beschimpft
Freundlich ist anders: Weiblicher Fan beschimpft Raheem Sterling (l.)Bild: picture-alliance

Inzwischen erklärte der Fußballverband Montenegros, man werde "alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um die verantwortungslosen Einzelpersonen zu identifizieren", sollten sich die Rassismusvorwürfe bewahrheiten. Aber: "Wir hatten noch nie zuvor Vorfälle religiöser, geschlechtsspezifischer oder rassistischer Diskriminierung bei internationalen Spielen und sind auch sicher, dass sie in Zukunft nicht vorkommen werden."

Ashley Cole wurde 2013 bespuckt

Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass Montenegro wegen Fehlverhaltens der Zuschauer ins Visier der UEFA gerät. So lief vor sechs Jahren schon einmal ein Länderspiel gegen England in Podgorica, damals im Rahmen der WM-Qualifikation, aus dem Ruder: Der dunkelhäutige Ashley Cole wurde damals mehrfach von den Rängen aus bespuckt, Zuschauer warfen Klopapierrollen auf das Spielfeld. Sanktionen gab es damals nicht.

2015 wurde das EM-Qualifikationsspiel Montenegros gegen Russland nach Zuschauerausschreitungen abgebrochen. Der russische Torhüter Igor Akinfejew wurde von einer Leuchtrakete am Kopf getroffen. Die UEFA wertete die Partie in Podgorica mit 3:0 für Russland und verurteilte Montenegro außerdem zu einem Geisterspiel und einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 Euro.

Hudson-Odoi: "Nicht beirren lassen"

"Ein paar Idioten haben eine große Nacht ruiniert", sagte der englische Stürmer Raheem Sterling am Montagabend gegenüber der BBC und forderte harte Sanktionen: "Es sollte eine wirkliche Bestrafung dafür geben, nicht nur für die zwei oder drei Menschen, die das gemacht haben - es muss eine kollektive Sache sein." Länderspiel-Debütant Hudson-Odoi, der seit langem vom deutschen Rekordmeister FC Bayern München umworben wird, will sich von den rassistischen Schmähungen nicht beirren lassen: "Wir müssen unsere Köpfe oben behalten und mental stark bleiben."

Auch beim Testspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Wolfsburg am Mittwoch vergangener Woche hatte es auf den Tribünen vereinzelte rassistische Ausfälle von Zuschauern gegeben. Die Polizei ermittelt, der DFB kündigte mögliche Stadionverbote an.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter