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Umstrittene Max-Stern-Ausstellung

Brenda Haas | Christine Lehnen
2. September 2021

Die Erben des jüdischen Kunsthändlers verweigern die Teilnahme, weil sie von der Stadt brüskiert wurden. Jetzt entschuldigt sich der Bürgermeister.

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Eine Schwarz-weiß-Aufnahme des Galeriebesitzers Max Stern um 1925. Stern hält einen Hut in der einen und einen Koffer in der anderen Hand
Max Stern um 1925: Eine Ausstellung über den Galeriebesitzer wird von offenen Fragen um Raubkunst überschattetBild: Gemeinfrei/National Gallery of Canada/Library and Archives/Fonds Max Stern

Selten hat eine Ausstellung schon im Vorfeld so viel Wirbel verursacht. Nun wird die geplante Ausstellung zu dem jüdischen Kunstsammler Max Stern in Düsseldorf nach jahrelangem Streit endlich eröffnet. 
2017 sah alles noch ganz anders aus. Die Vorbereitungen zur Schau über das Leben und Vermächtnis des von den Nazis verfolgten jüdischen Kunsthändlers Max Stern waren fast abgeschlossen. Initiiert wurde sie damals vom Stadtmuseum, der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und der in Kanada ansässigen Stiftung "Max Stern Art Restitution Project", die sich um die Rückgabe von Werken aus Sterns ehemaligem Besitz bemüht.

Doch im November sagte die Stadt die Ausstellung "Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändler Max Stern" kurzfristig ab - mit Blick auf "aktuell laufende Auskunfts- und Restitutionsgesuche in deutschen Museen."

Die einseitige Entscheidung verärgerte nicht nur Spender und Partner, sie veranlasste auch Sterns Nachlassverwalter - drei Universitäten in Kanada und Israel -, ihre Kooperation zurückzuziehen. Sie fühlten sich von der Stadt brüskiert, weil sie vor der Absage nicht einbezogen worden waren.

Nun findet die Schau also doch statt - wenn auch ohne Partner. Bei der Bekanntgabe des neuen Ausstellungstermins im Juli 2021 sagte der Düsseldorfer Bürgermeister Stephan Keller: "Die Geschichte von Max Stern und der Galerie Stern sind Teil der Düsseldorfer Stadtgeschichte." Stern sei als hoch angesehener Bürger und wichtiger Kunsthändler ein Opfer des Nazi-Terrors geworden. "Ihm eine Ausstellung zu widmen und seine Geschichte in Düsseldorf zu erzählen, ist von großer Bedeutung."

Das Gemälde "Maria mit Kind" zeigt eine Frau mit Kopfbedeckung und einem lächelnden Kind im Arm
Das Renaissance-Gemälde "Maria mit Kind" des flämischen Malers Robert Campin war die erste Rückgabe eines deutschen Museums (der Staatsgalerie Stuttgart) an Max Sterns StiftungBild: picture-alliance/dpa/S. Pilick

Wer war Max Stern?

1934, ein Jahr nach der Machtergreifung der Nazis, übernahm der Kunsthistoriker Max Stern die 1913 von seinem Vater Julius Stern gegründete Kunsthalle. Sie hatte ihren Sitz auf der Prachtstraße der Stadt, der Königsallee 23-25, und war Anfang des 20. Jahrhunderts eine der angesehensten Adressen im Düsseldorfer Kunsthandel. Keller sagte bei einer Pressekonferenz zwei Tage vor der Ausstellungeseröffnung, die durch die Absage entstandene Kontroverse sei "bedauerlich" und habe als Affront wahrgenommen werden müssen. Er sicherte dem kanadisch-israelischen "Restitution Project" einen "verantwortungsvollen Umgang" mit noch offenen Rückgabegesuchen zu und hoffe, dass mit dem Abschluss der Ausstellung der Zeitpunkt gekommen sei, wieder miteinander in Austausch zu treten. Er sei "gern bereit, neue Gespräche aufzunehmen", so Keller.

Stephan Keller, Oberbürgermeister von Düsseldorf, steht vor dem Bild "Die Kinder des Künstlers" (1830) von Friedrich Wilhelm von Schadow
Düsseldorfs Bürgermeister Stephan Keller sucht das Gespräch mit den Erben Max SternsBild: Rolf Vennenbernd/picture alliance/dpa

Wegen seiner jüdischen Abstammung wurde Stern 1935 die Aufnahme in die Reichskammer der bildenden Künste verweigert. Er war gezwungen, seine Galerie zu schließen und die Kunstwerke vom Auktionshaus Lempertz in Köln veräußern zu lassen. 1938 floh er nach London, später ließ er sich in Kanada nieder. Er starb 1987 kinderlos und hinterließ den Großteil seines Nachlasses drei Universitäten: Concordia und McGill im kanadischen Montreal und der Hebräischen Universität in Jerusalem. Diese gründeten das "Max Stern Art Restitution Project", das bis heute erfolgreich die Restitution von mehr als 20 Werken durch Museen und den Kunsthandel erwirkt hat - insgesamt sollen 400 Kunstwerke den Weg in die Hände der Stiftung zurückfinden.

