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Politik

Aktuell: Raketen treffen Lwiw in der Westukraine

18. April 2022

Russische Angriffe auf die Regionen Donezk und Charkiw. Der Bürgermeister der westukrainischen Stadt Lwiw meldet Raketeneinschläge. Der Kampf um die Hafenstadt Mariupol im Südosten dauert an. Ein Überblick.

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Feuerwehr vor einem brennenden Wohnhaus
Kriegsschäden in CharkiwBild: Maryke Vermaak/AFP/Getty Images

Das Wichtigste in Kürze:

  • Neue Offensive im Osten der Ukraine
  • Bürgermeister von Lwiw meldet Raketenangriffe auf die Stadt
  • Russische Angriffe auf Mariupol gehen weiter
  • Putin-Vertrauter bietet sich für Gefangenenaustausch an
  • Selenskyj spricht mit IWF-Chefin über Wiederaufbau

 

Die Ukraine sieht nach eigenen Angaben Anzeichen für den Beginn einer neuen Offensive im Osten des Landes. Das Kommando der Streitkräfte schreibt auf Facebook, es gebe verstärkte Angriffe auf die Regionen Donezk und Charkiw. Auch die Kämpfe um die Hafenstadt Mariupol gingen weiter. 

Der ukrainische Generalstab berichtete am Sonntagabend von russischen Raketen- und Bombenangriffen auf die Stadt. Dabei kämen auch Überschallbomber zum Einsatz. Besonders in der Nähe des Hafens und des Stahlwerks Asowstal gebe es Angriffsversuche.

Regierungschef Denys Schmyhal sagte dem US-Sender ABC, die Stadt sei nicht gefallen. Die ukrainischen Soldaten würden in Mariupol "bis zum Ende kämpfen". Außenminister Dmytro Kuleba berichtete im ebenfalls amerikanischen Sender CBS, die eigenen Truppen seien "im Grunde eingekreist" von russischen Truppen, die Mariupol dem Erdboden gleichmachen wollten. Wörtlich sagte Kuleba: "Die Stadt existiert nicht mehr."

Stahlwerk Asowstal in Mariupol
Im Stahlwerk Asowstal sollen sich Soldaten und Zivilisten versteckt haltenBild: Sergei Bobylev/TASS/dpa/picture alliance

Russland hatte den ukrainischen Truppen in Mariupol zuvor mit Vernichtung gedroht. Die Einheiten sollen sich nach russischen Angaben im Stahlwerk Asowstal verschanzt haben. Ein Ultimatum, die Waffen bis zum Sonntagmittag niederzulegen und sich zu ergeben, ließen die Ukrainer verstreichen.

Auf dem umkämpften Gelände des Stahlwerks befinden sich nach Angaben örtlicher Behörden auch zahlreiche Zivilisten. Die Menschen hätten sich dort vor Beschuss während der wochenlangen Belagerung der Stadt durch das russische Militär versteckt, sagte der Chef der Streifenpolizei von Mariupol, Michajlo Werschinin, dem Lokalfernsehen.

Bei erneuten russischen Angriffen auf die nordostukrainische Millionenstadt Charkiw sind nach Behördenangaben mindestens drei Menschen getötet worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft schlug eine Granate am späten Montagvormittag auf einem Spielplatz in einem Wohngebiet ein, eine Frau und ein Mann wurden demnach getötet. Einen weiteren Toten sowie sechs Verletzte gab es nach Angaben des Direktors eines medizinischen Nothilfe-Zentrums bei einem Angriff auf ein humanitäres Hilfszentrum. 

Ukraine | Raketenangriff auf Lwiw
Nach Raketenangriffen auf die westukrainische Stadt Lwiw steigt Rauch aufBild: Gian Marco Benedetto/AA/picture alliance

Angriffe auch im Westen

Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben fünf Raketenangriffe auf die Stadt Lwiw gestartet. Der Bürgermeister der Stadt, Andrij Sadowyj, schrieb auf seiner Facebook-Seite von "fünf gezielten Raketenschlägen gegen Lwiw". Die Einsatzkräfte der Feuerwehr seien bereits vor Ort. Sieben Menschen wurden getötet, teilte der Gouverneur der Region, Maksym Kozystkiy, mit. Drei Raketen hätten militärische Infrastruktureinrichtungen getroffen, während eine Rakete eine Autoreifen-Ersatzwerkstatt getroffen habe, sagte er. Die Angaben aus dem Kriegsgebiet lassen sich kaum überprüfen.

