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PolitikEuropa

Ukraine aktuell: Finnland erwägt Lieferung von Leopard 2

13. Januar 2023

Finnland signalisiert vorsichtige Bereitschaft, der Ukraine Leopard-2-Panzer zu überlassen. Außenministerin Baerbock setzt auf einen Schulterschluss Europas mit Afrika gegen Putins Angriffskrieg. Unser Überblick.

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Nato-Übung in Polen
Leopard-2-Kampfpanzer bei einer Übung, hier der polnischen Streitkräfte Bild: STR/NurPhoto/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze:

  • Finnland erwägt Leopard-2-Panzerlieferung an Kiew
  • Deutsche Debatte über Leopard-Panzer verschärft sich
  • Russland meldet Einnahme von Soledar
  • Baerbock ruft Afrikanische Union zur Zusammenarbeit gegen Putins Krieg auf
  • Ukraine treibt Justizreform in Richtung EU voran

 

Der finnische Präsident Sauli Niinistö sagte, sollte es ein gemeinsames europäisches Vorgehen bei der Lieferung von Kampfpanzern zur Unterstützung der Ukraine geben, werde auch ein Beitrag Finnlands benötigt. Finnland sei jedoch in einer besonderen Position, da es noch nicht NATO-Mitglied sei und direkt an Russland grenze. Wenn Panzer an die Ukraine übergeben werden, könne der finnische Beitrag dazu deshalb nicht sonderlich groß sein, unterstrich Niinistö nach einer Meldung der Nachrichtenagentur STT. Finnland verfügt über mehr als 200 Leopard-2-Panzer aus deutscher Produktion. Die Bundesrepublik muss in der Regel die Weitergabe von Rüstungsgütern aus deutscher Produktion an Dritte jedoch genehmigen.

Mit einem Vorstoß zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine hatte Polen am Mittwoch den Druck auf Deutschland in der Debatte um die Bereitstellung von Kampfpanzern erhöht. Die Regierung in Warschau hat nach Angaben von Präsident Andrzej Duda bereits entschieden, im Rahmen einer Koalition den Ukrainern Leopard-Kampfpanzer für eine Kompanie zu überlassen.

 

Selenskyj sieht Polen in einer Vorbildrolle bei der Panzerlieferung

Polen könnte nach Ansicht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit dem Angebot von Leopard-Kampfpanzern eine Vorbildfunktion einnehmen. Polen und Litauen könnten diese Schritte einleiten, sagt Selenskyj dem staatlichen Sender TVP. "Jemand muss immer das Vorbild sein", erklärte er. "Dieser Schritt könnte uns helfen, indem andere Staaten in die Fußstapfen von Polen und Litauen treten." Litauen hat Flugabwehr-Geschütze und Munition zugesagt.

Polen dringt inzwischen darauf, dass die Ukraine mehr als 14 Leopard-Kampfpanzer von einer Koalition westlicher Staaten bekommt. "Polen wird die Schaffung größerer militärischer Einheiten fordern, die für die Verteidigung der Ukraine von militärischer Bedeutung sein werden", sagt der polnische Botschafter in Deutschland, Dariusz Pawlos den Zeitungen der Funke Mediengruppe. 

Der Bundesregierung liegt bislang noch keine offizielle Anfrage aus Polen vor, den Kampfpanzer Leopard an die Ukraine zu liefern. Das sagte eine Regierungssprecherin in Berlin.

Kiesewetter will Leopard-Panzer, der Kanzler ruft zu Besonnenheit auf

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter befürwortete die polnische Ankündigung, Leopard-Kampfpanzer aus deutschen Fabriken in die Ukraine zu schicken. Die Entsendung von Leopard-Panzern "könnte eine Wende im Krieg herbeiführen, denn es ist nicht nur ein Krieg gegen die Ukraine, sondern ein russischer Zermürbungskrieg und Gräueltaten gegen die westliche Welt, gegen die auf freien Regeln basierende Ordnung", sagte der ehemalige Bundeswehroffizier. Die Panzer würden der Ukraine die Chance geben, "ihr eigenes Territorium zurückzuerobern", so der Abgeordnete gegenüber der Deutschen Welle. 

Roderich Kiesewetter I CDU
Der CDU-Außenpolitiker Roderich KiesewetterBild: picture alliance / Geisler-Fotopress

Bedenken, dass die Lieferung weiterer Waffen an die Ukraine eine Eskalation des Krieges auslösen könnte, wies Kiesewetter, der dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestages angehört, zurück. Der Oppositionspolitiker betonte in diesem Zusammenhang, dass die deutsche Regierung in den letzten 11 Monaten seit Beginn des Krieges mit Waffenlieferungen zurückhaltend gewesen sei. Allerdings hatte die Regierung vor kurzem in Aussicht gestellt, leichtere deutsche Marder-Schützenpanzer in die Ukraine zu schicken. Kiesewetter fügte hinzu, Russland habe "die deutsche Zurückhaltung ausgenutzt und 20 Prozent des ukrainischen Territoriums erobert". Die deutsche Regierung habe in den letzten 11 Monaten viel Zeit vergeudet und "Anfragen der Ukraine oder Polens bezüglich schwerer Waffen wie Marder- oder Leopard-Panzer nicht beantwortet."

