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Umstrittener dänischer Karikaturist gewürdigt

8. September 2010

Der dänische Karikaturist Kurt Westergaard hat in Potsdam einen Medienpreis für Pressefreiheit bekommen. Mit seiner Mohammed-Zeichnung hatte er 2005 in der islamischen Welt für Empörung gesorgt.

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Kurt Westergaard mit Kanzlerin Merkel (Foto: AP)
Kurt Westergaard mit Kanzlerin Angela MerkelBild: AP

"Du wirst in der Hölle brennen!", sagten aufgebrachte Muslime auf der Straße zum dänischen Mohammed-Karikaturisten Kurt Westergaard. "Ich fragte sie höflich, ob wir reden könnten", erzählte der 75-jährige Däne bei der Preisverleihung am Mittwoch (08.09.2010) in Potsdam. "Daran waren sie nicht interessiert. Dann sagte ich zu ihnen: Wir reden noch einmal in der Hölle darüber." Gelächter im Raffaelsaal im Schloss Sanssouci.

Seit fünf Jahren lebt der ehemalige Karikaturist der dänischen Tageszeitung "Jyllands-Posten" unter strengstem Polizeischutz. Er kriegt Morddrohungen - Anfang des Jahres ist er knapp einem Anschlag entkommen. Doch der überzeugte Atheist bleibt unbeugsam und setzt sich weiterhin für die Meinungsfreiheit ein.

Bei der Preisverleihung genoss Westergaard nicht nur die Anerkennung vieler Medienschaffenden aus Deutschland und Europa, sondern auch die von Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Bei dem Mann, den Sie heute auszeichnen, geht es um die Meinungs- und Pressefreiheit", sagte sie in ihrer Hauptrede. "Bei ihm geht es darum, ob er in einer westlichen Gesellschaft seine Mohammed-Karikaturen in einer Zeitung veröffentlichen darf, ja oder nein." Dann redete die Kanzlerin Klartext: "Ja, er darf es!"

Merkel betonte in ihrer Rede den Unterschied zwischen der Debatte um Westergaard und der Diskussion um den Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin: Dabei gehe es nicht um die Meinungsfreiheit. "Es geht darum, welche Folgen ein Buch für einen Autor in einer besonderen wichtigen öffentlich-rechtlichen Institution haben kann oder nicht." Damit rechtfertigte sie ihre Kritik an dem SPD-Politiker, der mit seinen Äußerungen gegen muslimische Einwanderer in den letzten Wochen für heftige Debatten in der deutschen Öffentlichkeit gesorgt hatte.

Wertegebundene Interessen

Zuvor war der Auftritt der Kanzlerin bei der Preisverleihung in Potsdam in der deutschen Presse als eine ihrer mutigsten Entscheidungen kommentiert worden. Merkel machte keinen Hehl daraus, dass auch sie sich die Frage gestellt hatte: "Soll die deutsche Bundeskanzlerin als Hauptrednerin bei einer Veranstaltung sein, die einen Karikaturisten wie Westergaard auszeichnet? Soll sie den Dalai Lama empfangen? Soll sie Berichte von Reporter ohne Grenzen zur Presse- und Meinungsfreiheit ernst nehmen?" Auch diese Fragen hatte die Christdemokratin eindeutig mit "Ja" beantwortet. "Deutsche Politik vertritt Interessen wertegebunden nach innen wie nach außen", argumentierte sie.

Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs, Kurt Westergaard, Joachim Gauck und Angela Merkel (Foto: DPA)
Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs, Kurt Westergaard, Joachim Gauck und Angela Merkel (von links nach rechts)Bild: picture alliance/dpa

Laudator Joachim Gauck nannte die Verleihung des Preises eine "besondere Stunde", nicht zuletzt auch deshalb, weil er von wichtigen Medienvertreter aus Deutschland und Europa vergeben wurde. "Es sind nicht nur ein Paar Spezialisten der schönen Worte und schönen Gedanken, der moralischen Erwägungen hier versammelt, sondern es sind Pragmatiker der Macht und des Mediengeschäfts", sagte der frühere Präsidentschaftskandidat mit Blick auf die Teilnehmer des internationalen Medientreffens "M100 Sanssouci Colloquium".

Die Veranstaltung lädt seit 2005 jährlich 80 bis 100 der wichtigsten Chefredakteure und Meinungsmacher und Europa und der ganzen Welt ein, um über aktuelle medienpolitische Fragen zu diskutieren. Diesmal ging es um die Pressefreiheit in Europa. Exklusiv machten das Treffen nicht nur die Teilnehmer und das historische Ambiente im prachtvollen preußischen Schloss. Auch die strenge Trennung zwischen den Teilnehmern und den rund 50 akkreditierten Berichterstattern, die die Preisverleihung durch eine Videoübertragung verfolgen mussten, trug dazu bei.

Was Chefredakteure aus Ländern, in denen die Mohammed-Karikaturen für Empörung gesorgt haben, von der Preisverleihung hielten, konnte man nicht erfahren. Sie waren nicht anwesend.

Autorin: Anila Shuka
Redaktion: Kay-Alexander Scholz