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UN-Bericht: Kampf um Erhalt der Gletscher praktisch verloren

21. April 2023

Weltweit sind die Gletscher im Vorjahr dramatisch schnell geschmolzen. Gegenmaßnahmen scheinen praktisch aussichtslos. Zu diesem Ergebnis kommt die Weltorganisation für Meteorologie in ihrem Jahresbericht zum Weltklima.

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Mit weißen Planen teilweise abgedeckter Rhonegletscher bei Oberwald im Wallis
Der Rhonegletscher bei Oberwald im schweizerischen Wallis ist teilweise mit weißen Planen abgedecktBild: Jürgen Wackenhut/Zoonar/picture alliance

Der Klimawandel bringt immer mehr Eismassen in den Alpen zum Schmelzen. Allein in der Schweiz seien zwischen 2021 und 2022 rund sechs Prozent des Gletschereisvolumens verloren gegangen, erklärte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) in ihrem Statusbericht zum Weltklima 2022. Zwischen 2001 und 2022 sei in der Schweiz sogar ein Drittel des Gletschervolumens verschwunden, heißt es in dem Bericht. Zum ersten Mal in der Geschichte habe selbst an den höchstgelegenen Messstellen kein Schnee die sommerliche Schmelzperiode überstanden. Somit habe sich kein neues Eis ansammeln können. Ein Wetterballon habe am 25. Juli die Temperatur von null Grad Celsius in 5.184 Metern Höhe registriert, das sei die höchste aufgezeichnete Null-Grad-Linie in der 69-jährigen Aufzeichnungshistorie, teilte die UN-Organisation in Genf mit.

"Das Abschmelzen einiger europäischer Gletscher hat buchstäblich alle Grenzen gesprengt", erklärte die WMO. Der Kampf um die Gletscher sei praktisch bereits verloren, sagte WMO-Chef Petteri Taalas der Nachrichtenagentur AFP. Außerdem ist laut Bericht der Umfang des Meereises in der Antarktis "auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen gefallen".

Die acht wärmsten Jahre

Zugleich haben entscheidende Gradmesser für den Klimawandel erneut Höchststände erreicht. Demnach waren die vergangenen acht Jahre die wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1850, und dies trotz der abkühlenden Wirkung des La-Nina-Phänomens in den vergangenen drei Jahren. 2022 sei das fünft- oder sechstwärmste Jahr gewesen, so der Bericht. Im vergangenen Jahr lagen die Temperaturen demnach 1,15 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Das Pariser Klimaabkommen sieht eine Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad und möglichst 1,5 Grad vor. Derzeit steuert die Erde nach UN-Angaben aber auf eine Erwärmung von 2,5 bis 3 Grad zu. Neue Höchststände registrierte der Bericht auch beim Anstieg der Meeresspiegel, der Erwärmung der Ozeane und bei der Treibhausgas-Konzentration in der Atmosphäre.

Trotz der schlechten Daten sieht Taalas aber auch Gründe zur Hoffnung. Zum einen werde grüne Energie billiger als fossile Brennstoffe, erklärte er. Zum anderem entwickle die Welt bessere Methoden zur Eindämmung des Klimawandels. Eine gute Nachricht sei auch, dass inzwischen "der private Sektor und die großen Unternehmen weltweit Teil der Lösung sein wollen", sagte der WMO-Chef. So hätten 32 Länder ihre Emissionen reduziert, ihre Wirtschaft sei trotzdem gewachsen. Der Planet steuere nicht mehr auf eine Erwärmung von 3 bis 5 Grad Celsius zu, wie noch 2014 prognostiziert worden sei, fügte Taalas hinzu. "Im besten Fall könnten wir immer noch eine Erwärmung von 1,5 Grad Celsius erreichen."

Weitreichende soziale Folgen

WMO-Generalsekretär Taalas wies auch auf die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Klimaveränderung hin. Während die Treibhausgasemissionen weiter anstiegen, seien vergangenes Jahr Abermillionen von Menschen von Dürren in Ostafrika, Starkregen in Pakistan oder Hitzewellen in China und Europa betroffen gewesen. Folgen seien Ernährungsunsicherheit und Massenmigration sowie Verluste und Schäden in Milliardenhöhe. Taalas mahnte erneut zum Ausbau von Frühwarnsystemen.

Petteri Taalas, Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie (WMO)
Petteri Taalas, Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie (WMO)Bild: Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE/picture alliance

UN-Generalsekretär Antonio Guterres drängte anlässlich des Berichts auf stärkere und raschere Emissionssenkungen. "Wir haben die Werkzeuge, das Wissen und die Lösungen. Aber wir müssen das Tempo erhöhen", sagte er. Insbesondere in den gefährdetsten Ländern und den Gesellschaften, die am wenigsten zur Krise beigetragen hätten, müssten Investitionen in Anpassung und Widerstandsfähigkeit massiv aufgestockt werden.

Der am Donnerstag veröffentlichte Bericht des europäischen Klimabeobachtungsdienstes Copernicus gab für Europa ebenfalls neue Rekorddaten bei der Klimaerwärmung an. Beide Berichte erschienen im Vorfeld des Earth Day, eines jeweils am 22. April begangenen weltweiten Aktionstages, der zu Klimaschutz aufruft.

kle/uh (afp, kna, epd, dpa)