Bundeskanzler Olaf Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz: "Die Mehrheit findet das abgewogene Vorgehen der Regierung bei Waffenlieferungen richtig"Bild: Michael Sohn/AP Photo/picture alliance

Bundeskanzler Olaf Scholz wiederum kritisierte "aufgeregte Stellungnahmen" in der Debatte um die Panzer-Lieferungen und rief zu mehr Besonnenheit auf. "Die vergangenen elf Monate haben gezeigt, dass es klug ist, sich nicht durch aufgeregte tägliche, ja manchmal stündliche Forderungen kirre machen zu lassen", sagte Scholz der "wochentaz", der Wochenausgabe der "taz". Scholz verwies darauf, dass viele Menschen sich große Sorgen machten und hofften, dass der Kanzler und seine Regierung die Nerven behielten. Er sehe sich in seinem Vorgehen in Übereinstimmung mit der Mehrheitsmeinung in Deutschland. Scholz: "Was mich bedrückt: In der medialen Berichterstattung spiegelt sich das kaum wider, da scheint es ständig nur darum zu gehen, was als Nächstes geliefert werden kann", kritisierte der Kanzler. "Diese Verengung der politischen Debatte ist problematisch."

NATO verlegt Awacs-Aufklärungsflugzeuge nach Rumänien

Die NATO will angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine mehrere ihrer normalerweise in Deutschland stationierten Awacs-Aufklärungsflugzeuge nach Rumänien verlegen. Die Maschinen sollen die verstärkte Präsenz des Bündnisses in der Region unterstützen und russische Militäraktivitäten überwachen, wie die NATO-Kommandobehörde zur Führung von Luftstreitkräften mitteilte.

Awacs-Flugzeug der NATO
Awacs-Flugzeug der NATOBild: Rostislav Kalousek/picture alliance/dpa/CTK

Die Awacs werden den Planungen zufolge am kommenden Dienstag auf dem Luftwaffenstützpunkt Otopeni nahe der rumänischen Hauptstadt Bukarest ankommen und dann mehrere Wochen dort bleiben. Der Flughafen liegt nur etwa 200 Kilometer entfernt von der östlichen Grenze des EU- und NATO-Landes zur Ukraine. Zudem grenzt auch der Norden Rumäniens an das von Russland angegriffene Land.

Zusammen mit den Flugzeugen werden den Angaben zufolge rund 180 Soldatinnen und Soldaten auf den Luftwaffenstützpunkt Otopeni entsendet. Wie viele der 14 NATO-Awacs nach Rumänien verlegt werden, teilte das Militärbündnis allerdings nicht mit. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Militärkreisen erfuhr, ist die Entsendung von drei Maschinen vorgesehen. Sie sind normalerweise auf dem NATO-Flugplatz Geilenkirchen bei Aachen stationiert. 

Russland meldet Einnahme von Soledar

Die ukrainischen Truppen in den ostukrainischen Städten Bachmut und Soledar, die seit Tagen heftige russische Angriffe abwehren müssen, erhalten Verstärkung und Nachschub. Die Einheiten in beiden Städten würden "mit Munition und allem Notwendigen versorgt", betonte der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj nach einer Sitzung des Generalstabs in Kiew. "Trotz der schwierigen Lage kämpfen die ukrainischen Soldaten hartnäckig", sagte die stellvertretende Verteidigungsministerin Ganna Maljar. Russland schicke "tausende seiner Bürger auf die Schlachtbank, aber wir halten uns gut". Auf russischer Seite gebe es "schwere Verluste".

Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte Soledar offiziell für eingenommen. Die Stadt sei am Abend des 12. Januar vollkommen in die Kontrolle der russischen Streitkräfte übergegangen, hieß es. Es wäre die erste Einnahme einer Stadt durch die russische Armee seit Juli, als Lyssytschansk in dem Angriffskrieg gegen die Ukraine erobert worden war. Die Ukraine bestreitet eine vollständige Übernahme der Stadt durch russische Truppen. Überprüfen lassen sich die Angaben aus dem Kampfgebiet nicht.

Am Mittwoch war die Behauptung der russischen Söldnertruppe Wagner, sie habe die Stadt in der Region Donezk eingenommen, nicht nur von Kiew sondern auch von Moskau zurückgewiesen worden.

