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Ukraine nutzt Starlink für Drohnenangriffe

25. März 2022

Elon Musks Satelliten versorgen die Ukraine mit Internet. Mit dem ursprünglich zivilen Starlink-Programm kann das ukrainische Militär aber auch seine Drohnen gegen russische Panzer und Stellungen steuern.

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Illustration | SpaceX Starlink Satellitennetzwerk
Die Starlink-Satelliten sollen eigentlich unterversorgte Regionen fernab der Städte mit Internet versorgen. Bild: Science Photo Library/imago images

Es klingt wie ein Science Fiction und doch passiert es gerade in der Ukraine: Unmittelbar nach der russischen Invasion hatte der ukrainische Vize-Premier Fedorov über den privaten Bloggingdienst Twitter den texanischen Geschäftsmann Elon Musk gebeten, seine Starlink-Satelliten für die Ukraine freizuschalten. Und der antwortete ebenfalls per Twitter ganz spontan: "Starlink ist aktiv, weitere Empfangsanlagen sind unterwegs."

Seitdem sind bereits etliche Empfangsanlagen und leistungsstarke Akkus in der Ukraine angekommen, bedankte sich Fedorow natürlich über Twitter: "Starlink ist hier. Danke, Elon Musk."

Keine geheimen Depeschen also, keine langen Debatten, keine Kontrolle durch Regierungen oder Parlamente: Einfach ein in aller Öffentlichkeit vereinbarter Deal zwischen einem Politiker, dessen Land angegriffen wird, und einem schillernden Milliardär, der den Aggressor Putin auch noch gleich zum Zweikampf herausforderte.

Starlink ist bereits von militärischer Bedeutung

Was zunächst wie ein PR-Coup aussah, scheint inzwischen eine maßgebliche Rolle bei der ukrainischen Landesverteidigung zu spielen.

Verifizieren lassen sich all diese Erfolgsberichte natürlich kaum, aber laut britischen Medienberichten nutzen die ukrainischen Streitkräfte Starlink sehr erfolgreich für Drohnenangriffe auf russische Panzer und Stellungen. Besonders in strukturschwachen Gebieten ohne Internetverbindung sei Starlink von großer militärischer Bedeutung, berichtet "The Telegraph".

Vor allem die für die Luftaufklärung verantwortliche Einheit "Aerorozvidka" nutze Starlink für die Überwachung und Koordinierung von unbemannten Flugkörpern, die dann sehr gezielt Anti-Panzer-Bomben abwerfen würden, heißt es in der britischen Zeitung. Eine stabile Kommunikation sei dabei nur durch die hohen Datenraten von Starlink möglich.

Und in der Londoner Zeitung "Times" beschreibt ein Offizier der Einheit Aerorozvidka den Einsatz: "Wir benutzen Starlink-Ausrüstung und verbinden das Drohnenteam mit den Artillerie-Truppen. Drohnen können so Ziele bestimmen und die Position an einen Artillerie-Soldaten weitergeben." Bis zu 300 Aufklärungsmissionen gebe es täglich. Die Angriffe erfolgten dann vor allem nachts, denn die teilweise mit Wärmebildkameras ausgestatteten Drohnen seien in der Dunkelheit kaum zu erkennen.

Ukraine türkische Drohne Bayraktar TB2
Vor allem die Einsätze der unbemannten Drohen werden mit dem Starlink-Netzwerk gesteuert Bild: Yulii Zozulia/Avalon/Photoshot/picture alliance

Wie erwähnt: Der Wahrheitsgehalt solcher Aussagen lässt sich nicht von unabhängiger Stelle überprüfen. Aber selbst wenn einiges Propaganda sein sollte: Der Einsatz von Starlink spielt tatsächlich - allein schon psychologisch - eine wichtige militärische Rolle.

Eigentlich für zivile Nutzung gedacht

Die Starlink-Satelliten sollen eigentlich unterversorgte Regionen fernab der Städte mit Internet versorgen. Dabei dachte man vielleicht auch an freie Informationen für Menschen in zensierten Autokratien. Aber man dachte sicherlich nicht an ein europäisches Kriegsgebiet, in dem der Aggressor zu Beginn der Invasion zunächst gezielt die Stromversorgung und Internetverbindungen zerstörte.

Dank Starlink hat die ukrainische Bevölkerung noch oder wieder Zugang zu Informationen. Laut "The Telegraph" gehört Starlink zu den beliebtesten App-Downloads in der Ukraine. Mehr als 100.000 Menschen könnten sich so über das Kriegsgeschehen informieren und Kontakt zur Außenwelt halten. 

Auch der ukrainische Präsident Selenskyj nutzt die Starlink-Satelliten, um seine so wichtigen Reden an seine Landsleute oder auch an die Parlamente in aller Welt zu richten. Starklink ist also - jenseits der militärischen Nutzung - für den nach wie vor ungebrochenen Widerstandswillen der Ukrainer, aber auch für eine weltweite Unterstützung der Ukraine bereits jetzt von großer Bedeutung.

Starlink im russischem Visier

Da Russland weiterhin versuchen wird, die ukrainische Infrastruktur inklusive Strom- und Internetversorgung gezielt zu zerstören, wird Starlink in der kommenden Zeit vermutlich noch wichtiger.

Das bedeutet natürlich gleichzeitig, dass auch die nicht gerade unauffälligen Empfangsanlagen von Starlink ins Visier der russischen Angriffe geraten werden. Die größte Gefahr besteht allerdings darin, dass die Empfangsgeräte zu orten sind, wenn sie in Betrieb sind. "Schalten Sie Starlink nur bei Bedarf ein und platzieren Sie die Antenne so weit wie möglich von Personen entfernt", empfahl Elon Musk Anfang März per Tweet.

Gefährlicher Schlagabtausch

Neben gezielten Angriffen versucht die russische Seite offenbar auch, die Internetversorgung aus dem Orbit mit Störsendern zu unterbinden.

Aber laut SpaceX habe das Unternehmen bereits eine Lösung parat: Ein neues Software-Update senke den Stromverbrauch und könne Störsender umgehen, so Elon Musk auf Twitter.

Elon Musks tatkräftige Unterstützung der Ukraine wird auf russischer Seite als eindeutig aggressiver Akt betrachtet: Die Starlink-Aktivitäten seien eine Einmischung der westlichen Welt in den Krieg, so Dmitri Olegowitsch Rogosin, der Chef der russischen Weltraumbehörde Roskosmos. "Wenn Russland seine höchsten nationalen Interessen auf dem Territorium der Ukraine durchsetzt, taucht @elonmusk mit seinem Starlink auf, das zuvor als rein zivil deklariert wurde."

Auf den harschen Vorwurf reagierte der SpaceX-Chef auf Twitter gewohnt lakonisch: "Das zivile Internet der Ukraine hatte seltsame Ausfälle - vielleicht wegen schlechten Wetters? - deshalb hilft SpaceX bei der Behebung."

 

Korrekturhinweis: In einer früheren Fassung hieß es, Musk sei kalifornischer Geschäftsmann. Da er seit 2020 seinen Lebensmittelpunkt in Texas hat, wurde das am 27.03.2022 in "texanischer Geschäftsmann" geändert.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund