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Politik

Strenge Auflagen für NGOs in der Türkei

27. Dezember 2020

Das türkische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, das die Aufsicht über Stiftungen und Vereine verschärft. Offiziell soll so die Finanzierung von Terrorismus verhindert werden. NGOs üben heftige Kritik.

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Menschenrechtsorganisation wie Amnesty International sehen ihre Arbeit in der Türkei durch das Gesetz bedrohtBild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Seinem Titel zufolge soll das neue Gesetz die Finanzierung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen verhindern. Die neuen Regeln erlauben dem Innenminister, Mitglieder von zivilrechtlichen Organisationen zu ersetzen, gegen die wegen Terrorismusvorwürfen ermittelt wird, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Ferner sollen Behörden bei Gericht beantragen können, Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) komplett auszusetzen.

Das Gesetz sieht weiterhin vor, dass Stiftungen jährlich von Beamten kontrolliert werden. Lokale Gouverneure oder der Innenminister können zudem Online-Spendenaktionen blockieren, um "Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche zu verhindern". Die Höhe der Geldstrafen, die gegen Organisationen verhängt werden können, wurden stark angehoben. Das Gesetz gilt auch für internationale Organisationen.

NGOs befürchten noch mehr Willkür in der Türkei

Entworfen wurden die neuen Regeln von der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Sie hält gemeinsam mit der nationalistischen MHP die Mehrheit im Parlament.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Gesetz scharf. Nach Ansicht von Amnesty International werden dadurch die Freiheiten von zivilgesellschaftlichen Organisationen stark einschränkt. Der türkische Innenminister könne nun Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen "willkürlich" einschränken, so die Organisation Human Rights Watch (HRW). 

Hunderttausende Verfahren wegen "Terrorverdacht"

Schon Anfang der Woche hatten sieben zivilrechtliche Organisationen in einer gemeinsamen Erklärung gewarnt, mit dem Gesetz werden die Unschuldsvermutung verletzt. "Angesichts der Tatsache, dass gegen tausende Akteure der Zivilgesellschaft - Journalisten, Politiker, Mitglieder von Berufsorganisationen - im Rahmen des (Anti-Terrorismus-Gesetzes) ermittelt wird, gibt es gibt es keinen Zweifel, dass dieses Gesetz auf fast alle regierungskritischen Vereinigungen zielt", hieß es in der Erklärung. Die Erhöhung der Geldstrafen werde "in der Praxis zur Schließung vieler Vereine" führen.

Seit dem gescheiterten Putsch gegen die Regierung im Jahr 2016 wurden in der Türkei hunderttausende Terrorverfahren eingeleitet. Mehrere hundert Stiftungen und Vereine sind bereits durch Dekrete aufgelöst worden. Kritiker werden der Regierung von Präsident Erdogan vor, den Putschversuch als Vorwand zu benutzen, um abweichende Meinungen zu unterdrücken.

cw/qu (dpa, rtre)