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Politik

Ukraine aktuell: EU-Staaten wollen Soldaten ausbilden

14. Oktober 2022

Die EU-Staaten einigen sich auf eine Ausbildungsmission für die ukrainischen Streitkräfte. Wladimir Putin bezeichnet den Einmarsch in die Ukraine gegenüber Journalisten als alternativlos. Ein Überblick.

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Ausbildung ukrainischer Soldaten in Großbritannien
Ausbildung ukrainischer Soldaten - hier im Nicht-EU-Land Großbritannien (Archivbild)Bild: Frank Augstein/AP/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • EU beteiligt sich an Ausbildung ukrainischer Soldaten
  • Krimbrücke soll bis Mitte nächsten Jahres repariert sein
  • Grossi sieht Fortschritte bei Sicherung von AKW Saporischschja
  • Charkiw unter russischen Raketenbeschuss
  • Putin spricht von "richtigem und rechtzeitigem" Einmarsch in die Ukraine

 

Die EU-Staaten haben sich auf eine Ausbildungsmission für die ukrainischen Streitkräfte geeinigt. Der Ausschuss der ständigen Vertreter der 27 Mitgliedstaaten billigte in Brüssel einstimmig Pläne, die Trainingsprogramme für rund 15.000 Soldaten vorsehen, wie die Deutschen Presse-Agentur unter Berufung auf Diplomaten berichtet. Um das Risiko zu minimieren, dass Russland die Mission angreift, soll die Ausbildung demnach nicht in der Ukraine, sondern in Ländern wie Polen und Deutschland organisiert werden.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht hatte am Donnerstag am Rande eines NATO-Treffens in Brüssel gesagt, Deutschland werde einen signifikanten Beitrag zu der Mission leisten. Nach Angaben aus EU-Kreisen soll die Bundeswehr in den nächsten Monaten bis zu 5000 ukrainische Soldaten ausbilden.

Die EU-Mission ist zunächst auf zwei Jahre angelegt. In ihrem Rahmen sollen zum Beispiel Scharfschützen geschult und Fähigkeiten in Bereichen wie Minenräumung und Sanitätsdienst vermittelt werden. Bereits heute bilden mehrere EU-Staaten ukrainische Soldaten auf Basis nationaler Absprachen aus.

Moskau: Reparatur der Krimbrücke dauert bis Juli 

Die Reparaturen an der durch eine Explosion am vergangenen Samstag beschädigten Krimbrücke sollen im Juli kommenden Jahres abgeschlossen sein. Das geht aus einem Dokument hervor, das die russische Regierung auf ihrer Website veröffentlichte.

Feuer und Rauch auf der Krim-Brücke
Die Krim-Brücke stand vor knapp einer Woche in FlammenBild: AFP/Getty Images

Für die Explosion und die massive Beschädigung der Brücke macht die russische Führung die Ukraine verantwortlich. Die Brücke über die Meerenge von Kertsch - zwischen dem Schwarzen und dem Asowschen Meer - bindet die 2014 von Russland annektierte ukrainische Halbinsel Krim an das russische Kernland an. Sie wurde 2018 von Wladimir Putin eröffnet und ist ein Prestigeprojekt des russischen Präsidenten. Sie ist zudem wichtig für die Versorgung der russischen Truppen auf der Krim und in der Südukraine.

IAEA-Chef Grossi spricht von Fortschritten

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hat sich nach Gesprächen in den vergangenen Tagen mit den Präsidenten Russlands und der Ukraine zum Kernkraftwerk Saporischschja positiv geäußert. "Die Arbeit geht weiter, und ich denke, dass wir gute Fortschritte machen", sagte Grossi in Kiew zu seinen Plänen für eine Sicherheitszone um das umkämpfte ukrainische Atomkraftwerk. Konkrete Angaben machte er nicht.

IAEA Director General Grossi
IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi äußert sich in Kiew vorsichtig optimistisch zu SaporischschjaBild: Vladyslav MusiLienko/REUTERS

In Kiew sprach der IAEA-Generaldirektor zuletzt mit Außenminister Dmytro Kuleba. Der ukrainische Chefdiplomat machte klar, dass Kiew mehr fordert als den von der IAEA vorgeschlagenen Waffenstillstand rund um das russisch besetzte AKW. "Ich habe bekräftigt, dass Russland sich von der Anlage zurückziehen muss, um die nukleare Sicherheit wiederherzustellen", schrieb Kuleba auf Twitter. Außerdem müsse Russland die Entführungen und Einschüchterungsversuche gegenüber dem ukrainischen Kraftwerkspersonal einstellen.

In den vergangenen Tagen war das derzeit stillstehende größte Kernkraftwerk Europas wegen Kampfhandlungen zweimal von der externen Stromversorgung abgeschnitten, mit der das strahlende Atommaterial gekühlt werden muss. Grossi hat wiederholt auf das Risiko eines Atomunfalls hingewiesen, da die Anlage nur zehn Tage lang mit Notstrom aus Diesel-Generatoren versorgt werden kann.

