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Ultimatum für Kongo-Rebellen läuft aus

Philipp Sandner23. Dezember 2014

Sechs Monate Zeit hatten ruandische FDLR-Rebellen im Kongo, um freiwillig die Waffen niederzulegen. Die Frist ist fast vorbei, doch nur wenige Kämpfer ergeben sich. Zu viele Seiten profitieren von der Rebellion.

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FDLR-Kämpfer im August 2012 im Osten der DR Kongo (Foto: DW/Simone Schlindwein).
Bild: DW/S. Schlindwein

Vor gut einem Jahr feierten die UN-Blauhelme in der Demokratischen Republik Kongo ihren Sieg über die Rebellen der Bewegung des 23. März (M23) als Meilenstein bei der Befriedung des Ostkongo. Doch die Euphorie ist seitdem verflogen. Dutzende Rebellengruppen treiben weiter ihr Unwesen in der Region. Zu ihnen gehören auch die "Demokratischen Kräfte für die Befreiung Ruandas" (FDLR). "Die FDLR haben viele Verbrechen im Kongo begangen", schimpft Khadafi, ein Benzinverkäufer in der ostkongolesischen Stadt Beni. "Sie machen, was sie wollen. Sie morden, zünden Autos an, vertreiben die Bauern von ihren Feldern. Wir haben wirklich keine Ahnung, was sie wollen."

Seit dem Sieg über die M23 steht der Kampf gegen die FDLR offiziell ganz oben auf der Prioritätenliste der UN-Mission im Kongo, MONUSCO. Doch die Bilanz ist mager. Am 02.01.2014 läuft ein Ultimatum aus, das afrikanische Staaten und der UN-Sicherheitsrat den FDLR gesetzt haben, um ihre Waffen niederzulegen. Passiert sei in dieser Zeit aber nichts, sagt Hans Hoebeke von der International Crisis Group, die sich weltweit für die Beendigung tödlicher Konflikte einsetzt.

UN-Soldaten in Beni, Demokratische Republik Kongo, 23.10.2014 (Foto: Alain Wandimoyi/AFP/Getty Images).
Die MONUSCO-Eingreiftruppe darf offensiv gegen die Rebellen vorgehenBild: Alain Wandimoyi/AFP/Getty Images

Die FDLR sind eine Nachfolgeorganisation der ruandischen Hutu-Miliz, die für den Völkermord von 1994 dort verantwortlich gemacht wird. Wie viele der Drahtzieher von damals noch in der heutigen Miliz das Kommando haben, ist unklar. Unter der Gewalt der Gruppe leidet inzwischen vor allem die Bevölkerung der kongolesischen Provinzen Nord- und Südkivu.

Spiel auf Zeit

Mitte 2013 gab es einen Hoffnungsschimmer, dass der Konflikt am Verhandlungstisch gelöst werden könnte: Von den geschätzten 1500 FDLR-Kämpfern legten gut 300 ihre Waffen nieder, die letzten am Sonntag (28.12.2014). Kongo-Experte Hoebeke hält dieses Signal aber für ein rein taktisches Mannöver der Gruppe, die sich eine politische Zukunft in Ruanda erhoffe. "Wir hören immer wieder, dass die FDLR weiter ausbilden und Übungen durchführen."

Die kongolesische Regierung sei ihrerseits auch nie besonders interessiert daran gewesen, gegen die FDLR vorzugehen, sagt Hoebeke im DW-Interview. Zwischen Kommandeuren der Rebellen und des kongolesischen Militärs gebe es viele Verbindungen. "In der Vergangenheit haben sie zusammengearbeitet. Bis heute herrscht in manchen Kreisen in der Hauptstadt Kinshasa die Idee, dass die FDLR vielleicht noch einmal nützlich sein könnte."

