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Ukraine: Machtkampf schadet Außenpolitik

18. Januar 2007

Lange waren Machtkämpfe in der Ukraine nur ein innenpolitisches Problem. Doch nun tobt in Kiew ein Kampf um die außenpolitischen Befugnisse. Deutsche Politiker sind über die derzeitige Entwicklung in der Ukraine besorgt.

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Gezerre um ukrainisches AußenamtBild: DW

Manfred Grund ist Mitglied der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag und gehört dem Außenpolitischen Ausschuss sowie der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe an. "Die Ukraine verfügt über einen demokratisch gewählten Präsidenten, eine demokratisch gewählte Volksvertretung und über eine demokratisch gewählte Regierung. Das sind die wichtigsten Voraussetzungen für das Ausland, auch für die Bundesrepublik Deutschland, mit der Legislative, mit der Exekutive in der Ukraine zusammenzuarbeiten", sagte er der Deutschen Welle und betonte zugleich: "Erschwert wird diese Zusammenarbeit durch Kompetenzstreitigkeiten, die offen ausgetragen werden - Streitigkeiten über das Amt des Außenministers und über die neuen Befugnisse der Regierung. Solange diese Streitigkeiten nicht ausgetragen sind, ist zu befürchten, dass die Entwicklung im Inneren der Ukraine blockiert wird und es kaum zu Fortschritten in der Außenpolitik kommen kann."

Lösung dringend erforderlich

Die Vorsitzende der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag und Mitglied der SPD-Fraktion, Bärbel Kofler, betonte im Gespräch mit der Deutschen Welle, das Jahr 2007 werde für die Beziehungen zwischen der Ukraine und der EU besonders wichtig. Deswegen sei der Streit um den Außenminister völlig unangebracht: "Ich hoffe sehr, dass sich die Lage klärt, auch personell, denn der Integrationskurs der Ukraine in Richtung Europa ist auch uns als Parlamentarier sehr wichtig. Auch anstehenden Verhandlungen über neue Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und der Ukraine müssen meiner Meinung nach ein Weg sein hin zu Europa, und deshalb ist es wichtig, dass so eine wichtige Schlüsselfunktion wie die Besetzung des Außenministers geordnet vonstatten geht."

Kooperation in Energiefragen

Einer der wichtigsten Punkte der Zusammenarbeit zwischen den deutschen und ukrainischen Parlamentariern ist die Schaffung von Rahmenbedingungen für Investitionen. Ein wichtiger Bereich sei aus Berliner Sicht auch die Energiesicherheit, meint Bärbel Kofler: "Ein ganz wesentliches Thema wird die Frage der Energieversorgung sein. Sie hängt im weitesten Sinne auch mit Wirtschaftspolitik zusammen. Hier könnten viele Initiativen gestartet werden. Ich denke auch an Energiesparmaßnahmen und Energieeffizienz - gerade in der Ukraine ein wichtiges Thema. Von deutscher Seite könnte man viele Kooperationen anbieten, was auch in den Rahmen der EU-Ukraine-Abkommen passt."

Problem wechselnder Mehrheiten

Vertreter der deutsch-ukrainischen Gruppe im Deutschen Bundestag sind überzeugt, dass trotz des Machtkampfes in Kiew die Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten beider Länder vorankommen wird, denn sie sei schon traditionell gut. Manfred Grund sieht aber folgende Schwierigkeiten: "Was mir Sorge macht, ist, dass es im Obersten Rat bei Abstimmungen zu wechselnden Mehrheiten kommt, dass die Verteilung der Regierungslager-Opposition nicht klar ist und dass damit auch die Ansprechpartner für uns nicht immer deutlich auszumachen sind. Aber prinzipiell steht einer guten Zusammenarbeit auch jetzt in dieser Situation nichts im Wege."

Gemeinsame außenpolitische Strategie

Nach Ansicht des Berliner Politologen Rainer Lindner ist trotz des Machtkampfes zwischen dem Staatsoberhaupt und der Regierung eine gemeinsame außenpolitische Strategie von Präsident Juschtschenko und Premier Janukowytsch möglich. Die Europäische Union würde Reformanstrengungen auch honorieren: "Wir haben die Freihandelszone mit der EU und die WTO-Verhandlungen in diesem Jahr als großes Ziel. Das sind zwei wichtige Schritte, die 2007 getan werden müssen. Wenn das gelingt, dann ergeben sich auch weitere Möglichkeiten der engeren Kooperation, sowohl mit der EU als auch mit anderen Wirtschaftsakteuren innerhalb der WTO. Insofern wäre vielleicht diese Wirtschaftsstrategie, gegen die die Regierung Janukowytsch im Grunde nicht ist, gerade was die WTO betrifft, eine Basis für eine gemeinsame außenpolitische Strategie."

Eugen Theise
DW-RADIO/Ukrainisch, 16.1.2007, Fokus Ost-Südost