NATO reagiert auf Bedrohungslage durch Russland

Die NATO-Staaten wollen angesichts der neuen Bedrohungslage durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine die Produktionskapazitäten der Rüstungsindustrie erhöhen. "Wir haben heute Entscheidungen getroffen, um unsere Munitions- und Ausrüstungsvorräte aufzustocken", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Verteidigungsministertreffen in Brüssel.

Zudem verständigten sich die NATO-Staaten nach den mutmaßlichen Sabotageakten gegen die Erdgasleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 auf eine bessere Überwachung von kritischer Infrastruktur. Konkret nannte Stoltenberg die Infrastruktur im Energie- und Unterwasserbereich. In der Nord- und Ostsee sei die maritime Präsenz der NATO nach den mutmaßlichen Sabotageakten bereits verdoppelt worden.

Der Ukraine will die NATO Ausrüstung zur Drohnen-Abwehr zur Verfügung stellen. In Kürze würden Hunderte sogenannte Jammer geliefert, sagte Stoltenberg. Diese könnten dabei helfen, in Russland und im Iran hergestellte Drohnen unwirksam zu machen. Jammer sind elektromagnetische Störsender. Sie senden in der Regel ein Signal aus, das die Funkverbindung zwischen der Drohne und deren Steuerungsgerät stört oder blockiert.

Strack-Zimmermann zum European Sky Shield

Zudem haben unter dem Eindruck massiver russischer Luftangriffe auf Wohngebiete und Infrastruktur in der Ukraine Deutschland und 14 weitere Staaten ein Projekt zur Verbesserung der europäischen Luftverteidigung auf den Weg gebracht. Am Rande des NATO-Rats in Brüssel wurde eine Absichtserklärung für einen "European Sky Shield" unterzeichnet, wie Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht mitteilte. In den von Deutschland angeregten Abwehrschirm sollen unterschiedliche Systeme eingebunden werden, die zur Abwehr von Mittel- wie Langstreckenraketen oder auch bewaffneten Drohnen geeignet sind. Dazu zählt etwa das Iris-T-System, das Deutschland gerade an die Ukraine geliefert hat. Die Bundeswehr nutzt das hochmoderne System bisher nicht.

Charkiw unter Raketenbeschuss

Die ostukrainische Großstadt Charkiw ist nach Angaben der regionalen Behörden am Donnerstagabend von russischen Raketen getroffen worden. Bürgermeister Ihor Terechow berichtete von mindestens zwei Einschlägen. Teilweise sei in der Stadt der Strom ausgefallen.

Ukraine-Krieg - Charkiw
Menschen in Charkiw suchen Schutz im Eingang einer U-Bahn-Station nach einem Raketenangriff (Archivbild)Bild: Francisco Seco/AP/dpa/picture alliance

Ukrainische Medien deuteten den Angriff auf die Stadt an der Grenze zu Russland als Reaktion auf den Einschlag von Raketenteilen in ein Wohnhaus in der russischen Stadt Belgorod. Dort hatte die Luftabwehr auf angeblichen Beschuss von ukrainischer Seite reagiert. In der Stadt gefunden wurden Teile russischer Flugabwehrraketen. Nach Angaben des Gouverneurs kam der Zugverkehr vorübergehend zum Erliegen. Am Donnerstagabend war im Gebiet Belgorod ein Munitionsdepot in Flammen aufgegangen, was von russischen Stellen offiziell bestätigt wurde.

Ukraine und Russland melden militärische Erfolge

Bei den erbitterten Kämpfen in der Ukraine meldeten beide Seiten Erfolge. Während im Osten der Ukraine prorussische Separatisten die Eroberung zweier Dörfer nahe der Industriestadt Bachmut in der Donezk-Region vermeldeten, erbat die von Russland eingesetzte Verwaltung in der Region Cherson angesichts des ukrainischen Vormarschs Hilfe von Moskau bei der Evakuierung von Zivilisten - mutmaßlich ein Zeichen für das erfolgreiche Vorrücken der ukrainischen Gegenoffensive im Süden des Landes. Die Bewohner der Region Cherson sollen, falls sie das Gebiet verlassen wollen, den Angaben zufolge auf die von Russland annektierte Halbinsel Krim sowie in die südrussischen Regionen Rostow, Krasnodar und Stawropol gebracht werden.

