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Politik

Ein Hauch von europäischem Frühling

14. Februar 2019

Brexit und Rechtspopulisten machen's möglich: Immer mehr Deutsche wünschen sich eine stärkere Europäische Union. Zugleich wächst aber die Sorge um Frieden und Sicherheit – nicht nur wegen Trump und Putin.

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Bild: picture alliance/dpa/CTK/I. Zehl

So viel Europa war lange nicht mehr. Genaugenommen: so viel Sorge um Europa. Es vergeht kein Tag ohne einen bangen Blick nach London. Die elend lange Hängepartie zum Austritt Großbritannien aus der Europäischen Union (EU) löst quer durch den Kontinent mulmige Gefühle aus. Wird es einen sogenannten harten Brexit geben, also einen Ausstieg ohne Vertrag zwischen dem Vereinigten Königreich und der europäischen Hauptstadt Brüssel? Da mögen Politiker in europa-skeptischen Ländern wie Ungarn, Österreich oder Italien noch so forsch tun, die Angst vor einem ungeregelten Abschied nimmt täglich zu: in Berlin und Paris, Budapest und Wien, Warschau und Rom – überall.  

Ein Hoffnungsschimmer für die Freunde Europas

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In dieser Gemengelage gibt es nun ein kleines Fünkchen Hoffnung – für die, die es gut meinen mit der EU. Denn im größten Mitgliedsstaat Deutschland erfreut sich das Projekt Europa wachsender Beliebtheit. Der Befund stammt aus dem aktuellen Deutschlandtrend der Meinungsforscher von infratest dimap im Auftrag des TV-Senders ARD und der Tageszeitung "Die Welt". Demnach sieht die Hälfte der Befragten in einer EU-Mitgliedschaft Deutschlands "eher Vorteile". Ein sattes Plus von elf Prozentpunkten seit Mai 2018. Hingegen stagniert die Zahl der Skeptiker, 14 Prozent sehen "eher Nachteile".

"Wir brauchen den Backstop"

Die Brexit-Debatte wirkt sich also offenbar europafreundlich auf die Deutschen aus. Ablesbar auch in ihrer Einstellung zur künftigen Entwicklung der EU. Eine vertiefte Zusammenarbeit der Länder wünschen sich 57 Prozent, während ein Viertel das Gegenteil befürwortet und 15 Prozent den Status quo beibehalten wollen. Unter den Partei-Anhängern herrscht ein starkes Gefälle zwischen Grünen, Konservativen (CDU/CSU), Linken und Sozialdemokraten (SPD) einerseits sowie Freien Demokraten (FDP) und der Alternative für Deutschland (AfD) andererseits. Mehr als zwei Drittel der ersten Gruppe sind EU-freundlich gesinnt, hingegen trifft das nur auf knapp die Hälfte der FDP zu und auf lediglich 13 Prozent der AfD-Sympathisanten.           

Der Trennungsschmerz ist geblieben

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Ginge es nach den Deutschen, sollte Großbritannien in der EU bleiben – vier von fünf (79 Prozent) sind dafür. Den Austritt, der am 29. März vollzogen werden soll, finden nur 16 Prozent gut. Der Trennungsschmerz ist also fast unverändert groß, seit die Briten im Sommer 2016 für den Brexit stimmten. Ihre überraschende Entscheidung begrüßten damals 17 Prozent der Deutschen, 74 Prozent bedauerten sie.

Welchen Einfluss die Brexit-Debatte und rechtspopulistische Strömungen in vielen europäischen Ländern auf das Bedrohungsgefühl der Deutschen haben, ist schwer einzuschätzen. Unabhängig davon verweisen die Analysten von infratest dimap darauf, dass sich die globale Lage deutlich gewandelt habe: wachsende Konflikte zwischen dem Westen und Russland, ein selbstbewusstes China und die von einem multilateralen Kurs abrückenden USA.

Russland vertrauenswürdiger als die USA

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Als mehrheitlich vertrauenswürdiger Partner Deutschlands empfiehlt sich in der Umfrage keines der drei Länder. Russland schneidet mit 35 Prozent noch am besten ab, gefolgt von China (28 Prozent) und den USA (24 Prozent). Die Supermacht jenseits des Atlantiks stößt seit dem Amtsantritt Donald Trumps auf deutliche Skepsis. Bemerkenswert: Trotz Vorwürfe des Westens, Wladimir Putin habe Rüstungsabkommen wie den INF-Vertrag unterlaufen, rangieren die Amerikaner deutlich hinter Russland.

Vor diesem Hintergrund wollten die Meinungsforscher für den Deutschlandtrend ganz allgemein wissen: "Wie stark sind Frieden und Sicherheit in Europa derzeit bedroht?" Das Ergebnis: 39 Prozent sorgen sich "stark" oder "sehr stark", 59 Prozent "wenig" oder "gar nicht". Am größten ist das Bedrohungsgefühl bei AfD-Anhängern, am kleinsten bei denen der FDP.

Kleiner Lichtblick für die SPD

Beim Blick auf die parteipolitischen Befindlichkeiten im eigenen Land darf sich die SPD nach langer Zeit ein wenig freuen. Als einzige im Bundestag vertretene Partei legte sie im Deutschlandtrend zu – plus zwei Prozentpunkte. CDU/CSU und FDP treten auf der Stelle. AfD, Linke und Grüne verlieren jeweils einen Prozentpunkt. Wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl, hätte die große Koalition aus CDU/CSU und SPD also weiterhin keine Mehrheit mehr. Ein Zustand, der schon lange anhält.        

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Deutsche Welle Marcel Fürstenau Kommentarbild ohne Mikrofon
Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland