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Das UN-Mandat zum Mali-Einsatz

Katrin Matthaei27. November 2012

Die Vereinten Nationen bereiten sich auf die Entmachtung der Islamisten im Norden Malis vor. Die Grundlage für ein baldiges Mandat soll ein Bericht von UN-Generalsekretär Ban liefern.

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UN-Generalsekretär Ban Ki Moon (Foto: GettyImages)
UN Vollversammlung Ban Ki-moonBild: Getty Images

Steinigungen, Amputationen, strenge Verhaltensregeln – es ist eine Schreckensherrschaft, die die Islamisten im Norden Malis errichtet haben. Der malische Staat hat hier nichts mehr zu sagen. Daher ist sich die internationale Staatengemeinschaft einig: Die Region, etwa doppelt so groß wie Frankreich, muss aus dem Würgegriff der Separatisten befreit werden. Dazu will die Westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS 3300 Soldaten bereit stellen; die Truppen stammen aus Nigeria, dem Senegal, Niger, Burkina Faso, Ghana und Togo. Sie sollen die Region zurückerobern - gemeinsam mit der malischen Armee. Weil die aber in einem desolaten Zustand ist, will die Europäische Union, darunter auch Deutschland, rund 250 militärische Ausbilder entsenden.

An einem Kampfeinsatz selbst werden sich die Europäer also nicht beteiligen - mit einer möglichen Ausnahme: Frankreich könnte die Boden-Offensive aus der Luft unterstützen, um zurückeroberte Gebiete zu halten. Der geplante militärische Einsatz könne aber nicht vor Herbst kommenden Jahres beginnen, erklärte kürzlich der UN-Beauftragte für die Sahelzone, Romano Prodi.

Bewaffnete Männer auf und vor einem Panzer (Foto: REUTERS)
Islamistische Kämpfer in Gao, der Hauptstadt des Rebellen-"Staates" Azawad in MaliBild: Reuters

Eine bislang einmalige Intervention

Weil es um eine militärische Offensive geht, muss der UN-Sicherheitsrat ein robustes Mandat erteilen. "Es handelt sich bei dem Einsatz nicht um eine herkömmliche 'Friedenserhaltende Mission' wie etwa bei der UN-Mission MONUSCO im Kongo", sagt Paul Melly, Afrika-Experte bei der renommierten Denkfabrik Chatham House in London. Eine militärische Auseinandersetzung sei diesmal also keine Ausnahme, sondern von vornherein Teil des Plans.

Die Liste der UN-Missionen in Afrika ist lang: Rund 30 Einsätze hat es in den vergangenen 50 Jahren gegeben, etwa beim Völkermord 1994 in Ruanda, im Bürgerkrieg in Somalia oder bei den Rebellen-Angriffen im Osten Kongos. Trotzdem sei der geplante Einsatz in Mali eine bislang einmalige Intervention, sagt Alexander Stroh vom Giga-Institut für Afrika-Studien in Hamburg. "Bei Mali handelt es sich nicht um einen völlig zusammengebrochenen Staat, betroffen ist nur ein Teil-Territorium. Außerdem sind sich alle einig - die internationale Gemeinschaft sowie die malische Regierung, dass die Situation im Norden des Landes inakzeptabel ist", so Stroh gegenüber der DW.

Kämpfer der islamistischen Gruppe Ansar Dine in Mali (Foto: REUTERS)
Kämpfer der islamistischen Gruppe Ansar Dine in MaliBild: REUTERS

Vertrauen der Bevölkerung wichtig

Ein wesentliches Merkmal der geplanten UN-Mission ist nicht zuletzt, dass die Soldaten ausnahmslos aus Malis Nachbarregion stammen werden - also ebenfalls Französisch sprechen und der malischen Bevölkerung kulturell nahe stehen. Ein großer Vorteil gegenüber der aktuellen MONUSCO-Mission im Kongo: Dort sind viele Soldaten aus Pakistan, Indien oder Bangladesch im Einsatz. In der Bevölkerung sind sie regelrecht verhasst. Dass die MONUSCO die Eroberung der Stadt Goma durch die M23-Rebellen im Osten des Landes nicht aufgehalten hat, sehen viele Einwohner als Fortsetzung einer Serie von Skandalen: Es gab Fälle von Korruption und Übergriffe auf Zivilisten und als Milizen Dörfer überfielen, schritten die UN-Truppen nicht zum Schutz der Bevölkerung ein. Das dürfe in Mali nicht passieren, warnt Afrika-Experte Paul Melly. "Entscheidend ist: Sind die westafrikanischen Truppen gut ausgebildet und diszipliniert, respektieren sie die malische Bevölkerung, handeln sie professionell und kompetent - dann ist die Hoffnung groß, dass die Menschen den Soldaten vertrauen. Und das ist ein sehr wichtiger Bestandteil bei diesem Einsatz", so Melly.

Algerien setzt auf politische Lösung

Eine der wichtigsten Fragen aber bleibt: Wird Algerien die Offensive unterstützen? Das nordafrikanische Land hat eine mehr als 1000 Kilometer lange Grenze mit dem von Islamisten besetzten Norden Malis. Diese Flanke sichert Algerien nun, um die Rebellen am Rückzug zu hindern und den Waffen-Nachschub zu kappen. Trotz Drängens der USA und der EU steht Algier Kampfhandlungen der westafrikanischen Staaten ablehnend gegenüber und drängt auf eine politische Lösung. Dahinter steckt die Befürchtung, Algerien könne selbst Ziel islamistischer Übergriffe werden.

Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika (Foto: AP)
Skeptisch: Algeriens Präsident Abdelaziz BouteflikaBild: AP

Nicht nur in Paris und in Malis Hauptstadt Bamako, sondern auch in Algier sieht man daher dem angekündigten Bericht von Generalsekretär Ban Ki Moon mit Spannung entgegen. Parallel dazu bemüht man sich weiter um diplomatische Verhandlungen, denn einige Gruppen aus dem Islamisten-Lager haben ihre Bereitschaft dazu signalisiert. Für Dezember hat der UN-Sondergesandte Romano Prodi alle beteiligten Länder zu einer Konferenz nach Rom eingeladen – dort könnten erste konkrete Schritte der UN-Mission verhandelt werden.