Das russische Militär versucht seit einigen Wochen, die ukrainischen Verteidigungslinien in diesem Teil der Ukraine zu durchbrechen. Der Auftrag lautet, die gesamte Region Donezk, die Moskau bereits völkerrechtswidrig annektiert hat, unter russische Kontrolle zu bringen. Zuletzt erzielten Moskaus Truppen bei Soledar und dem benachbarten Bachmut Berichten zufolge Geländegewinne. Beide Städte sind von strategischer Bedeutung, weil sie Teil des ukrainischen Verteidigungswalls vor dem Ballungsraum zwischen Slowjansk und Kramatorsk sind.

Ukraine Russland Krieg Soledar Donetsk
Ein ukrainischer Soldat zeigt auf eine Rauchsäule an der Front bei SoledarBild: LIBKOS/AP/picture alliance

Baerbock ruft Afrika zum Schulterschluss gegen Putin auf

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat bei Gesprächen am Sitz der Afrikanischen Union in Addis Abeba Afrika zu einem Schulterschluss mit Europa gegen Russlands Krieg in der Ukraine aufgerufen. "Wir als Europäer brauchen in diesen Zeiten, wo unsere Friedensordnung in Europa durch den russischen Angriffskrieg angegriffen worden ist, die Unterstützung von unseren Freunden und Partnern weltweit", sagte Baerbock bei einem Auftritt mit ihrer französischen Kollegin Catherine Colonna und dem AU-Vorsitzenden Moussa Faki Mahamat. "Wir können in einer gemeinsamen Welt diese gemeinsamen Krisen und Herausforderungen nur gemeinsam lösen." So wie die Europäische Union für Frieden, Sicherheit und Freiheit stehe, so stehe auch die Afrikanische Union für genau diese Werte, sagte Baerbock. "Daher ist es uns wichtig, die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Afrikanischen Union weiter auszubauen." 

Außenministerin Baerbock in Äthiopien
Statement in Äthiopien bei der AU: Annalena Baerbock (l.), Moussa Faki Mahamat und Catherine ColonnaBild: picture alliance/dpa

Gedenkveranstaltung am 24. Februar in Schloss Bellevue 

Zum Jahrestag des Beginns des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine findet am 24. Februar in Schloss Bellevue eine zentrale Gedenkveranstaltung statt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier werde dazu eine Rede halten, teilte ein Sprecher seines Amtes in Berlin mit. Mit der Veranstaltung, zu der alle Verfassungsorgane eingeladen seien, solle "die anhaltende Solidarität Deutschlands mit dem Freiheitskampf der Ukraine gezeigt und der Mut der Ukrainerinnen und Ukrainer gewürdigt werden". Ebenso solle der Toten gedacht und das Mitgefühl mit den Menschen in der Ukraine sowie mit den Geflüchteten deutlich werden. An den Vorbereitungen der Gedenkveranstaltung in Steinmeiers Hauptamtssitz sei die ukrainische Botschaft eng beteiligt, so der Sprecher des Bundespräsidialamtes weiter.

Ukraine treibt Justizreform in Richtung EU voran

Die Ukraine hat die Besetzung eines Justiz-Aufsichtsorgans abgeschlossen. Dies gilt als ein zentraler Schritt bei den Reformen für einen möglichen Beitritt, die die Europäische Union angemahnt hat. Eine Gruppe von Richtern ernannte das letzte von acht neuen Mitgliedern des Hohen Rats der Justiz, der damit seine Funktion zur Ernennung und Entlassung von Richtern wieder aufnehmen kann. Der Ukraine-Botschafter der EU, Matti Maasikas, begrüßte den Schritt der Ukraine. "Wichtige juristische Führungsgremien können damit ihre Arbeit wieder aufnehmen", schrieb er auf Twitter. Der Rat könne nun "Rechtstaatlichkeit und Integrität" in die Praxis umsetzen.

EU-Botschafter in der Ukraine Matti Maasikas
Der EU-Botschafter in der Ukraine, Matti MaasikasBild: UKRAINE NEWS/Photoshot/picture alliance

Die Regierung in Kiew treibt auch während des Krieges gegen Russland ihre Anti-Korruptions-Bemühungen voran. Die zuständige Staatsanwaltschaft berichtete nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters im Dezember von mindestens 109 Anklagen in 42 Fällen sowie 25 Verurteilungen. Ein hochrangiges Mitglied des zuständigen Ausschusses im ukrainischen Parlament, Jaroslaw Jurtschyschyn, sprach von zwei Kriegen, die sein Land gleichzeitig führe: Der eine gegen Russland, der andere gegen die Korruption, die ihre Wurzeln in der Zeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion habe. Behörden verwiesen dabei auf die dringende Notwendigkeit, potenzielle westliche Geldgeber davon zu überzeugen, dass Milliarden-Investitionen in den Wiederaufbau nicht in dunkle Kanäle versickern würden. Die Bemühungen gelten auch als zentrale Bedingung für das langfristige Ziel einer EU-Mitgliedschaft.

kle/bru/gri/qu (rtr, afp, dpa)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.