Putin: "Ich bereue nichts"

Wladimir Putin hat derweil Journalisten aus verschiedenen Ländern Frage und Antwort gestanden. Am Rande der Konferenz für Zusammenarbeit und vertrauensbildende Maßnahmen in Asien (CICA), die derzeit im kasachischen Astana stattfindet, bezog der russische Staatschef Stellung zu den verheerenden Angriffen zum Wochenbeginn. Von insgesamt 29 ins Visier genommenen Objekten seien laut Putin sieben "nicht so beschädigt worden", wie ursprünglich vom Verteidigungsministerium geplant. "Aber sie werden sie nachholen, die Objekte", kündigte der Kreml-Chef an.

Um welche Ziele es es sich dabei konkret handele, sagte er nicht. Mehr als 80 Raketen wurden alleine am Montag von russischer Seite abgefeuert. Die Angriffe zielten offenbar vor allem auf die Energieinfrastruktur der Ukraine - allerdings wurden durch die Raketen auch rund 20 Menschen getötet. In mehreren Regionen fiel zwischenzeitlich der Strom aus. Auf die jüngsten massiven Zerstörungen und die zivilen Opfer hingewiesen, erklärte Putin: "Wir haben es uns nicht zum Ziel gemacht, die Ukraine zu zerstören. Nein, natürlich nicht." 

Putin erläuterte auch die Gründe für die Teilmobilmachung in Russland am 21. September. So sei es ausschließlich mit dem Einsatz von Zeitsoldaten schlichtweg nicht weiter möglich gewesen, die verschiedenen Fronten in der Ukraine zu halten. Bisher seien etwa 220.000 Reservisten zu den Waffen gerufen worden und in rund zwei Wochen werde man die geplante Zahl von 300.000 erreichen, sagte Putin. Es gebe aber aktuell keine Pläne, noch mehr Männer einzuberufen. Von den bereits 220.000 neuen Reservisten befänden sich bereits 16.000 "in kämpfenden Einheiten".   

Kasachstan Cica GUS Gipfel in Astana l Rede des russischen Präsidenten Putin
Beim CICA-Treffen in Astana stellte sich Putin den Fragen der PresseBild: Ramil Sitdikov, Sputnik, Kremlin Pool/AP/picture alliance

Auf die Rolle der USA und der NATO angesprochen, erklärte der russische Präsident, er sehe momentan keinen Bedarf für Gespräche mit US-Präsident Joe Biden. Stattdessen lobte Putin die Rolle des NATO-Partners Türkei. Er sei dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan sehr dankbar für dessen Vermittlungsversuche im Ukraine-Konflikt. Zuletzt hatte Ankara mit den beiden Kriegsparteien über den Austausch von Kriegsgefangenen verhandelt. 

Für Aufsehen sorgte die Frage eines Reporters, ob Putin inzwischen etwas bereue. Die Antwort fiel lapidar aus: "Nein". Was heute passiere, sei zwar "unangenehm", aber man handele "richtig und rechtzeitig". Wäre Russland nicht im Februar in die Ukraine einmarschiert, "wären wir ein bisschen später in der gleichen Lage gewesen, aber die Voraussetzungen wären für uns schlechter gewesen", so der russische Staatschef. In der Vergangenheit wurde aus Moskau wiederholt vor einer angeblichen Bedrohung Russlands durch die Ukraine gewarnt. Internationale Beobachter halten das jedoch für einen reinen Vorwand.

Steinmeier bekräftigt Solidarität mit der Ukraine

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei einem Festakt zum 70-jährigen Bestehen der Atlantik-Brücke in Berlin der Ukraine weitere Solidarität des Westens zugesichert. "Diese Unterstützung werden wir leisten so lange wie nötig." Alle, voran die Ukrainer, wünschten sich, dass das Leid und das Sterben bald ein Ende hätten. Aber das Ende des Krieges lasse sich nicht herbeiwünschen. "Den Weg zum Ende dieses Krieges kann Russland jeden Tag bestimmen." Präsident Wladimir Putin habe sich aber "vergraben in seiner imperialen Besessenheit". Man dürfe sich nichts vormachen: "Ein Ende des Krieges ist derzeit nicht in Sicht", sagte Steinmeier.

70-Jahr-Feier der Atlantik-Brücke
Frank-Walter Steinmeier: "Den Weg zum Ende diesesKrieges kann Russland jeden Tag bestimmen"Bild: Carsten Koall/dpa/picture alliance

Die westlichen Demokratien warnte Steinmeier angesichts des Krieges vor einer Abschottung, stattdessen müsse es Dialogbereitschaft geben. "Wenn der Westen mehr sein soll als eine Himmelsrichtung, muss er natürlich prinzipienfest, aber gleichzeitig ein offenes Projekt sein, anschlussfähig für Menschen in allen Teilen der Welt, Regionen mit anderer Geschichte, für andere Erfahrungen und andere Religionen."

Die Atlantik-Brücke ist ein 1952 gegründeter gemeinnütziger Verein. Sein Ziel ist es, die Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Europa und Amerika auf allen Ebenen zu vertiefen.

qu/AL/jj/gri/djo/uh (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.