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Umstrittener Besuch Hollandes im Tschad

Dirke Köpp17. Juli 2014

Wirtschaft und Sicherheit sind die Themen der Mini-Tournee des französischen Präsidenten durch Westafrika. Dass François Hollande dabei auch den tschadischen Autokraten Déby besucht, stößt auf Kritik.

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Francois Hollande (l.) und Idriss Deby Itno (Foto: ETIENNE LAURENT/ dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Nach seinem Besuch in der Elfenbeinküste und im Niger soll François Hollande am Freitagabend (18.07.2014) in der tschadischen Hauptstadt N'Djamena landen und seinen tschadischen Amtskollegen Idriss Déby treffen. Ein Besuch, der ebenso umstritten ist wie Déby selbst – der sich 1990 an die Macht geputscht hatte und als wenig demokratisch gilt. Während er Frankreich und die Vereinten Nationen (UN) mit seiner gut gerüsteten Armee bei regionalen Konflikten wie in Mali unterstützt und sich so nach Außen unverzichtbar macht, geht er im eigenen Land hart gegen Kritiker vor. Beobachter sagen, er habe sich durch seine Militärhilfe wieder salonfähig gemacht.

"Außenpolitisch hat Déby das Geld aus der Öl-Förderung im Land sehr zum Ausbau seiner militärischen Macht geholfen", sagte Helga Dickow, Tschad-Expertin am Arnold-Bergstraesser-Institut der Universität Freiburg in Deutschland, der Deutschen Welle. "Innenpolitisch hat es dem Präsidenten zum Ausbau seiner politischen Macht verholfen."

Präsident Hollande in Afrika
Hollande: gern in Afrika zu Gast, hier in Nigeria im April 2014Bild: Reuters

Déby lässt gezielt Menschen fördern, die ihm nützen könnten. Zudem werden politische Gegner kaltgestellt, indem er sie mit prestigeträchtigen Posten ins eigene System lockt. Wer nicht mitspielt, wird hingegen verfolgt.

Militärbasis exterritorial

Dass Frankreich die Beziehung zum Tschad pflegt, ist nicht neu: Die ehemalige Kolonialmacht hat dies stets getan. 1990 half sie Déby, seinen Vorgänger Hissène Habré zu stürzen. 2008 eilte sie ihm zur Hilfe, als Rebellen ihn aus dem Amt putschen wollten. Denn für Frankreich ist das zentralafrikanische Land nicht nur ökonomisch, sondern vor allem strategisch wichtig: In der Hauptstadt N'Djamena und in Abeché im Osten unterhält das französische Militär zwei wichtige Stützpunkte. Die Militärbasis in N'Djamena gewinnt künftig noch mehr Bedeutung: Von dort aus soll die neue grenzüberschreitende Anti-Terror-Truppe für Afrika befehligt werden, die Frankreich gerade ins Leben gerufen hat.

Diese so genannte Operation "Barkhane" (Sicheldüne) soll die bisherige Operation "Serval" ersetzen, mit der Frankreich islamistische Rebellen in Mali bekämpft hatte. Etwa 3000 französische Soldaten der Operation Barkhane sollen mit Drohnen, Hubschraubern und Kampfjets dafür sorgen, dass sich zwischen dem Horn von Afrika und Guinea-Bissau keine islamistischen Terroristen ausbreiten. Dabei setzt Frankreich auf die Kooperation mit Mali, Mauretanien, Niger, dem Tschad und Burkina Faso. Mit diesem Anliegen ist Hollande seit Donnerstag (17.07.2014) in Afrika unterwegs, dafür trifft er sich mit Idriss Déby.

Französische Soldaten auf dem Militärstützpunkt Gao in Mali (Foto: JOEL SAGET/AFP/Getty Images)
Französische Soldaten auf dem Militärstützpunkt Gao in MaliBild: JOEL SAGET/AFP/Getty Images

Der französische Experte für Frankreich-Afrika-Beziehungen, Antoine Glaser, betont im Gespräch mit der Deutschen Welle, wie sehr das selbst in Frankreich schockiere – denn zu Beginn seiner Amtszeit hatte François Hollande einen großen Bogen um Déby gemacht. So hatten viele erwartet, dass er sich anders verhalten werde als sein Amtsvorgänger Nicolas Sarkozy: "Als François Hollande Präsident wurde, hieß es unter den Diplomaten: 'Der wird niemals Idriss Déby empfangen.'", so Antoine Glaser. "Aber wie Sie sehen, ist Idriss Déby sogar einer seiner bevorzugten Gesprächspartner geworden." Nun aber, kritisiert der Experte, sei die französische Afrika-Politik zu einer geworden, "bei der es nicht länger die Diplomaten sind, die entscheiden, sondern die Militärs". Und eines sei klar: "Diese geostrategische Option wirkt sich natürlich negativ auf die Menschenrechte aus."

Geostrategie versus Menschenrechte

Ölplattform in Kome im Tschad (Foto: DESIREY MINKOH/AFP/Getty Images)
Petrodollar geben Präsident Deby genug RückhaltBild: Desirey Minkoh/AFP/Getty Images

Viele Organisationen kritisieren Déby und werfen ihm massive Menschenrechtsverletzungen vor. Reporter ohne Grenzen kritisiert, dass Journalisten massiv unter Druck gesetzt würden. Im Tschad selbst wünschen sich Vertreter der Zivilgesellschaft, dass der französische Präsident das ungeklärte Verschwinden des Oppositionspolitikers Ibni Oumar Mahamat Saleh ansprechen solle. Saleh war 2008 von Sicherheitskräften Débys verhaftet worden und ist seitdem verschollen. Saleh Kebzabo, Chef der vereinigten Oppositionsparteien, fordert Hollande auf, er müsse von Déby Aufklärung verlangen.

Aber auch die soziale Ungleichheit sollte Hollande ansprechen, unterstreicht der tschadische Menschenrechtler Deuzoumbe Daniel Passalet. Er kritisiert die ungerechte Verteilung von Geld und Reichtum in seinem Land: "Das Geld aus der Öl-Förderung wird vor allem in der Region ausgegeben, aus der der Präsident stammt: Im Norden gibt es kleine Krankenstationen und gut gebaute Schulen. Im Süden hingegen sind die Schulen nur Strohhütten, und die Schüler müssen auf dem Boden sitzen", weiß Passalet. Manchmal würden die Schulbänke als Feuerholz benutzt, und in den Klassenräumen würden Tiere untergebracht.

Ob Francois Hollande im Tschad neben Sicherheitsfragen auch die Menschenrechte, die soziale Ungleichheit oder gar das Verschwinden Ibni Oumars anspricht, ist offen. Es ist nicht leicht, jemanden zu kritisieren, auf dessen Hilfe man angewiesen ist. Das nächste Treffen mit Idriss Déby steht hingegen schon fest: Der französische Präsident soll ihn und seine Amtskollegen aus dem Niger, Mahamadou Issoufou, sowie der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, zu den Feierlichkeiten eingeladen haben, die am 15. August an die Landung der Alliierten in der Provence vor 70 Jahren erinnern. Viele Franzosen dürften da ein weiteres Mal von Hollande enttäuscht sein.

Tschad Präsident Idriss Deby Itno (Foto: HORACIO VILLALOBOS/dpa )
Regiert mit harter Hand: Präsident Idriss DebyBild: picture-alliance/dpa