Lwiw liegt weit von der Front entfernt in der Westukraine und wurde seit dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar nur selten bombardiert. Am 26. März wurde die Stadt von einer Reihe russischer Luftangriffe getroffen. Das russische Militär beschoss dabei vor allem militärische Objekte in der Nähe der Stadt, unter anderem einen Flughafen.

Derzeit keine Chance auf sichere Fluchtkorridore

Wegen anhaltender Angriffe der russischen Streitkräfte können nach ukrainischen Angaben den zweiten Tag in Folge keine Menschen aus umkämpften und belagerten Städten evakuiert werden. "Für heute, den 18. April, wird es leider keine humanitären Korridore geben", teilte die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk im Messengerdienst Telegram mit. Die Verhandlungen über die Korridore mit der russischen Armee seien "langwierig und komplex", insbesondere in Bezug auf die verwüstete Stadt Mariupol.

Kiew musste die Evakuierung über Fluchtkorridore bereits mehrmals unterbrechen, zuletzt am Sonntag. Die ukrainischen Behörden haben die Menschen in der südöstlichen Donbass-Region aufgefordert, nach Westen zu fliehen, um einer befürchteten groß angelegten russischen Offensive zur Einnahme der Region zu entgehen.

Ukraine | Viktor Medvedchuk laut ukrainischer Regierung festgenommen
Der pro-russische Oppositionspolitiker und Unternehmer Medwedtschuk soll Militärgeheimnisse an Moskau weitergegeben habenBild: UKRAINIAN PRESIDENCY/HANDOUT/AA/picture alliance

Putin-Vertrauter schlägt Gefangenenaustausch vor

Der ukrainische Oppositionspolitiker Viktor Medwedtschuk hat sich in einem Video für einen Gefangenentausch angeboten. Das Video wurde vom ukrainischen Geheimdienst veröffentlicht. Darin schlägt Medwedtschuk, der als enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt, vor, dass er an Russland übergeben werden solle. Im Gegenzug könnten in Mariupol festsitzende ukrainische Soldaten und Zivilisten die Hafenstadt über einen Fluchtkorridor verlassen. Er appellierte sowohl an Putin als auch an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Es war unklar, wie frei der Putin-Vertraute in dem auf Facebook geposteten Video sprach.

Zur gleichen Zeit wurde im russischen Staatsfernsehen ein Video gezeigt, in dem zwei britische Soldaten, die in der Ukraine von russischen Truppen gefangengenommen wurden, darum baten, gegen Medwedtschuk ausgetauscht zu werden. Nach russischen Angaben handelt es sich bei den Briten um Aiden Aslin und Shaun Pinner, die auf ukrainischer Seite in Mariupol gekämpft haben sollen. Auch hier war unklar, wie frei die Männer sprechen konnten. Sie appellierten an den britischen Premierminister Boris Johnson, sich für ihren Austausch einzusetzen. 

Deutsche Ärzte wollen Kriegsverletzten helfen

Mehr als 1100 Ärztinnen und Ärzte aus Deutschland haben sich nach Angaben der Bundesärztekammer für einen Einsatz in der Ukraine oder den Nachbarländern gemeldet. "Die Zahl zeigt, wie groß die Solidarität in der Ärzteschaft mit den Menschen in der Ukraine ist. Ein Einsatz dort kann schließlich lebensgefährlich werden", sagte Ärztepräsident Klaus Reinhardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Mediziner hätten sich auf einen entsprechenden Aufruf der Bundesärztekammer über ein Online-Portal registriert, um bei der Behandlung von Kranken und Kriegsverletzten zu helfen.

Ärztepräsident Klaus Reinhardt
Ärztepräsident Reinhardt lobt die Solidarität seiner Kolleginnen und Kollegen mit der UkraineBild: Wolfgang Kumm/dpa/picture alliance

Laut Reinhardt ist die Bundesärztekammer mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesgesundheitsministerium sowie den Botschaften der Ukraine und der Anrainerstaaten im Gespräch darüber, wie die Mediziner eingesetzt werden könnten. "Sobald uns die Regierung Bedarf für Einsätze im Rahmen internationaler humanitärer Missionen meldet, können wir ausreichend Ärztinnen und Ärzte vermitteln", sagte Reinhardt.