Auch einige an der UN-Mission beteiligten Länder sind in dem Konflikt nicht neutral. Sasha Lezhnev von der Lobbyorganisation Enough Project betont: "Südafrika hat enge Geschäftsverbindungen zum Kongo, die es noch ausbauen will. Es erhofft sich viele Megawatt Strom aus dem geplanten Wasserkraftwerk Inga III." Tansania habe im Moment keine guten Beziehungen zu Ruanda - dem Herkunftsland der Rebellen. Ruanda selbst habe die FDLR, die es als Sicherheitsbedrohung betrachtet, wiederholt als Vorwand benutzt, nach eigenem Gutdünken im Kongo zu intervenieren, so Lezhnev.

Kongolesische Soldaten jubeln auf einem Pickup in Kibati, DR Kongo, September 2013 (Foto: Carl de Souza/AFP/Getty Images).
Ein Meilenstein? Der Sieg kongolesischer und internationaler Truppen über M23Bild: Carl de Souza/AFP/Getty Images

Erfolg verblasst

Die ausbleibenden Erfolge gegen die FDLR und andere Rebellengruppen im Kongo lassen den einen großen Erfolg internationaler Truppen im Kongo verblassen: Als die M23-Miliz große Teile der Provinz Nordkivu und Ende 2012 auch kurzzeitig die Provinzhauptstadt Goma einnahm, entwickelten der Kongo, die Nachbarländer und die Vereinten Nationen eine gemeinsame Strategie. Die MONUSCO wurde um eine rund 3000 Mann starke Eingreiftruppe erweitert, die die Rebellen offensiv bekämpfen darf. Im November 2013 wurden die letzten M23-Rebellen militärisch besiegt. Die meisten Kämpfer befinden sich heute in den Nachbarländern Uganda und Ruanda. Die politische Aufarbeitung stehe aber weiter aus, so ein Bericht der Crisis Group vom Dezember 2014. Schwierige Fragen wie die Amnestie für einen Teil der Rebellen und ein nationaler Versöhnungsprozess seien weiter offen. Unterdessen nutze die M23 in den Nachbarländern die Chance, sich neu zu organisieren.

Das Beispiel zeigt: Allein mit militärischen Mitteln ist kein Frieden zu machen. Um den FDLR das Wasser abzugraben, empfiehlt das Enough Project, den Druck auf die kongolesische Regierung zu erhöhen. Diese müsse ihre Militärs für deren Wirtschaftsbeziehungen zur Miliz zur Verantwortung zu ziehen. Außerdem müssten die Sicherheitskräfte und internationale Truppen die Rebellen daran hindern, illegalen Handel mit Holzkohle zu betreiben. Das Holz aus den kongolesischen Nationalparks gilt als eine der wichtigsten Einnahmequellen der Gruppe. Auch das lukrative Geschäft mit kongolesischem Gold mache es für ihre Anführer nicht attraktiv, den Kampf im Kongo aufzugeben.

Sowohl das Enough Project als auch die Crisis Group drängen die beteiligten Staaten darauf, an ihrem Ultimatum festzuhalten. Dann müsse auch militärisch gehandelt werden. Die FDLR sieht sich indes als Opfer. Ein militärisches Vorgehen der UN-Truppen findet Sprecher Laforge Fils Bazeye nicht gerechtfertigt: "Es wäre verrückt, jemand anzugreifen, der seine Waffen bereits niedergelegt hat. Dabei müssen wir unsere Frauen und Kinder beschützen." Alle Kämpfer hätten ihre Waffen bereits niedergelegt, sagt Bazeye. Tatsächlich, bemerken Beobachter, gehöre Bazeye zu einem zivilen Flügel innerhalb der FDLR, der weitgehend unbewaffnet sei, innerhalb der Gruppe aber wenig Macht habe.

FDLR-Sprecher Laforge Fils Bazeye in Kalembe, DR Kongo, August 2012 (Foto: DW/Simone Schlindwein).
FDLR-Sprecher Laforge Fils BazeyeBild: DW