Kuratiert aus aufgezeichneten Erinnerungen

Der Berliner Historiker Dieter Vorsteher kuratierte die neu konzipierte Ausstellung in Düsseldorf. Er verbrachte zehn Tage in Ottawa, um in der National Gallery of Canada über Sterns Nachlass zu recherchieren.

Anhand von Tonbändern mit Sterns Erinnerungen, die dieser 1982 aufnahm, zeichnete Vorsteher die Erfolgsgeschichte der Galerien nach, die Stern einst in Düsseldorf, London und Montreal betrieb. Dabei stieß er auch auf bisher unbekannte Details aus dem Leben der Familie Stern ab 1900.

Der Fall Saulmann

In der Ausstellung werden dazu Fotos, Filme und Informationstafeln gezeigt - und auch die von 1934 bis 1942 geführte Gestapo-Akte über den Kunsthändler.

Unterstützung versagt

Das "Restitution Project" und das ursprüngliche kanadische Kuratoren-Team sind jedoch nicht mehr an der Ausstellung beteiligt und bemängelten noch im Sommer deren Konzept. "Nach der politisch gesteuerten Entscheidung, die zur Absage der ursprünglichen Ausstellung führte, weigern sich kanadische Wissenschaftler, mit einer Verwaltung in Verbindung gebracht zu werden, die einst ihre akademische Legitimität in Frage stellte", erklärte ein Sprecher der Stiftung. Auch die jüdische Gemeinde Düsseldorf ist nicht länger Partner der Ausstellung.

Es wurde vermutet, dass die Unterstützung auch wegen der laufenden Restitutionsforderungen für zwei geraubte Gemälde, die mit Stern in Verbindung stehen und in Düsseldorfer Museen hängen, zurückgezogen wurde: "Die Kinder des Künstlers" (1830) von Friedrich Wilhelm von Schadow und Heinrich Heimes' "Sonnenuntergang an der Nordsee" (1891). 

Kurator Dieter Vorsteher sagte, das Thema Raubkunst werde in der Ausstellung diskutiert, stehe aber nicht im Vordergrund. "Aber wir werden die Probleme und die Notwendigkeit darstellen", sagte er.

Eine Frau steht vor einer Wand in einer Düsseldorfer Ausstellung, an der Zitate aus der Presse angebracht sind.
Die Ausstellung thematisiert auch die Absage aus dem Jahr 2017 im Zusammenhang mit Restitutionsforderungen und ErinnerungskulturBild: Rolf Vennenbernd/picture alliance/dpa

Der Provenienzforscher Willi Korte stellte im Deutschlandfunk in Frage, was eine solche Ausstellung ohne die Mitwirkung entscheidender Experten bewirken könne. "Als jemand, der seit 20 Jahren Stern-Forschung betreibt, kann ich sagen, dass es noch große Lücken im Verständnis der Biografie von Max Stern gibt", sagte er. "Viele Archivdokumente aus der Zeit des Nationalsozialismus sind verloren gegangen." 

Düsseldorfer Bürgermeister will Streit schlichten

Unterdessen kündigte Düsseldorfs Bürgermeister Keller an, dass im Frühjahr 2022 auf der Königsallee ein Mahnmal errichtet werden soll: zur Erinnerung an die ehemaligen Bewohner der Stadt, die dem Nazi-Terror zum Opfer fielen. "Max Stern war einer von ihnen", sagte er. Außerdem bot er dem kanadischen "Restitution Project" zur Eröffnung der Ausstellung neue Gespräche über eine Rückgabe an.

Eine Frau steht mit medizinischer Maske vor einem Ölgemälde, das zwei Kinder darstellt.
Möglicherweise Nazi-Raubkunst: das Gemälde "Die Kinder des Künstlers" (1830) von Friedrich Wilhelm von SchadowBild: Rolf Vennenbernd/picture alliance/dpa

Die Ausstellung "Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändler Max Stern" ist vom 2. September 2021 bis zum 30. Januar 2022 im Stadtmuseum Düsseldorf  zu sehen.

Adaption aus dem Englischen: Torsten Landsberg 

Dies ist die aktualisierte Fassung eines Artikels vom 14.07.2021.