Ukraine hat Fragebogen zu EU-Mitgliedschaft ausgefüllt

Die Ukraine hat den von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen überreichten Fragebogen für den Antrag auf EU-Mitgliedschaft nach Regierungsangaben vollständig ausgefüllt. Wie der stellvertretende Leiter des Büros von Präsident Selenskyj, Ihor Zhovkva, in einem Interview des ukrainischen Fernsehens mitteilte, muss die Europäische Kommission nun klären, ob die Ukraine die notwendigen Beitrittskriterien erfüllt: "Wir erwarten, dass die Empfehlung positiv ausfallen wird und dann liegt der Ball bei den EU-Mitgliedstaaten."

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einer Pressekonferenz am 8. April in Kiew
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Präsident Selenskyj bei einer Pressekonferenz am 8. April in KiewBild: JANIS LAIZANS/REUTERS

Laut Zhovkva geht die Ukraine davon aus, während der geplanten Sitzung des Europäischen Rates am 23. und 24. Juni, den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu erhalten. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte Präsidenten Selenskyj bei ihrem Besuch in Kiew am 8. April eine beschleunigte Entscheidung über die Aufnahme des Landes in die Staatengemeinschaft versprochen.

Selenskyj fordert erneut mehr Waffen für sein Land

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die zögerlichen Waffenlieferungen an sein Land erneut scharf kritisiert. Angesichts einer erwarteten neuen Offensive russischer Truppen bedeute dies "eine Erlaubnis für Russland, das Leben von Ukrainern zu nehmen", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache.

Selenskyj hat nach eigenen Angaben mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgiewa, über die Finanzstabilität seines Landes und den Wiederaufbau nach dem Krieg gesprochen. Es gebe klare Pläne, teilte Selensjyj auf Twitter mit. Er sei sich sicher, dass die Kooperation zwischen der Ukraine und dem IWF auch weiterhin fruchtbar sein werde.

Der IWF und die Weltbank beginnen an diesem Montag in Washington ihre jährliche Frühjahrstagung. Dabei geht es auch um die Folgen des Ukraine-Kriegs für die Weltwirtschaft.

Geheimdienst sieht keine Planänderung Putins

Fast zwei Monate nach Beginn des Ukraine-Kriegs hat sich nach Einschätzung des ukrainischen Militärgeheimdienstes nichts an den Plänen des russischen Präsidenten Wladimir Putin geändert. "Das Ziel der militärischen Aggression ist dasselbe geblieben: Dies ist eine Operation, um die Staatlichkeit der Ukraine zu vernichten", sagte Geheimdienstchef Kyrylo Budanow dem Magazin "Der Spiegel". Die Ukraine solle nach dem Willen Russlands "aufhören als Staat zu existieren".

Was russische Besatzer hinterlassen

Auf die Frage, warum Russland entschieden habe, seine Truppen aus der Region um die Hauptstadt Kiew abzuziehen, sagte Budanow: "Sie haben sich nicht einfach so zurückgezogen - wir haben sie aus der Region Kiew vertrieben. Es begann damit, dass wir die Stadt Irpin zurückeroberten. Damit drohten ihre Kräfte im Kiewer Gebiet in zwei Teile zerschnitten zu werden."

Mehr als 140 Ermittlungsverfahren in Deutschland

Polizei und Staatsanwaltschaften in mehreren deutschen Bundesländern haben einem Bericht zufolge mehr als 140 Ermittlungsverfahren wegen der Befürwortung des russischen Angriffskriegs eingeleitet. In der Mehrheit der Fälle geht es um die Verwendung des "Z"-Symbols, mit dem die russische Armee in der Ukraine unter anderem ihre Panzer und Fahrzeuge kennzeichnet, berichtetet das Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Das "Z"-Symbol auf einem russischen Militärfahrzeug
Das "Z"-Symbol auf einem russischen MilitärfahrzeugBild: Sergei Malgavko/TASS/dpa/picture alliance

Die Verwendung des Symbols wird in mehreren Bundesländern als rechtswidrige Unterstützung des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs gewertet. Allerdings werden entsprechende Ermittlungsverfahren nicht in allen Ländern von den Behörden gesondert erfasst. Die tatsächliche Zahl der registrierten Straftaten in Zusammenhang mit dem Krieg dürfte deshalb noch um einiges höher sein.

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

nob/qu/gri/ack (dpa, rtr, afp)